EUROPAWAHLEN : Die nächste EU-Kommission wird paritätisch aus Männern und Frauen zusammengesetzt

24. Mai 2019 // Holger H. Lührig

Die Spitzenkandidat*innen der großen europaweit aufgestellten Parteien stimmen darin überein, dass die künftige EU-Kommission paritätisch besetzt werden soll. Auch der Kommissionsvorsitz könnte an eine Frau gehen.

Manfred Weber, Frans Timmermans, Margarethe Vestager und Ska Keller (v.l.n.r.). - Bilder: manfredweber.eu; Facebook; flickr / Friends of Europe; skakeller.de (Montage: zwd)
Manfred Weber, Frans Timmermans, Margarethe Vestager und Ska Keller (v.l.n.r.). - Bilder: manfredweber.eu; Facebook; flickr / Friends of Europe; skakeller.de (Montage: zwd)

zwd Berlin. Als erste haben sich die Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei und der Sozialdemokratischen Partei Europas, Manfred Weber und Frans Timmermans, dazu bekannt, die künftige Komission paritätisch zusammenzusetzen. Sie widersprachen damit in der Wahlarena des Ersten Deutschen Fernsehens (ARD) der Meinung von EU-Ratspräsident Donald Tusk, eine Parität für die Kommission sei kaum erreichbar. Der in Maastricht geborene ehemalige niederländische Außenminister Timmermans favorisiert neben einer je zur Hälfte männlich und weiblich besetzten Kommission eine deutsche Kommissarin, ohne zu sagen, dass dies auf die deutsche Spitzenkandidatin für die Europawahlen und seitherige Bundesjustizministerin Katarina Barley zulaufen würde. Mit Barley stimmt der Niederländer auch darin überein, dass die Rechtsgrundlagen für Frauen vereinfacht werden müssten, um das Vorgehen gegen sexuelle Gewalt zu erleichtern. Der CSU-Politiker Manfred Weber nimmt wiederum für sich in Anspruch, dass er in der Führung der EVP seit 2014 eine paritätische Besetzung mit Frauen und Männern durchgesetzt habe.

Kommissionsvorsitz an eine Frau?

Nach den Auftritten bei verschiedenen TV-Duellen liegt Timmermans in Meinungsumfragen deutlich vor Weber. Allerdings wird die Besetzung des Kommissionsvorsitzes letztlich auf einen Machtkampf zwischen Parlament und dem Europäischen Rat der Regierungschefs hinauslaufen. Denn die Regierungschefs wollen sich ihr Vorschlagsrecht nicht nehmen lassen. Maßgeblich wird dabei sein, welche politischen Mehrheiten im EU-Parlament den Ausschlag geben. Insofern wird in Brüssel bezweifelt, ob die langjährige informelle große Koalition zwischen EVP und SPE im EU-Parlament nach dem 26. Mai noch Bestand haben wird. Nicht von ungefähr hat neuerdings auch die dänische EU-Kommissarin für Wettbewerb, Margarethe Vestager (Sozialliberale Partei Radikale Venstre) aus der liberalen Parteienfamilie ALDE, ihr Interesse am Kommissionsvorsitz bekundet. Die Kommissarin kandidiert selbst nicht für das Europaparlament, zählt aber zum siebenköpfigen Spitzenteam der liberalen europäischen Parteien, zu der auch die deutsche FDP-Spitzenpolitikerin Nicola Beer gehört. Vestagen würde zwar nach Einschätzung aus Straßburg eher auf den Widerstand des Europaparlaments stoßen, das den künftigen Kommissionspräsident*in aus ihren Reihen berufen wissen möchte. Andererseits könnte sie als Kompromisskandidatin zum Zuge kommen, nachdem sich die Liberalen auf europäischer Ebene mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron verbündet haben. Der Franzose ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel haben offenbar das übereinstimmende Interesse, eine Frau an die Spitze der Kommission zu hieven. Dabei hatte Merkel zuvor schon entgegen anders lautenden Gerüchten klar gestellt, dass sie selbst für den EU-Kommissionsvorsitz nicht zur Verfügung stehe.

Auch Grüne wünschen eine Chefin an der Spitze einer paritätisch gebildeten Kommission

Zwar werden der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Europaparlament Ska Keller, die gemeinsam mit dem Niederländer Bas Eickhout als europäische Spitzenkandidatin auftritt, keine eigenen Chancen auf den Kommissionsvorsitz eingeräumt, aber sie hat sich in einem Interview mit Euronews klar positioniert: "Wir hatten noch nie eine weibliche Kommissionspräsidentin. Ich denke, es wird Zeit". Keller hat auch ein konkretes Verfahren beschrieben, wie die Bildung einer paritätischen Kommission erreicht werden kann: Die EU-Mitgliedsländer sollten jeweils eine weibliche und eine männliche Kandidat*in vorschlagen, aus denen die künftige EU-Kommissionspräsidentin dann ihr Spitzenpersonal mit dem ziel einer geschlechtsspezifischen Kommission auswählen könnte.

Eine ausgeglichene Geschlechterbalance befürwortet auch der belgische Gewerkschafter Nico Cué der gemeinsam mit slowenischen Fernsehmoderatorin Violeta Tomic das Spitzenduo der Europäischen Linken bildet. Es kämpft vor dieser Europawahl für EU-Reformen und mehr Bürgerrechte. Dazu gehörig für sie auch eine Geschlechterparität in den europäischen Gremien.

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