BUNDESTAGSABSTIMMUNG : Bundestag verabschiedet Starke-Familien-Gesetz

21. März 2019 // Monica Dick

Mit einer parlamentarischen Mehrheit von CDU/CSU und SPD wurde am Donnerstag das „Starke-Familien-Gesetz“ (Drs. 19/7504) angenommen. Eine Kindergrundsicherung, welche das Gesetz nicht vorsieht, bleibt im Bundestag weiterhin auf der Agenda.

Mitinitiatorin des Starke-Familien-Gesetzes, Bundesfamilienministerin Giffey (SPD), vor dem Bundestag. Bild: zwd Archiv
Mitinitiatorin des Starke-Familien-Gesetzes, Bundesfamilienministerin Giffey (SPD), vor dem Bundestag. Bild: zwd Archiv

zwd Berlin. In einer vom Familienausschuss abgeänderten Fassung (Drs. 19/8613) hat der Bundestag am Donnerstag das Starke-Familien-Gesetz passieren lassen. Die Oppositionsfraktionen FDP und Linke stimmten gegen die Koalitionsvorlage, während sich Grüne und AfD der Stimme enthielten. Das Gesetz beinhaltet eine Erhöhung des Kinderzuschlags von maximal 170 Euro auf 185 Euro pro Monat sowie ein verbessertes Bildungs- und Teilhabepaket. Maßnahmen, die laut Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) für 1,2 Millionen Kinder „mehr Gerechtigkeit“ bedeuten. Die bisher gültige Regelung hatte nur 800.000 Kinder erreicht. Das Gesetz, welches unter Federführung Giffeys und des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil (SPD) erarbeitet wurde, will vor allem Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen besser stellen. Außerdem sieht das 1,3 Milliarden Euro teure Paket eine Befreiung von Kita-Gebühren und mehr Geld für Lernmaterial vor. Besonders Alleinerziehende und ihre Kinder würden da­von profitieren, äußerte Heil zum Auftakt der Aussprache im Parlament.

Oppositionsanträge fanden keine Mehrheit

Ebenfalls abschließend diskutierten die Abgeordneten am Donnerstag über zwei Änderungsanträge, mit denen sich die Grünen-Bundestagsfraktion für eine „automatische Auszahlung des Kinderzuschlags“ (Drs. 19/1854) sowie für eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder in der Grundsicherung (Drs. 19/7451) stark gemacht hatten. Anlass ist nach Auffassung der Grünen-Chefin Annalena Baerbock der „Systemfehler“, dass bei zwei Drittel der bedürftigen Familien der Kinderzuschlag nicht zu tragen käme. Ihr Fraktionskollege Sven Lehmann warnte in diesem Zusammenhang vor einer „klaffenden Lücke in der Sozialpolitik“. Einer ablehnenden Empfehlung des Familienausschusses des Bundestages folgten sowohl die Koalition als auch die FDP beir Enthaltung der Linken.

In der Debatte kündigte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast an, dass auch ihre Fraktion eine Kindergrundsicherung einführen wolle. Wörtlich sagte sie: „Wer eine Kindergrundsicherung in dieser Republik will – die SPD will eine sozialdemokratische Kindergrundsicherung, bei der dem Staat jedes Kind gleich viel wert ist –, der braucht als ersten Schritt das Starke-Familien-Gesetz, das den Kinderzuschlag reformiert.“

Kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt waren außerdem zwei Entschließungsanträge der FDP (Drs. 19/8615) und der Linken (Drs. 19/8616), die allerdings keine Zustimmung der Koalitiuonsmehrheit fanden. In der Aussprache hatte der familienpolitische Sprecherder FDP-Bundestagsfraktion, Grigorios Aggelidis, für eine Ausdehnung des Bewilligungszeitraums für den Kinderzuschlag auf zwölf statt bisher sechs Monaten plädiert. Auch die laut Aggelidis „völlig bekloppte 180 Euro-Grenze“ von selbst erwirtschaftetem Kindeseinkommen müsse einer 200 Euro-Freigrenze weichen.

Der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Links-Fraktion, Norbert Müller, bezeichnete das Bildungs- und Teilhabepakt in der Bundestagsaussprache als ein von SPD und Union geschaffenes „bürokratisches Monster“. Es erfordere „starke Eltern", allerdings „Eltern gestärkt werden dabei allerdings nicht.“ Nach dem Willen der Linksfraktion müsste das Existenzminimum neu berechnet und die Unterdeckung des Bildungs- und Teilhabepakets überarbeitet werden. Auch dieser Antrag scheiterte allerdings an der Stimmenmehrheit der Koalition und der FDP.

Forderungen nach Kindergrundsicherung

In der Bundestagsdebatte hatten die Oppositionsfraktionen zwar die Erhöhung des Kinderzuschlags und die reformierten Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets begrüßt, bezeichneten die Maßnahmen jedoch als ausbaufähig. Auch der Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV) anerkannte in einer Pressemitteilung, die Reform bringe eine spürbare Verbesserung für Alleinerziehende mit kleinem Einkommen. Für die Verbandsvorsitzende Erika Biehn bleibt allerdings „auch nach der Reform der Kinderzuschlag und das Bildungs- und Teilhabepaket zu bürokratisch.“ Ähnlich wie die Bundestagsfraktion der Linken trat der VAMV für eine Kindergrundsicherung ein, die alle Leistungen bündelt.

Bundesrat forderte bereits Nachbesserungen

Bereits in seiner am 15. Februar beschlossenen Stellungnahme hatte auch der Bundesrat Verbesserungsbedarf an dem Koalitionsentwurf angemahnt. Zwar begrüßten die Länder die geplante Anhebung des Familienzuschlags, doch forderten sie auch eine verbesserte Berücksichtigung Alleinerziehender, eine Entbürokratisierung sowie den Ausbau der Informationslage und des Bildungs- und Teilhabepakets. In ihrer Antwort hatte die Bundesregierung (Drs. 19/8036) zu den Empfehlungen Stellung genommen und den Gesetzenwurf nochmals verteidigt. Jedoch wurden während der Ausschussberatungen einzelne Regelungen noch einmal verbessert. Das verabschiedete Starke-Familien-Gesetz wird nun im abschließenden zweiten Durchgang am 12. April in der Länderkammer behandelt.

Das zwd-POLITIKMAGAZIN berichtet in der Teilausgabe Bildung, Kultur und Gesellschaft (368) ausführlich über den Abschluss der Beratungen zum Starke-Familien-Gesetz.


Was verändert sich durch das Starke-Familien-Gesetz?

Das Starke-Familien-Gesetz fußt auf zwei Säulen: Die Erhöhung des Kinderzuschlages von maximal 170 Euro auf 185 Euro pro Monat und Kind sowie ein verbessertes Bildungs- und Teilhabepaket. Dieses äußert sich in der Erhöhung des Schulstarterpaket von 100 auf 150 Euro und der monatlichen Teilhabeleistung für beispielsweise Musik- und Sportvereine von 10 Euro auf 15 Euro. Auch sieht das Gesetz eine Lernförderung unabhängig einer Versetzungsgefährdung. Zudem wird die „harte Abbruchkante" abgeschafft, an der der Kinderzuschlag bisher schlagartig entfiel. Zusätzliches Einkommen der Eltern soll den Gesamtkinderzuschlag nur noch zu 45 Prozent mindern, statt wie bisher zu 50 Prozent.

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