VEREINBARKEIT : Mehr Unterstützung für junge Eltern: Das neue Familiengeld

17. Juli 2016 // zwd Berlin (yh).

  • Schwesig stellt Modell „Familienarbeitszeit“ vor
  • Grüne: Unterstützung erreicht nur wenige Familien

  • Junge Menschen wollen heute beides: Eine Familie und einen erfüllenden Beruf. Wenn das erste Kind kommt, scheitern jedoch viele Paare an der Realität - nur 14 Prozent aller Eltern gelingt es, Berufs- und Familienzeit in gleichem Umfang untereinander aufzuteilen, sodass niemand beruflich zurückstecken muss. In den meisten Fällen ist es die Frau, die ihre Arbeitszeit zu Gunsten des besser verdienenden Partners reduziert. Als Folge davon sind es dann auch häufiger Frauen, die später in ihrem Leben von Altersarmut betroffen sind, da nicht genug in die Rentenkasse eingezahlt wurde. Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) pochte daher am 18. Juli bei einer Pressekonferenz in Berlin auf ihr Konzept der bezahlten Familienarbeitszeit. „Das Konzept, das meistens gelebt wird, unterscheidet sich stark von dem, was sich junge Paare eigentlich wünschen“, betonte Schwesig.

    Frauen müssen besser vor Altersarmut geschützt werden

    Besonders für Paare mit geringem oder mittlerem Einkommen sei das häufig eine Kostenfrage, schloss die Ministerin. Daher sieht ihr Modell „Familienarbeitszeit“ ein Familiengeld vor, das junge Familien mit einem monatlichen Fixbetrag von 300 Euro unterstützen soll. Bedingung für den Erhalt der Leistung ist, dass beide nach der Elternzeit wieder zwischen 80 und 90 Prozent ihrer Vollzeitstellen übernehmen. Damit, so die Ministerin, soll einerseits ein Anreiz für die Väter geschaffen werden, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen und andererseits für die Mütter, beruflich am Ball zu bleiben und nicht in die Teilzeit zu rutschen. „Es wäre nicht verantwortbar, beliebig Teilzeit zu unterstützen“, begründete Schwesig dieses Vorgehen. „Wir dürfen Frauen nicht durch soziale Unterstützung in die Altersarmut treiben“.

    Väter und Mütter blieben zurzeit häufig immer noch hinter ihren Möglichkeiten, erklärte die Frauenministerin. Am häufigsten werde das Modell gewählt, bei dem der Vater nach der Geburt weiter Vollzeit arbeite, während die Frau auf eine halbe Stelle reduziere. Von den berufstätigen Müttern mit Kindern im Alter zwischen einem Jahr und vier Jahren, die durchschnittlich 25 Wochenstunden arbeiten, haben zurzeit nur 28 Prozent ein Einkommen, das für die Existenzsicherung ausreichend ist. Im Gegenzug dazu sind es bei den Männern mit Kindern im gleichen Alter 83 Prozent.

    Schwesig: „Das Familiengeld ist eine gute Investition“

    Das Konzept der Familienarbeitszeit soll diesem Ungleichgewicht entgegenwirken. Das Familiengeld soll, so der Plan, pro Kind 24 Monate lang gezahlt und ab der Geburt eines Kindes bis zu dessen achten Lebensjahr jederzeit beantragt werden können. Die SPD-Politikerin schließt auch nicht aus, das Modell flexibel auch auf das Thema Pflege auszuweiten. Die voraussichtlichen Kosten von jährlich einer Milliarde Euro seien laut Schwesig „gut investiertes Geld“, da mit der Leistung Familien unterstützt würden, die bereits mit Steuern und Abgaben zum Sozialstaat beitrügen.

    Die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag, Birgit Pelke, begrüßte den Vorstoß der Bundesfamilienministerin. Er berücksichtige die Wünsche der Mütter und Väter gleichermaßen, sich beruflich zu verwirklichen und gleichzeitig für ihr Kind da zu sein. Besonders für Mütter, die sich oft in einer „Teilzeit-Falle“ befinden, ermögliche der Zuschuss, ihre beruflichen Ziele auch nach der Geburt weiter zu verfolgen, sagte Pelke.

    Opposition kritisiert Familienarbeitszeit als „zu enges Korsett“

    Kritik kam dagegen von der Opposition: Insgesamt bilde der Vorschlag der Frauenministerin ein „zu enges Korsett“, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner, sowie die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik, Franziska Brantner. Der Vorschlag sei nicht praktikabel, da wenige Eltern in so flexiblen Arbeitsstrukturen tätig seien, außer sie würden im öffentlichen Dienst arbeiten, erklärten die Grünen-Politikerinnen. Man müsse daher von der starren Stundenvorgabe abweichen, um mehr Eltern zu erreichen.

    Schwesig hatte ihren Vorschlag bereits am Anfang der laufenden Legislaturperiode eingebracht. Er sei nun ausgearbeitet worden und soll nun fest etabliert werden, um zumindest für die nächste Legislaturperiode einen festen Stand zu haben und nicht im „Wahlgetöse unterzugehen“.

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