EU-FÜHRUNGSPOSITIONEN-RICHTLINIE : Nach zehn Jahren Wartezeit: Grünes Licht für EU-Richtlinie

2. März 2022 // Victoria Wygrabek

Die Bundesregierung hat am 17. Februar ihre Zustimmung für die EU-Führungspositionen-Richtlinie erteilt. Mit dem Beschluss endet die rund zehnjährige Blockadehaltung der CDU/CSU-geführten Bundesregierungen gegenüber einem europaweit geltenden Gleichstellungstandard in börsennotierten Unternehmen. Bundesfrauenministerin Anne Spiegel sprach in einer gemeinsamen Stellungnahme mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) angesichts der jüngsten Entscheidung von einem "wichtigen Signal" und „guten Tag für den europäischen Feminismus“.

Bildquelle: BMFSFJ/Livestream
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Bundesministerin Spiegel: „Ein Wichtiges Signal für die Weltgemeinschaft“

Die Bundesregierung hat der von Frankreich überarbeiteten EU-Richtlinie zur gesetzlichen Regelung der gleichstellungsorientierten Vergabe von Führungspositionen nach jahrelanger Verweigerung im Februar dieses Jahres ihre Zustimmung erteilt. Dank des frauen- und außenpolitischen Paradigmenwechsels der neuen Bundesregierung wird die benötigte qualifizierte Mehrheit für die am 14. März angesetzten EU-Ratsbeschluss sichergestellt. Aus Sicht von Bundesministerin Anne Spiegel ist damit „ein wichtiger Meilenstein“ für die europäische Gleichstellungspolitik gelegt worden.

Nachdem sich Deutschland mit der Einführung des Führungspositionengesetz (FüPoG II) bereits einer gesetzlich festgeschrieben Frauenquoten auf der Führungsebene und in den Vorständen börsennotierter Unternehmen verpflichtet hat, könne mit der neuen EU-Richtlinie künftig auch europaweit sichergestellt werden, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen und Chefetagen weiter zunehme. Das gemeinsame Ziel, so die Bundesministerin, sei das Erreichen eines Frauenanteils von 40 Prozent in Aufsichtsräten oder eine Quote von 33 Prozent weiblicher Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder bis zum Jahr 2027. Dadurch erhoffe man sich einen „ordentlicher Schub“ für eine europäische Gleichstellungs- und Frauenpolitik, die von den „Motoren“ Frankreich und Deutschland im großen Stil vorangetrieben werden würde. Dass der im EU-Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) zu entscheidende Beschluss die gewünschte Wirkung kurz- und mittelfristig auch entfaltet, habe man angesichts der selbstständigen Einführung von Quotenregelungen einiger EU-Länder in der Vergangenheit bereits beobachten können, äußerte die Grünen-Politikerin optimistisch.

Bundesaußenministerin Baerbock: „Deutschland stand leider auf der Bremse“

Auch für Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist die beschlossene Abkehr von der bisherigen Anti-Haltung gegenüber der EU-Führungspositionen-Richtlinie ein „gutes Signal“ aus deutscher Richtung. Schließlich habe die Bundesregierung in der Vergangenheit bei dieser Frage in Brüssel stehts „auf der Bremse gestanden“. Nicht zuletzt, so die lobenden Worte der Grünen-Politikerin, sei es auch ihrer Kabinettskollegin Spiegel zu verdanken, dass die Gleichberechtigung von Frauen auch auf außenpolitischer Ebene klare Unterstützung von deutscher Seite erhält. „Wenn Frauen nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen - und das gilt auch für die Chefetagen unseres Landes - vertreten sind, dann ist Demokratie nicht vollständig“, unterstrich Baerbock.

Durch eine einheitliche Richtlinie auf Basis einer – nun gesicherten - Mehrheit im EU-Rat könne man den kollektiven Vereinbarungen nachkommen und so das Versprechen einer europaweiten Gleichberechtigung von Frauen und Männern weiter umsetzen, betonte die Außenministerin. Eine klare und geschlossene Haltung Europas, mehr Gleichstellung im Zusammenhang mit einer gesetzlich verankerten Frauenquote – dies hätte, so Baerbock, nicht allein die Stärkung der Frauenrechte und der Gleichstellungspolitik auf europäischer Ebene zur Folge, sondern würde darüber hinaus die Stellung des europäischen Wirtschaftsraums langfristig festigen: „Mit einer Personalpolitik, die die gesellschaftliche Realität widerspiegelt, treffen Unternehmen bessere Entscheidungen und sind erfolgreicher. Diversität zahlt sich aus. Ein Wandel in der Unternehmenskultur kann sogar ein Standortfaktor für Europa sein und stärkt unseren Einsatz für Frauenrechte weltweit."

Nach Angaben des Bundesfrauenministeriums ist das Ziel der Richtlinie, den Frauenanteil in den Leitungsorganen börsennotierter Gesellschaften in der EU wesentlich zu erhöhen. Vorgesehen ist das Ziel, 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten oder 33 Prozent in Aufsichtsräten und Vorständen zu erreichen. Für Deutschland besteht kein Umsetzungsbedarf an, da mit dem Zweiten Führungspositionengesetz (FüPoG II) bereits umfangreiche Maßnahmen gelten. Die Richtlinie soll am 14. März im Rat der EU für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz (EPSCO) in Brüssel als gemeinsame Ratsposition beschlossen werden. Das ist ein wichtiger Schritt, damit die Richtlinie bald verabschiedet wird und in Kraft treten kann.

Der Link zur EU-Richtllnie; Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden Direktoren/Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften und über damit zusammenhängende Maßnahmen /* COM/2012/0614 final - 2012/299 (COD) */

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?ur...

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