KOMMENTAR EVELYNE GEBHARDT ZUR EU-GLEICHSTELLUNGSSTRATEGIE : "Chefinnen-Sache" der EU-Kommission: Strategie als wichtiges Signal zur Gleichstellung

15. April 2020 // Evelyne Gebhardt

Die neue Gleichstellungsstrategie der EU-Kommission hat sich den Kampf für gleiche Löhne, gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und ein verschärftes Vorgehen gegen häusliche und sexuelle Gewalt zum Ziel gesetzt. Die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Evelyne Gebhardt mit Arbeitsschwerpunkten in Gleichstellungspolitik und Verbraucherschutz, von 2017 bis 2019 Vizepräsidentin des Europa-Parlaments, hat die Strategie exklusiv für das zwd-POLITIKMAGAZIN kommentiert.

Evelyne Gebhardt (S&D), MdEP  -  Bild: Europäisches Parlament
Evelyne Gebhardt (S&D), MdEP - Bild: Europäisches Parlament

(zwd Brüssel). Die Gleichstellungsstrategie ist ein wichtiger Baustein für ein gerechtes Europa und gehört zu den obersten Prioritäten der sozialdemokratischen Fraktion. Wir begrüßen es, dass die neue Kommission sich das Thema zur Chefinnen-Sache gemacht hat und wie versprochen innerhalb der ersten 100 Tage eine umfangreiche Strategie vorgelegt hat. Der von Frau Kommissarin Dalli vorbereitete Plan ist umfangreich und beinhaltet wichtige Vorhaben.

Entgelttransparenz zügig umsetzen

Die bis Ende 2020 angekündigten Regeln zur Transparenz bei Gehältern müssen zum Beispiel zügig umgesetzt werden. Frauen verdienen in Europa durchschnittlich immer noch 16% weniger als Männer. Diese Ungleichheiten können wir nur beseitigen, indem wir Frauen durchsetzungsfähige Instrumente in die Hand geben, um ihre Rechte einzufordern. Ich rechne mit Widerstand der konservativen Parteien und mancher Mitgliedstaaten im Rat. Unsere Fraktion wird aber in dieser Frage keine Kompromisse eingehen.

Ratifizierung der Istanbul-Konvention ist „längst überfällig“

Die Ratifizierung der Istanbul Konvention zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist längst überfällig. Der Anstieg häuslicher Gewalt in Zeiten der Corona-Krise macht wieder einmal deutlich, dass Frauen einen stärkeren Schutz brauchen. Scheitert die Umsetzung fordern wir die Kommission auf, spätestens 2021 ein EU-Gesetz zu erlassen, mit dem Gewalt gegen Frauen als Straftat aufgenommen wird.

Rat der EU soll Blockade gegen Parität in Leitungsgremien aufgeben

Schließlich muss die Kommission darauf hinwirken, dass der Rat seine Blockade aufhebt und die neuen Regeln zur ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in Leitungsorganen von Unternehmen zügig annimmt. Niemand kann mir bei einem Frauenanteil von 7,5% in Aufsichtsgremien der größten börsenorientierten Unternehmen in der EU erzählen, dass wir keine verbindlichen Regeln brauchen. In der Zwischenzeit sollte die Europäische Kommission mit guten Beispiel vorangehen. Leider hat Frau von der Leyen gegenüber den Mitgliedstaaten nicht die Durchsetzungskraft im Rat gehabt, um die Posten der Kommissar*innen paritätisch zu besetzen. Dass nur vier von 27 Kabinetten in der neuen Kommission unter der Führung von Frauen stehen, halte ich hingegen für ein Armutszeugnis.

Insgesamt ist die EU-Gleichstellungsstrategie ein positives Signal, das die Frage der Gleichstellung von Frauen und Männern auf vielen unterschiedlichen Ebenen angeht. Die Kommission von Frau von der Leyen muss nun aber zeigen, dass sie auf große Absichtsbekundungen auch entsprechende Taten folgen lassen kann

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