BUNDESTAG [UPDATE] : „Bachelor Professional“: Bundesregierung will Stellenwert der beruflichen Ausbildung erhöhen

3. Juli 2019 // Hannes Reinhardt

Die berufliche Bildung soll nach den Plänen der Bundesregierung attraktiver werden. Bisher habe man sich zu sehr um die akademische Ausbildung gekümmert, sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Donnerstag im Bundestag.

Bild: AdobeStock / alfa27
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zwd Berlin. Der Debatte lag der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der beruflichen Bildung (Drs. 19/10815) zugrunde. Trotz des Reformbedarfs habe man ein gutes System, machte Karliczek klar. Die duale Berufsausbildung habe „großen Anteil an der wirtschaftlichen Kraft unseres Landes.“ Man wolle ihr daher „den Stellenwert geben, der ihr wirklich zusteht.“ So soll es künftig die eigenständigen Abschlussbezeichnungen „Geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ geben. Hier werde schon an der Sprache deutlich, dass die berufliche Bildung „vergleichbar im Wert mit der Ausbildung an den Universitäten“ sei, so die Ministerin.

Auch die Sprecherin für berufliche Bildung der SPD-Bundestagsfraktion Yasmin Fahimi betonte, dass es noch Nachbesserungsbedarf gebe. So müssten sich die Bedingungen für Auszubildende und Ausbilder*innen etwa bei den Freistellungsansprüchen deutlich verbessern. Für die rund zwei Millionen jungen Erwachsenen in Deutschland ohne Abschluss müsse es zudem einen besseren Einstieg in Betriebe und Ausbildung geben. Auf diesen Punkt stellt auch die Linken-Bundestagsfraktion in ihrer Kritik ab. Das derzeitige Schulsystem sei ein „Brandbeschleuniger sozialer Ungleichheit“, sagte die bildungspolitische Sprecherin Birke Bull-Bischoff.

Linke und Grüne erneuern Forderung nach einer Ausbildungsgarantie

Es müsse für alle einen Anspruch auf berufliche Bildung und deutlich mehr Unterstützung und Assistenz für junge Menschen und Unternehmen geben, forderte sie. So seien derzeit 2,1 Millionen junge Erwachsene ohne beruflichen Abschluss, 270.000 würde eine mangelnde Ausbildungsreife attestiert. 24.000 junge Menschen würden darüber hinaus keinen Ausbildungsplatz finden. „Das sind erhebliche Risiken dafür, dass sie später in prekärer Beschäftigung mit schlechter Bezahlung und schlechten Arbeitsbedingungen landen“, warnte Bull-Bischoff.

Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für Aus- und Weiterbildung der Grünen-Bundestagsfraktion kritisierte, Karliczek habe nichts zu den Gesundheits- und Pflegeberufen vorgelegt, in denen es den dringendsten Fachkräftebedarf gebe und auch nichts zum Thema Inklusion in der beruflichen Bildung gesagt. Auch sie forderte eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen in Warteschleifen, zudem müsse die Mindestausbildungsvergütung höher sein.

Teil der Debatte war auch der Berufsbildungsbericht 2019 (Drs. 19/9515) sowie zahlreiche Vorlagen der Oppositionsfraktionen, die im Anschluss ebenso wie der Gesetzentwurf zur Stärkung der beruflichen Bildung zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen wurden.

Bundesrat und HRK wollen unverwechselbare Abschlussbezeichnungen

Der Bundesrat hat auf seiner Sitzung am 28. Juni bei Beratungen zum Berufsbildungsgesetz den Bund aufgefordert, im weiteren Verfahren einheitliche und eigenständige Abschlussbezeichnungen für die drei beruflichen Fortbildungsstufen zu entwickeln. Auf Antrag Baden-Württembergs und Berlins sprach sich die Länderkammer dafür aus, überarbeitete Abschlussbezeichnungen anstelle der Bezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ vorzulegen. Die Bezeichnungen müssten einerseits die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Abschlüsse zum Ausdruck bringen und andererseits Verwechslungen mit akademischen Abschlüssen ausschließen, heißt es im Beschluss. „Die Landesregierung unterstützt das Ziel, die berufliche Bildung zu stärken. Pseudoakademische Abschlussbezeichnungen machen jedoch die berufliche Bildung zu einer Bildung zweiter Klasse. Der Bund muss hier nachsteuern“, sagte die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne).

Auch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) lehnt die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Bezeichnungen ab. Statt zu der angestrebten Stärkung der beruflichen Bildung würden sie zu Verwirrung, zur Entwertung der beruflichen Bildung und zu einer Schwächung des deutschen Bildungssystems insgesamt führen, mahnte HRK-Präsident Prof. Peter-André Alt. „Unsere Berufsbildung ist hervorragend und bietet den Absolventinnen und Absolventen beste Karrieremöglichkeiten. Wir sind überzeugt, dass es im weiteren Gesetzgebungsverfahren gelingen wird, diese Stärke auch in eigenständigen, unverwechselbaren Abschlussbezeichnungen zum Ausdruck zu bringen.“

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