NOVELLE DES BERUFSBILDUNGSGESETZES : Bundestag beschließt neue Abschlussbezeichnungen und Mindestausbildungsvergütung

24. Oktober 2019 // Hannes Reinhardt

Die Mindestvergütung für Auszubildende kommt: Der Bundestag beschloss am Donnerstag den eine solche beinhaltenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (Drs. 19/10815) in geänderter Fassung. Auch bei einigen Abschlussbezeichnungen gibt es Neuerungen.

zwd Berlin. So ist mit der nun verabschiedeten Novelle die Einführung der Bezeichnungen „geprüfte/r Berufsspezialist/in“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ für Fortbildungen verbunden. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) will mit den neuen Bezeichnungen die internationale Wettbewerbsfähigkeit der beruflichen Bildung sichern. Außerdem soll noch mehr Azubis eine Ausbildung in Teilzeit ermöglicht werden. Diese sollen auch von der neuen Mindestvergütung profitieren. So sollen Auszubildende im ersten Lehrjahr zukünftig mindestens 515 Euro im Monat erhalten. Der Betrag wird in den folgenden Jahren schrittweise auf bis zu 620 Euro monatlich im ersten Lehrjahr weiter erhöht. Auch im zweiten und dritten Ausbildungsjahr gibt es mehr. Ab 2024 soll der Azubi-Mindestlohn dann automatisch mit der Entwicklung der Lehrlingsgehälter steigen. Nach Angaben der Bundesregierung könnten langfristig rechnerisch rund 115.000 junge Menschen von der neuen Mindestausbildungsvergütung profitieren.

„Zu wenige Auszubildende profitieren“

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßte die Neuerungen, konnte sich aber einen Seitenhieb auf die umstrittene Bildungsministerin nicht verkneifen. So sei aus einem „verkorksten Referentenentwurf“ in den parlamentarischen Verhandlungen ein „gutes Berufsbildungsmodernisierungsgesetz“ geworden, sagte die Abgeordnete Bärbel Bas. Die bildungspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion Birke Bull-Bischoff lobte die neue Mindestausbildungsvergütung zwar als „Schritt in die richtige Richtung“, sie komme aber zu wenigen Auszubildenden zugute. Zudem müsse ein Recht auf vollqualifizierende Ausbildung für alle jungen Menschen geben. Beate Walter-Rosenheimer, Sprecherin für berufliche Bildung der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte, man habe sich angesichts der zahlreichen Herausforderungen im Bereich der beruflichen Bildung eine umfassende Reform gewünscht, die von der Bundesregierung vorgelegte Novelle liefere jedoch lediglich „Mittelmaß“. Auch sie kritisierte, dass lediglich etwa drei Prozent der Auszubildenden in den Genuss der neuen Mindestvergütung kämen: „Gerechtigkeit sieht anders aus.“ Stephan Albani (CDU) entgegnete, dies bedeute ja, dass die große Masse der jungen Menschen schon heute bessergestellt sei.

HRK: „Beruflicher Bildung droht schwerer Schaden durch neue Abschlussbezeichnungen“

Auch die neuen Abschlussbezeichnungen sorgten für Kritik. Gegen den Widerstand zahlreicher Experten und Beteiligten seien sie als „akademisches Etikett durchgepeitscht“ worden, wie der Sprecher für berufliche Bildung der Liberalen Jens Brandenburg monierte. So hatte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Übereinstimmung mit dem Bundesrat und einer Vielzahl von Organisationen aus Wirtschaft und Wissenschaft an den Bundestag appelliert, von der Einführung der neuen Begriffe abzusehen. „Dem großen europäischen Reformprojekt des Bologna-Prozesses und dem deutschen Hochschulsystem insgesamt, aber auch der für Deutschland so wichtigen beruflichen Bildung droht hier ein langfristig wirksamer, schwerer Schaden“, warnte HRK-Präsident Prof. Peter-André Alt.

Die Fraktionen von FDP und AfD stimmten am Donnerstag gegen den Gesetzentwurf, Grüne und Linke enthielten sich. Ein Änderungsantrag der Grünen (Drs. 19/14432), der die Streichung mehrerer neuer Abschlussbezeichnungen vorsah, wurde mit den Stimmen von Union, SPD und AfD gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen abgelehnt. Ein weiterer Änderungsantrag der Grünen-Fraktion (Drs. 19/14433), der die Höhe der Mindestausbildungsvergütung betraf, wurde nur von der Linken-Fraktion unterstützt.

Im November soll der Bundesrat erneut über den Gesetzesentwurf beraten. Im Juli hatte er die vorherige Fassung abgelehnt.

Mehr zur Novelle des Berufsbildungsgesetzes lesen Sie in der kommenden Ausgabe des zwd-POLITIKMAGAZINs.

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