MANAGERINNEN BAROMETER : Nur wenige Unternehmen erfüllen bereits die geplante gesetzliche Frauenquote

20. Januar 2015 // zwd Berlin (sv).

Holst (DIW): „Vorstände bleiben männliche Monokulturen“ | Deutlichste Aufwärtsbewegung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung

Seit der Diskussion um die Frauenquote ist in den Aufsichtsräten großer Unternehmen eine Aufwärtsentwicklung zu beobachten – doch nach wie vor ist die Dominanz von Männern ausgeprägt. Dies ist eines der zentralen Ergebnisse aus dem neuesten Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das heute in Berlin vorgestellt wurde. Die Forschungsdirektorin für Gender Studies am DIW Berlin, Elke Holst, und Anja Kirsch vom Institut für Management der Freien Universität Berlin haben gemeinsam die Frauenanteile in insgesamt 500 Unternehmen, Banken und Versicherungen untersucht.

Demnach ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten der Top-200- und Top-100-Unternehmen im Jahr 2014 um drei Prozentpunkte auf jeweils etwa 18 Prozent gestiegen. In den 30 im Deutschen Aktienindex (DAX) vertretenen Unternehmen lag er mit knapp 25 Prozent höher. Die Aufsichtsratssitze in den SDAX-Unternehmen wurden zu 14 Prozent von Frauen besetzt, in den DAX-30 Unternehmen hatten 25 Prozent Frauen diese Position inne. Holst wies darauf hin, dass die in Aufsichtsräten vertretenen Frauen mehrheitlich von der Arbeitnehmerseite entsandt würden. Die Kapitalseite hole allerdings Schritt für Schritt auf.

Trotz Aufwärtstrend keine Vorreiterrolle der Unternehmen mit Bundesbeteiligung

In den Vorständen ist seit 2006 fast nichts passiert. Zuletzt gab es teilweise rückläufige Entwicklungen in Unternehmensgruppen. „Vorstände bleiben männliche Monokulturen“, erklärte Holst bei der Vorstellung der Studie. Ende 2014 lag der Anteil von Frauen in den Vorständen der 200 größten Unternehmen bei knapp fünf Prozent und damit bei einem Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. Das entspricht 47 von insgesamt 877 Vorstandssitzen. In den 100 größten Unternehmen ist der Frauenanteil sogar von knapp fünf auf etwa vier Prozent gesunken. Die DAX-30-Unternehmen können mit etwa sieben Prozent – einem Prozentpunkt mehr als 2013 – den höchsten Frauenanteil in Vorständen aller Unternehmensgruppen vorweisen. Allerdings bildet der Index der mittelgroßen Börsenunternehmen (MDAX) mit nicht einmal drei Prozent das Schlusslicht. Die Frauenanteile in den Vorständen waren dort wie auch bei den SDAX- und TecDAX-Unternehmen sogar rückläufig.

Die deutlichste Aufwärtsbewegung ist bei den insgesamt 60 Unternehmen mit Bundesbeteiligung zu beobachten. Diese sind aufgrund ihrer meist geringeren Größe jedoch nur eingeschränkt mit den anderen Unternehmensgruppen vergleichbar. Während dort der Frauenanteil in Vorständen etwa um zwei Prozentpunkte auf knapp 15 Prozent gestiegen ist, erhöhte sich der Anteil in den Aufsichtsräten sogar um fünfeinhalb Prozentpunkte auf knapp 24 Prozent. Von einer Vorbildrolle seien die Unternehmen mit Bundesbeteiligung aber nach wie vor weit entfernt, betonte Holst. Auch im Finanzsektor bleiben die Frauenanteile in Spitzengremien gering, obwohl Frauen die Mehrheit der Beschäftigten stellen.

Rechnerische Prognose: Noch 56 Jahre bis zur Geschlechterparität in Vorständen

Die beiden Forscherinnen, Holst und Kirsch, stellten sich in der Studie zudem die Frage, wie lange es dauern würde, bis eine Geschlechterparität von Frauen in Spitzenpositionen erreicht wäre. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Zahlen seit 2006 würde es in den Vorständen der Top-200-Unternehmen 56 Jahre und in den Aufsichtsräten noch 15 Jahre dauern, bis der Frauenanteil bei 50 Prozent läge. Holst betonte jedoch, dass dies eine rein rechnerische Prognose sei, um die Dynamik darzustellen.

Die Forschungsdirektorin vom DIW mahnte an, dass die geplante gesetzliche Frauenquote allein die Welt nicht ändern könne. Neben einer systematischen Verbesserung der innerbetrieblichen Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen bis in höchste Führungsebenen müssten Einstellungen, Beförderungen und Gehaltsstrukturen transparenter sowie Karrieremodelle, Arbeitszeiten und Anwesenheitspflichten flexibler gehandhabt werden.

Das DIW Managerinnen Barometer untersucht einmal jährlich die Trends bei der Besetzung von Spitzenpositionen in großen deutschen Unternehmen durch Männer und Frauen. Ziel sei es, wie Holst erklärte, eine Zahlengrundlage für die Versachlichung der Diskussion um die Repräsentation von Frauen in den Top Gremien großer Unternehmen bereitzustellen.

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