zwd-HERAUSGEBER HOLGER H. LÜHRIG : Das neue Kindergeld-Konzept der SPD: Ein Ansatz im Kampf gegen die Kinderarmut

15. September 2017 // Holger H. Lührig

​Wenige Tage vor der Wahl hat Ministerin Katarina Barley (SPD) bei einem Pressegespräch im Bundesfamilienministerium die Pläne der SPD für ein neues Kindergeld konkretisiert. Das Ziel: “­Familien mit kleinem Einkommen sollen besser unterstützt, verdeckte Armut von Kindern vermieden werden”.

Die Reformankündigung tut bitter Not, denn die Kinderarmut in Deutschland ist im vergangenen Jahr trotz boomender Wirtschaft weiter angestiegen. Doch konkrete Vorhaben, wie dieser Entwicklung gegengesteuert werden kann, sind im Wahlkampf kaum zur Sprache gekommen.

Dabei haben alle Parteien bekundet, dass sie sich mit der Kinderarmut “nicht abfinden” (CDU/CSU) und sie aktiv bekämpfen wollen (SPD, Linke, Grüne, FDP). Nicht nur die Armut und die fehlenden Teilhabechancen von Kindern sind beschämend, wie es im Wahlprogramm der Linken heißt, sondern auch der Umgang mit den seit Jahren von den Kinderschutzverbänden immer wieder in die Öffentlichkeit getragenen Forderungen.

Die Ursachen und Handlungsmöglichkeiten für einen erfolgreichen Kampf gegen die Armut sind in der dieser Ausgabe beigefügten Beilage “CHANCEN.GLEICHHEIT & POLITIK” ausführlich beschrieben (Seiten 11-30). Die Konzepte der Parteien gehen hier zum Teil weit auseinander (vgl. die Übersicht auf Seite 15) und reichen von der Ankündigung der Union, das Kindergeld um 25 Euro je Kind zu erhöhen, bis hin zur individuellen Grundsicherung von zu versteuernden 573 Euro (Linke/Grüne). Die FDP kündigt ein “Kindergeld 2.0” an, ohne konkret zu werden – ausgenommen die Zusicherung an die Bezieher*innen überwiegend guter Einkommen, die Kinderfreibeträge anzuheben und die “Betreuungskosten bis zum Höchstbetrag steuerlich voll absetzbar zu machen”. Die Ab-

sichtserklärung der FDP und der Union, die ebenso den Kinderfreibetrag zugunsten der Besserverdienenden anheben will, läuft darauf hinaus, dass sich unter Schwarz-Gelb die Schere zwischen Arm und Reich nicht schließen, sondern noch weiter öffnen wird.

Nicht von ungefähr hat Ministerin Barley bei der Vorstellung ihrer Kindergeld-Pläne darauf hingewiesen, dass diese Vorschläge in der Koalition mit CDU/CSU nicht durchsetzbar gewesen wären. Mit dem von der SPD favorisierten neuen Kindergeld würden Eltern für erste und zweite Kinder jeweils insgesamt bis zum 393 Euro, für dritte Kinder 399 Euro und für vierte und weitere Kinder jeweils 416 Euro erhalten. Dabei sollen die Kindergeldzahlungen bzw. -ansprüche bei zusätzlichem Einkommen langsam und kontinuierlich abgeschmolzen werden, bis das derzeitige Kindergeld in Höhe von 192 Euro für das erste und zweite Kind erreicht wird. Die Neuregelung soll darauf hinauslaufen, dass rund 400.000 Kinder kein SGB II mehr benötigen und Alleinerziehende sowie Familien mit Kindern besser unterstützt werden. Familien mit kleineren Einkommen sollen so gefördert werden, dass sich die Aufnahme und Ausdehnung der Erwerbstätigkeit lohnt (ein Rechenbeispiel dazu in der Beilage auf Seite 22). Barleys Credo: “Das neue Kindergeld stärkt die untere Mitte”.

Das ist dann ein erster Ansatz, aber noch nicht das Ende des Weges zur Beseitigung der Kinderarmut.

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