FRAUENANTEIL IM PARLAMENT : Bundestag lehnt Linken-Antrag auf Paritäts-Gesetz ab

13. November 2018 // Julia Trippo

Mehrheitlich sind sich die Abgeordneten des Bundestages zwar einig: Unter einem Drittel Parlamentarierinnen ist zu wenig. Dennoch herrscht Uneinigkeit, wie dieser Missstand gelöst werden soll. Der Antrag der Linksfraktion, der eine Steigerung des Anteils von Frauen in Wahlämtern forderte, wurde abgelehnt.

Bild: zwd
Bild: zwd

zwd Berlin. Bereits Ende Februar hatte die Linksfraktion den Antrag mit dem Titel „Verfassungsauftrag zu Gleichstellung erfüllen – Frauenanteil im Deutschen Bundestag erhöhen“ (Drs. 19/962) in den Bundestag eingebracht. Monatelang lag dieser anschließend im Ausschuss für Inneres und Heimat. Der Ausschuss empfahl dann Mitte Oktober, den Antrag abzulehnen (Drs. 19/4615). Am vergangenen Donnerstag, den 8. November und fast zeitgleich mit dem Jubiläumsdatum zum 100-jährigen Frauenwahlrecht, stimmte der Bundestag der Beschlussempfehlung zu.

Für die Linken-Abgeordnete Doris Achelwilm steht fest: „Gleichstellung war nie ein Selbstläufer.“ Dies sei allein schon an dem rasanten Rückgang des Frauenanteils im Bundestag zu erkennen. In der derzeitigen Besetzung sei der Bundestag so weit von der Parität entfernt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Auf Kommunalebene sei die Repräsentanz von Frauen meist noch geringer, kritisierte Achelwilm bei der Debatte im Plenum. Sie verstehe zwar, dass eine Reform des Wahlrechts komplex sei, aber dennoch solle der Bundestag das Vorhaben bekräftigen, Frauen angemessener repräsentieren zu wollen. Ihre Fraktion sowie die der Grünen, die mehr weibliche als männliche Abgeordnete haben, gingen hier mit gutem Beispiel voran. Die Ablehnung von Union und FDP könne sie nicht nachvollziehen: Immerhin hätten diese das Problem der Unterrepräsentanz von Frauen bis in ihre eigenen Parteispitzen öffentlich erkannt.

Dass dringend mehr Frauen im Bundestag sitzen müssen, findet auch Britta Haßelmann (Grüne). Dennoch kritisierte sie den Antrag der Linken als „zu defensiv“. Sie störe sich an der Aufforderung an die Bundesregierung, dem Bundestag ein Parité-Gesetz vorzulegen - "das ist doch das originäre Recht des Parlaments, das souverän genutzt werden sollte", betonte Haßelmann.

Auch Melanie Bernstein von der CDU hält den Anteil von Frauen im deutschen Bundestag für zu gering. Dennoch ist in ihren Augen die Quote nicht das richtige Mittel. "Wir müssen stattdessen die Rahmenbedingungen verbessern, um mehr Frauen für die Politik zu gewinnen", sagte sie.

Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr übte scharfe Kritik an dem Antrag der Linken. Sie warf der Fraktion vor, das Wahlrecht ändern zu wollen, „weil Sie finden, dass unsere Bürgerinnen und Bürger nicht richtig wählen.“ Laut Helling-Plahr sei eine Quote im Parlament "Verfassungsbruch, nicht Verfassungsauftrag". Gleichberechtigung bedeute, gleiche Rechte zu haben, "nicht erzwungene Ergebnisgleichheit". Außerdem bemängelte sie als Mutter eines kleinen Kindes das Fehlen von Regelungen zu familienfreundlichen Tagungszeiten des Bundestages an dem Antrag - immerhin begann die Plenarsitzung zu diesem Tagesordnungspunkt um 23.40 Uhr.

Josephine Ortleb (SPD) zeigte sich erstaunt über die Position der Liberalen. So habe der Deutsche Frauenrat auf Antrag der Frauen von SPD, Union, Grünen und auch Liberalen die Forderung auf Parität durch eine Wahlrechtsreform beschlossen. Obwohl Frauen vor 100 Jahren das Recht auf politische Partizipation zugesprochen wurde, habe dies noch nicht zu einer vollständigen Gleichstellung geführt, so Ortleb. So seien es mehrheitlich Männer, die über frauenpolitische Themen wie das Verbot zur Werbung für Schwangerschaftsabbrüche oder mehr Frauen in Führungspositionen abstimmten. Für die Sozialdemokratin ist klar: „Ohne verbindliche gesetzliche Vorgaben gibt es keinen Fortschritt bei der Gleichstellung der Geschlechter.“

Artikel als E-Mail versenden