GEW-MITGLIEDERBEFRAGUNG : Digitale Ausstattung der Schulen eine der dringlichsten Herausforderungen

24. September 2018 // Hannes Reinhardt

Die große Mehrheit der Lehrkräfte in Deutschland sieht einen dringenden Modernisierungs- und Sanierungsbedarf der Schulen, um Schüler*innen auf die Anforderungen der digitalen Welt vorbereiten zu können. Das geht aus einer repräsentativen Mitgliederumfrage der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hervor.

Bild: zwd
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zwd Berlin. So mahnen 82 Prozent der Befragten die Verbesserung der digitalen Ausstattung der Schulen als sehr wichtig bzw. wichtig an. 89 Prozent verlangen, dass die Bereitstellung zusätzlicher Gelder dafür höchste bzw. hohe Priorität haben müsse. Als drängendste Anforderungen benannten die Lehrkräfte Grundlagen wie die technische Wartung und Betreuung der digitalen Ausstattung (94 Prozent), die Bereitstellung von Hardware für die Lehrkräfte (90 Prozent) und die Lernenden (84 Prozent) sowie eine umfassende Fortbildung (85 Prozent). Auch der Infrastruktur, der Verfügbarkeit (87 Prozent) und Leistungsfähigkeit (89 Prozent) eines W-LAN-Netzes, messen die Lehrkräfte hohe Bedeutung bei. Die Einschätzungen von männlichen und weiblichen Lehrkräften sind dabei sei ähnlich.

Große Unzufriedenheit herrscht auch mit dem Zustand der Gebäude, den räumlichen Möglichkeiten, insbesondere für Ganztagsangebote, der Hygiene und der Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln. So halten 59 Prozent „größere Umbau- und Sanierungsmaßnahmen“ an ihrer Schule für dringend notwendig. Dazu gehörten, unterschiedliche Funktionsräume (86 Prozent für Differenzierung, Fachräume und Elterngespräche, 85 Prozent für Pausen- und Rückzugsräume für Beschäftigte sowie Schüler*innen), persönliche Arbeitsplätze für Lehrende (70 Prozent), offene Lernräume (70 Prozent) und grundsätzlich größere Räume (66 Prozent) zu schaffen. 70 Prozent fordern, dass die hygienischen Bedingungen an den Schulen verbessert werden müssten. „Diese Zahlen werfen ein bezeichnendes Licht darauf, dass Deutschland viel zu wenig dafür tut, die nachwachsende Generation unter angemessenen Rahmenbedingungen auszubilden. Wir sind weit davon entfernt, dass ‚der Raum als dritter Pädagoge‘ seinen Beitrag zu gelingenden Lernprozessen leisten kann“, betonte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe bei der Vorstellung der Ergebnisse am Montag in Berlin.

„Armutszeugnis für die Bemühungen der Politik“

Für die bisherigen Bemühungen der Politik, Schulen an die digitale Entwicklung anzukoppeln, seien die Angaben der Lehrkräfte „ein Armutszeugnis“. Tepe regte eine nationale Bildungsstrategie an, damit nicht weiterhin von unterschiedlichen Akteur*innen an vielen verschiedenen Baustellen „herumgewerkelt“ werde. Dafür brauche es einen Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen: „Fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt und 3,5 Milliarden Euro für die Schulsanierung – wie im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorgesehen – reichen bei weitem nicht aus. Das belegen die Ergebnisse unserer Untersuchung ebenso wie die neuesten Zahlen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die allein an den Schulen einen Sanierungsstau von 47,7 Milliarden Euro errechnet hat“, kritisierte Tepe.

Auf Anfrage des zwd-POLITIKMAGAZINs widersprach Tepe dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), der sich vor wenigen Tage erneut gegen eine Grundgesetzänderung zur Realisierung des Digitalpakts ausgesprochen hatte: „Wir als GEW sehen derzeit keinen anderen Weg – aber Hauptsache, das Geld fließt.“ Die Mittel müssten zudem unbürokratisch abzurufen sein. Andernfalls werde zu viel zusätzliches Personal benötigt.

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Margit Stumpp, schloss sich der Forderung der GEW an. „Die GEW-Studie zeigt mal wieder, wie sehr der Bildungsföderalismus hemmt: Stinkende Klos und marode Gebäude sind die unzumutbare Folge“, sagte sie. „Solange der Bund über das Kooperationsverbot nicht dauerhaft in die Schulbildung investieren darf, werden diese Missstände bestehen bleiben und sich mancherorts noch verschlimmern.“ Auch der Digitalpakt Schule sei nicht mehr als eine Anschubfinanzierung: „Mit den Folgekosten für Wartung und Erneuerung werden Länder und Kommunen alleinegelassen und nicht selten überfordert sein.“

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