ERGÄNZUNG ZUM OFFENEN BRIEF AN DIE KANZLERIN UND WEITERE BILDUNGSVERANTWORTLICHE : Bundesmittel werden an die Länder nicht bildungsgerecht verteilt {UPDATE]

21. September 2020 // Holger H. Lührig

Anlässlich des Schulgipfels am Montagabend im Kanzleramt hat die Gesellschaft Chancengleichheit (GesCh) in Ergänzung zum offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, weitere Mitglieder des Bundeskabinetts sowie die Regierungschef*innen der Länder u.a. den Politiker*innen einen Vorschlag zur bedarfsgerechten Verteilung von Bundes-Soforthilfen an Schulen unterbreitet: Allen in Bedarfsgemeinschaften lebenden Kindern soll der gleiche Geldbetrag zur Verfügung stehen.

zwd Berlin. Aus Anlass des Schulgipfels im Kanzleramt, der am Montagabend (21. September) stattfinden soll und bei dem die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Kultusministerinnen und Kultusministern der Länder sowie weiteren Bildungsverantwortlichen über die Digitalisierung an Schulen bzw. die Umsetzung des DigitalPaktes sprechen wird, unterbreitet die GesCh den TeilnehmerInnen des Bildungstreffens einen Vorschlag, wie das Problem der nicht bedarfsgerechten Verteilung von Bundesmitteln nach dem Königsteiner Abkommens gelöst werden könnte:

Ergänzender Vorschlag: Bedarfsgerechte Verteilung von Bundes-Soforthilfen an Schulen

In dem ergänzenden Schreiben heißt es: "Die entsprechenden Finanzierungsansätze sollten so aufgestockt werden, dass jedem Kind in allen Bundesländern, das nach Feststellungen der Bertelsmann-Stiftung in Bedarfsgemeinschaften lebt, ein gleich hoher Geldbetrag zur Verfügung steht."

In dem offenen Brief vom 28. August hatte die GesCh die Bundeskanzlerin, weitere Mitglieder des Bundeskabinetts, die Reigerungschef*innen, Kultus- und Finanzminister*innen der Länder und andere Bildungsverantwortliche ersucht, die Verteilung von Bundesmitteln aus Corona-Sofortprogrammen an die Länder bedarfsgerechter zu verteilen. Die jetzige Verteilung nach dem Königsteiner Abkommen schaffe keine Bildungsgerechtigkeit in Deutschland.

Die Ergänzung zum offenen Brief können Sie hier herunterladen. Eine Übersicht über die vom zwd. errechnete Verteilung der Bundesmittel an die Länder befindet sich im Anhang des Schreibens (siehe unten).

Bundesgelder für Laptops und Tablets werden nicht bedarfsgerecht verteilt

In der vorangegangenen Ausgabe BILDUNG & POLITIK DIGITAL 03-2020Ausgabe hatte das zwd-POLITIKMAGAZIN darüber berichtet, wie sehr die Corona-Krise die Situation für arme Kinder und ihre Familien noch verschärft hat. Das wurde in Zeiten des Homeschooling besonders erkennbar, weil viele Kinder zuhause nicht über PCs, Laptops oder Tablets verfügten und damit beim schulischen Lernen abgehängt waren - eine Folge der Tatsache, dass der DigitalPakt Schule, den die SPD im März 2018 in die Koalitionsvereinbarung mit CDU und CSU hinein verhandelt und mit fünf Milliarden Euro ausgestattet hatte, nicht zuletzt wegen des bürokratischen Verfahrens im föderalistischen Staatswesen nur schleppend in Gang kam. Dabei war die Koalitionsvorgabe unmissverständlich gewesen, „...dass die Schülerinnen und Schüler in allen Fächern und Lernbereichen eine digitale Lernumgebung nutzen können, um die notwendigen Kompetenzen in der digitalen Welt zu erwerben.“

In der Corona-Not, als die Probleme beim Homeschooling infolge der fehlenden Infrastruktur und der mangelhaften Umsetzung des DigitalPakts unübersehbar geworden waren, gewährten die Haushälter*innen des Bundestages einen Notgroschen in Form einer 500-Millionen-Soforthilfe. Damit sollte wenigstens nach den Sommerferien jedem Kind, das Zuhause nicht über PC, Laptop oder Tablet verfügt, von den Schulträgern ein Gerät „leihweise“ zur Verfügung gestellt werden können. Vom ungelösten Problem der Dienstlaptops, der dienstlichen E-Mail-Adresse für Lehrkräfte und der Anbindung der Schulen an schnelles Internet ganz zu schweigen Doch Zweifel an der Form der Verteilung dieser 500 Millionen Euro sind begründet. Denn die Finanzmittel werden nicht etwa nach dem Bedarf verteilt, sondern nach dem „bewährten“ Königsteiner Schlüssel. In mindestens diesem Fall ein Skandalon, worauf der Bildungsjournalist Jan-Martin Wiarda am Beispiel von Bayern und Bremen aufmerksam gemacht hat.

Offener Brief der Gesellschaft Chancengleichheit an die Bundeskanzlerin

Die zwd-Redaktion hatte daraufhin alle Länder in den Blick genommen. Die (in der Ausgabe 379 des zwd-POLITIKMAGAZINs aufgemachte und auch in der Digitalausgabe BILDUNG & POLITIK 03-2020 publizierte) Rechnung bestätigte den Befund: Gerechtigkeit geht anders. zwd-Herausgeber Holger H. Lührig

Holger H. Lührig, zwd-Herausgeber und Sprecher der Gesellschaft Chancengleichheit e.V. hatte in seiner Funktion als Sprecher der Gesellschaft Chancengleichheit nun mit einem offenen Brief die Bundeskanzlerin und die Verantwortlichen in den Ländern und Parteien darauf aufmerksam gemacht und in einem tabellarischen Anhang die Berechnungsgrundlage nach dem Königstseiner Abkommen in Frage gestellt. Der Brief sollte ein Signal für eine Debatte anstoßen, die die Verteilung öffentlicher Gelder aus dem Blickwinkel des Bedarfs von sozial Benachteiligten mit dem Anspruch thematisiert, mehr Chancengleichheit für Kinder zu eröffnen.

Den offenen Brief finden Sie hier.

Die Tabelle zur zwd-Berechnung kann ebenfalls hier (in der geänderten Version zum ergänzenden Schreiben) heruntergeladen werden.

Artikel als E-Mail versenden