BUNDESTAGSWAHL : Parteiübergreifender Konsens zum Elterngeld

25. August 2005 // zwd Berlin (dir)

– Die frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Katja Husen, bedauert die Entscheidung ihrer Partei gegen die Einführung eines Elterngeldes. Wie die Grünen-Politikerin am 23. August in Berlin auf der Podiumsdiskussion zum Thema „Wir haben die Wahl“ sagte, könnte entgegen der parteiinternen Argumentation das Elterngeld und der Ausbau der Kinderbetreuung durchaus nebeneinander stehen. Die Grünen-Delegierten hatten sich auf ihrem Berliner Parteitag Anfang Juli gegen das einkommensabhängige Elterngeld ausgesprochen, weil das Geld eher für den Ausbau der Kinderbetreuung in Baden-Württemberg und Bayern verwendet werden soll, so Husen gegenüber dem zwd .

Zuspruch fand das Elterngeld als Lohnersatz auch bei Vertreterinnen von CDU, FDP, PDS und SPD. Allerdings ist nach Meinung von Gabriele Heise, Landesvorsitzende der Liberalen Frauen Berlin, die Obergrenze von 1.800 Euro zu niedrig angesetzt. Eine staatliche Förderung in diesem Bereich hält sie jedoch für unbedingt nötig. Auch Kamilla Bühring (CDU), stellvertretende Landesvorsitzende der Frauen-Union Berlin, befürwortet das Elterngeld - selbst wenn es nach ihren Worten in der Union kontrovers diskutiert wurde. Im Wahlprogramm der Union fand es keinen Eingang. Trotzdem betont Bühring: „Schmidt hat meine ganze Unterstützung.“

Weniger einig mit der SPD ist sich Bühring allerdings beim Antidiskriminierungsgesetz (ADG): „Ich möchte das ADG eins zu eins, wie es Europa vorsieht, umsetzen." Gabriele Heise, Landesvorsitzende der Liberalen Frauen, sieht durch das ADG die Vertragsfreiheit als hohes Gut bedroht und lehnt das Gesetz daher ab. Katja Husen findet das zu kurz gedacht: Die Vertragsfreiheit müsse immer für beide Seiten gelten, also auch für Arbeitnehmerinnen.

„Das Ehegattensplitting kettet Frauen an Männer"
Anders als die SPD befürworten sowohl Husen als auch Bühring, die dreijährige Elternzeit zu verkürzen. Oft sei sie ein Eigentor für die Rückkehr in den Beruf, sagte die CDU-Politikerin und sprach sich für flexible Arbeitszeiten bereits während der Elternzeit aus. Damit solle Frauen der Wiedereinstieg erleichtert werden, so Bühring. Husen halte eine Verkürzung für praktisch, damit Frauen sich nicht dequalifizieren. Denn keine Bundesregierung würde eine Dequalifizierung absichern, fuhr die Grünen-Politikerin fort. Ferner könnten staatliche finanzielle Mittel nie Ersatz für eine selbstständige Erwerbstätigkeit sein.

Den Willen zur Abschaffung des Ehegattensplitting bekräftigte Evrim Baba, frauenpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Die derzeitige Splitting-Praxis kette Frauen an Männer, statt jenen eine existenzsichernde Arbeit zu garantieren, sagte Baba. Entgegen den Aussagen im SPD-Wahlmanifest befürwortet Riemann-Hanewinckel an Stelle des Ehegattensplitting eine Individualbesteuerung, wie sie dem zwd gegenüber sagte. Ein Verzicht auf das Splitting-Modell hätte sich jedoch in der SPD nicht durchsetzen können. Dafür hätte man das Steuersystem umstrukturieren müssen, so Riemann-Hanewinckel. Für eine Abschaffung der Steuerklasse V hat sich die FDP in ihrem Programm ausgesprochen. Damit sollen Arbeitsanreize für die geringer Verdienenden in Ehegemeinschaften geschaffen werden, heißt es im Programm der Liberalen. Der Wegfall der Steuerklasse V würde sich jedoch mit der Einführung des von der FDP geplanten Drei-Stufen-Modells zwangsläufig ergeben.

„Wirtschaftsverbände sind keine humanitären Einrichtungen“
Im Gegensatz zu den Vertreterinnen von Bündnis 90/Die Grünen und PDS, die das Gleichstellungsgesetz in der Privatwirtschaft befürworten, sieht Heise darin einen Nachteil für Frauen: „Das Gesetz schadet Frauen mehr als es nutzen würde und könnte zu einem Beschäftigungshemmnis für Frauen werden." Außerdem betonte die FDP-Politikerin, dass Wirtschaftsverbände keine humanitären Einrichtungen seien.

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