zwd-REDAKTEUR HANNES REINHARDT : „DigitalPakt#D“: Wankas Scheitern ist ein handwerklicher Fehler, der Umgang damit nicht

8. September 2017 // Hannes Reinhardt

​Nein, böse Absicht möchte man Bildungsministerin Wanka kaum unterstellen. Sie hatte im Herbst letzten Jahres das Versprechen gegeben, fünf Milliarden Euro für die digitale Ausstattung von Schulen zur Verfügung zu stellen und dies sicherlich auch fest eingeplant.

Hannes Reinhardt ist beim zwd-POLITIKMAGAZIN Redakteur für Bildungs- und Kulturpolitik.
Hannes Reinhardt ist beim zwd-POLITIKMAGAZIN Redakteur für Bildungs- und Kulturpolitik.

Tatsächlich waren Sie und/oder ihre Staatssekretär*innen Georg Schütte und Cornelia Quennet-Thielen über den gesamten Zeitraum vollständig in die Beratungen eingebunden. Warum hätte die KMK eine Einigung verkünden sollen, wenn noch Fragen offen gewesen wären, wie das Bildungsministerium nun behauptet?

Eine gute Figur hat die Ministerin auch persönlich in der Geschichte nicht abge-geben. Dass ihr Bundesfinanzminister Schäuble einen Strich durch die Rechnung machen könnte, war möglicherweise vorhersehbar. Wanka ist lange genug im politischen Geschäft, um die Bedingungen der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung (GGO) zu kennen. Kein Finanzminister der Welt stellt fünf Milliarden Euro „mal eben so“ zur Verfügung. Wie die Ministerin mit der Absage ihres Parteifreundes umging, machte die Sache allerdings nicht besser. Lange war von ihr nichts zu hören – kein Wunder, dass Vorwürfe laut wurden, Wanka wolle das Problem bis nach der Wahl aussitzen. Erst bei einem bildungs- und wissenschaftspolitischen Diskussionsabend der CSU in Erlangen wurde sie konkret: „Die fünf Milliarden, um die es da geht, das war nur ein langfristiges Ziel und muss nach der Wahl neu verhandelt werden”, räumte Wanka dort schließlich ein. „Stellen Sie sich mal vor, das viele Geld müssen Sie erst mal haben.” Damit war die Katze aus dem Sack. Klar, fünf Milliarden Euro sind kein Pappenstiel. Doch keiner hat die Ministerin gezwungen, diese Summe damals zu avisieren.

Am Ende stehen alle Beteiligten ziemlich dumm da: Die KMK hat eine Einigung verkündet, die es vermeintlich nicht gab, Wanka hat versucht, sich um das Geständnis zu drücken, dass sie ihr Versprechen nicht sicher wird einlösen können. An ihrer Stelle müssen zunächst allerdings andere die Konsequenzen ausbaden. Die Länder müssen umplanen, soweit sie die Mittel fest einkalkuliert hatten. Ein neuer Zeitplan für den Digitalpakt ist wohl unausweichlich; mit neuen Fragen oder Streitpunkten ist zu rechnen. Völlig unklar ist, ob Wanka nach der Bundestagswahl noch für das Bildungsressort zuständig sein wird und wie sich die Verhandlungen unter einem/einer möglichen Nachfolger*in gestalten. Auch die Schulträger, die Städte und Gemeinden, müssen sich mindestens bis zur Verabschiedung des neuen Koalitionsvertrages gedulden – ein Unsicherheitsfaktor, den man sich dort angesichts steigender Schüler*innenzahlen, fehlender Lehrkräfte und maroder Schulgebäude sicher gerne erspart hätte.

Die Bürger*innen erwarten von Politiker*innen in der Regel nichts Übermenschliches. Beinahe jeder hat Verständnis, wenn diese ihre Vorhaben nicht immer durchsetzen können – nicht alles liegt in einem von ihnen beeinflussbaren Bereich. Doch eine Zusage ohne Absprache mit weiteren involvierten Ministerien zu geben und anschließend, nachdem die Wahrheit langsam ans Licht kam, nicht wenigstens reinen Tisch zu machen, zeugt nicht von Souveränität so kurz vor der Bundestagswahl. Am 5. September, in der letzten Bundestagssitzung der Legislaturperiode, kam Johanna Wanka bei den anderen Fraktionen übrigens erstaunlich gut weg. Lediglich SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hielt ihr vor, „vergessen zu haben“, die fünf Milliarden Euro rechtzeitig beim Finanzminister anzumelden. Fraglich, ob die Schüler*innen in Deutschland das auch so locker sehen. Sie sind es, die jetzt noch länger als ohnehin schon auf eine zukunftsfähige Ausstattung ihrer Schulen warten müssen.

Artikel als E-Mail versenden