WAHLRECHTSREFORM IM BUNDESTAG : Bundestagspräsidentin Bärbel Bas: Ein klares Ja zur Parität – eine Regelung aber erst im zweiten Schritt

16. März 2023 // Redaktion

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat klargestellt, dass nach Verabschiedung des vorliegenden EntwurfAmpel-Koalition zur Verkleinerung des Bundestages das Ziel einer paritätischen Zusammensetzung weiterhin auf der Agenda des Bundestages steht. In einem Antwortschreiben an die Gesellschaft Chancengleichheit befürwortete die Präsidentin, die grundlegende Weichenstellung zur Verkleinerung des Bundestages vorwegzunehmen und die Einführung von Regelungen zur Parität in einem zweiten Schritt anzuzgehen. Pro Paritätslösungen hat sich auch die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Ulle Schauws, geäußert.

Bild-Montage zwd; Foto: Sven Teschke (Wikimedia)
Bild-Montage zwd; Foto: Sven Teschke (Wikimedia)

In ihrem Schreiben an die Sprecher:innen der Gesellschaft Chancengleichheit e.V., Dr. Dagmar Schlapeit-Beck und Holger H. Lührig (auch zwd-Herausgeber), bekundet die Bundestagspräsidentin, sie werde auch weiterhin ihr politisches Ziel nach Kräften verfolgen, dass Frauen und Männer im Deutschen Bundestag paritätisch vertreten sind. Präsidentin Bas erinnert daran, dass die Parteien, die Selbstverpflichtungen zur Steigerung des Frauenanteils im Bundestag eingegangen seien, in der Konsequenz mehr Frauen in den Bundestag entsandt hätten. Dennoch stagniere der Frauenanteil im Bundestag, weil nicht alle Parteien solche Selbstverpflichtungen eingegangen seien. Notwendig seien verbindlichere Ansätze, damit die vom Grundgesetz geforderte Gleichstellung von Frauen und Männern tatsächlich verwirklicht werde. Bas möchte aber vor weiteren Schritten zunächst den Bericht der Wahlrechtskommission des Bundestages abwarten, der zum 30. Juni dieses Jahres vorliegen soll.

In einem weiteren Schreiben an die Gesellschaft Chancebngleichheit hat auch die frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis`'90/Die Grünen im Namen der Fraktionsvorsitzenden Britta Hasselmann und Katharina Dröge herausgestellt, dass die Grünen – mit ihren Wurzeln in der Frauenbewegung – seit Langem die Forderung nach paritätischen Regelungen verträten: „Zu unseren Grundfesten zählt die interne Geschlechterquote mit Mindestparität von Frauen bei Gremien, Wahllisten und Ämtern“.

Die Grünen, schreibt Schauws an die Sprecher:innen der Gesellschaft Chancengleichheit, seien davon überzeugt, dass gesetzliche Paritätsregelungen nicht nur der Erfüllung des Staatsauftrages aus Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz dienten, sondern angesichts nach wie vor bestehender Chancenungleichheit von Frauen in der Politik auch ganz klar geboten seien. Der jetzt vorliegende Ampel-Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen ist für Schauws ein großartiger Erfolg. aber leider sei auch „ein Teil der Realität“, „dass wir im Rahmen der Reform in der jetzigen Ampel-Konstellation noch Widerstände in Bezug auf paritätische Lösungsansätze haben“. ln der Wahlrechtskommission des Bundestages sei es bisher nicht gelungen, eine mehrheitliche Einigung zur Einführung paritätischer Regelungen zu erzielen. Ausdrücklich legt Schauws Wert auf die Feststellung: „dass unser Reformmodell keinen Paritätsmodellen entgegensteht.“ Darauf sei es den Grünen maßgeblich angekommen. Nach Überzeugung der Grünen wird eine gerechte Lösung für mehr Frauen im Bundestag nur mit verbindlichen paritätischen Regelungen erreicht.

In ihrem Schreiben hat die Grünen-Politikerin darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen für die Mandatsberechnungen entscheidend von den tatsächlichen Ergebnissen der Bundestagswahl abhängen würden. Auf dieses Problem hatte die Gesellschaft Chancengleichheit (Logo nebenstehend) in ihren Briefen an die Bundestagspräsidentin und die Fraktionsspitzen der Ampelfraktionen hingewiesen:

„Die Wahlrechtskommission des Bundestages hatte ... nicht nur den Auftrag, die Verkleinerung sowie die Modernisierung der Parlamentsarbeit voranzubringen, sondern auch Lösungsvorschläge für eine paritätische Zusammensetzung des Bundestages zu erarbeiten. Eine bloße Reduzierung der Abgeordnetenzahl um 138 Mandate würde diesem Auftrag nicht gerecht: Bekanntlich wurden bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag am 21. September 2021 lediglich in 79 von 299 Wahlkreisen Frauen direkt in den Bundestag gewählt (26,4%), hingegen in 220 Wahlkreisen männliche Bewerber (73,58%). Über die 437 Listenmandate sind damals 178 Frauen in den Bundestag eingezogen (40,73%). Insofern darf angenommen werden, dass sich die Geschlechterverhältnisse im Parlament zu Ungunsten von Frauen gegenüber dem 34,78-prozentigen Frauenanteil (2021) noch weiter verschlechtern werden werden – sofern im Zuge der Wahlrechtsreform nicht noch eine entscheidende Neuregelung in Richtung auf eine paritätische Zusammensetzung des Bundestages ermöglicht wird.“

Mehr dazu auch im zwd-POLITIKMAGAZIN 395.

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