HOCHSCHULEN : KMK und HRK ziehen positive Bilanz der Bologna-Reform

18. Juli 2016 // zwd Bonn (hr).

  • „Kernanliegen des Europäischen Hochschulraumes weitreichend etabliert“
  • GEW: „Wenig Neues“


  • In einer am 15. Juli herausgegebenen gemeinsamen Erklärung haben die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) eine grundsätzlich positive Zwischenbilanz des 1999 in Bologna eingeleiteten Europäischen Studienreformprozesses gezogen. Die Kernanliegen des gemeinsamen Europäischen Hochschulraums, auf den sich mittlerweile 48 Staaten verständigt haben, seien weitreichend an den Hochschulen etabliert. Dazu zählen insbesondere das zweistufige Studiensystem mit den Abschlüssen Bachelor und Master, Qualitätssicherung auf der Grundlage gemeinsamer Standards und Leitlinien sowie Transparenzinstrumente zur Anerkennung von Studienleistungen.

    KMK und HRK verweisen auf die beeindruckenden Reformanstrengungen der Hochschulen, dank derer der Bologna-Prozess inzwischen in Deutschland nahezu flächendeckend umgesetzt ist. Auf Kritik von Studierenden und Lehrenden hatten die Länder 2009/2010 mit einer Überarbeitung der ländergemeinsamen Strukturvorgaben für Bachelor- und Masterstudiengänge reagiert, die vor allem auf eine Verbesserung der Studierbarkeit der Studiengänge und der Qualität der Lehre sowie auf eine stärkere Förderung der Mobilität abzielte.

    Konkrete Vorschläge für die Zukunft formuliert

    Für die weitere Entwicklung benannten die beiden Konferenzen mehrere, ihrer gemeinsamen Auffassung nach sinnvolle Schritte.

  • Zur weiteren Steigerung der Mobilität werden die Hochschulen aufgefordert, die Anerkennungsverfahren nach den Grundsätzen der Lissabon-Konvention und auf Grundlage eines breiten Kompetenzverständnisses in der Praxis transparenter zu gestalten und zu standardisieren, sofern sie dies nicht bereits getan haben.
  • KMK und HRK sprechen sich nachdrücklich dafür aus, das bestehende Kapazitätsrecht weiterzuentwickeln. Ziel soll es sein, den Hochschulen mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Studienverläufen zu ermöglichen und den Mehraufwand für qualifizierte Lehre angesichts einer zunehmend heterogenen Studierendenschaft zu berücksichtigen.
  • KMK und HRK begrüßen es ausdrücklich, dass die Systemakkreditierung von immer mehr Hochschulen angewandt wird. Bisherige und internationale Erfahrungen sollen in ihre Weiterentwicklung einfließen. Allerdings müsse auch die Programmakkreditierung als Möglichkeit erhalten bleiben. Diese sollte ihrer Aufgabe als Instrument der Reakkreditierung besser als bisher gerecht werden und stärker der gewachsenen Hochschulautonomie Rechnung tragen.
  • Die ländergemeinsamen Strukturvorgaben sowie die Akkreditierung haben unter Wahrung der Hochschulautonomie zur Entstehung einer institutionellen Qualitätskultur, besonders in Bezug auf die Lehre, beigetragen. HRK und KMK sind sich einig, dass beide Instrumente weiterentwickelt werden müssen. Sie weisen aber darauf hin, dass die ländergemeinsamen Strukturvorgaben bereits heute Spielräume bieten, die von den Hochschulen stärker genutzt werden sollten.
  • Zusätzlich zur absoluten Note soll bei Bachelorzeugnissen ein Prozentrang aller vergebenen Noten aufgeführt werden. Dies dient der Transparenz und der Fairness gegenüber Studierenden, Hochschulinstitutionen und potentiellen Arbeitgebern.

    SPD-Fraktion begrüßt Anregungen

    Die zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Daniela De Ridder, begrüßte die Anregung der Konferenzen, den Hochschulen mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Studienverläufen zu ermöglichen. Dadurch könnten diese bessere Lehrangebote für eine zunehmend heterogene Studierendenschaft entwickeln, sagte sie. Nach Einschätzung De Ridders sollten darüber hinaus Teilzeit-, Fern- oder berufsbegleitende Studiengänge bei der BAföG-Gestaltung stärker berücksichtigt werden.

    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bescheinigte der Erklärung, „wenig Neues“ gebracht zu haben. Strukturelle Defizite der Bologna-Reformen, die die Bildungsgewerkschaft GEW und Studierendenvertretungen seit Jahren kritisieren, seien KMK und HRK in ihrer Erklärung nicht angegangen. Dies gelte etwa für die Hürden beim Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium. Die Gewerkschaft kritisierte zudem, dass die Konferenzen ihre Erklärung „hinter verschlossenen Türen“ erarbeitet zu haben: „Studierendenvertretungen und Gewerkschaften wurden nicht informiert, geschweige denn beteiligt. Sogar die gemeinsame Arbeitsgruppe ‚Fortführung des Bologna-Prozesses‘ von KMK und Bundesministerium für Bildung und Forschung, in der neben Bund und Ländern auch Interessenorganisationen wie das Deutsche Studentenwerk oder die Arbeitgebervereinigung BDA, aber eben auch der Dachverband der Studierendenvertretungen fzs sowie die GEW vertreten sind, blieb außen vor – und das, obwohl die ‚Stakeholder‘-Beteiligung zu den Grundsätzen des Bologna-Prozesses gehört“, so die GEW. Positiv hob die Bildungsgewerkschaft hervor, dass KMK und HRK eine konsequente Anwendung der Grundsätze der Lissabon-Konvention anmahnen. Diese Konvention regelt die gegenseitige Anerkennung von Hochschulqualifikationen (Studienabschlüsse und Studienleistungen) in der europäischen Region.
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