UMFRAGE : Digitalisierung an Schulen kommt nur langsam voran

6. Mai 2019 // Hannes Reinhardt

Nur an jeder dritten Schule in Deutschland gibt es in allen Klassen- und Fachräumen Zugang zu schnellem Internet und WLAN. Das ergab eine Umfrage unter Schulleitungen des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).

zwd Berlin. Zudem gab ebenfalls nur jede dritte Schulleitung an, dass es mindestens einen Klassensatz an digitalen Endgeräten für die Schüler*innen gibt. Zudem gibt es an einem Drittel der Schulen für keine Lehrkraft einen dienstlichen Computer und für ebenso viele keine dienstliche E-Mail-Adresse. Der Umfrage zufolge gleichen einige Lehrkräfte die fehlende Ausstattung dadurch aus, dass sie die Methode „Bring your own device“ nutzen, bei der Schüler*innen eigene digitale Endgeräte für den Unterricht einsetzen. Dies passiert an kaum einer Grundschule, jedem zweiten Gymnasium und jeder dritten anderen Sekundarschulform. Außerdem sehen es 63 Prozent der Schulleitungen als zu hohe Anforderung für Lehrkräfte an, auf unterschiedlichen Geräten unterschiedliche Systeme zu erklären.

„Politik ist für die Ausstattung der Schulen verantwortlich – niemand sonst“

Man verstehe das Bemühen der Lehrkräfte, trotz fehlender Infrastruktur Medienkompetenz zu vermitteln und im Unterricht neue Anreize durch die Erweiterung des Methodenmix mittels digitaler Medien zu setzen, sagte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann anlässlich der Vorstellung der Umfrageergebnisse. „Der VBE setzt sich aber für die Unabhängigkeit des Bildungserfolgs vom sozioökonomischen Status der Eltern ein. Dies wird mit der Methode ‚Bring your own device‘ konterkariert.“ Die Politik sei für die Ausstattung der Schulen verantwortlich, niemand sonst, betonte Beckmann. Digitalisierung gebe es nicht zum Nulltarif.

Laut der Umfrage ist zudem die adäquate Vorbereitung der Lehrkräfte noch immer eine große Herausforderung. 72 Prozent der Lehrkräfte bilden sich demnach privat fort, 65 Prozent konnten an Fort- und Weiterbildungen teilnehmen und 58 Prozent haben sich mithilfe von anderen Lehrer*innen die notwendigen Kenntnisse angeeignet. Beckmann forderte, dass alle Lehrkräfte innerhalb der Dienstzeit an von staatlicher Seite angebotenen und bezahlten, qualitativ hochwertigen und stetig evaluierten und optimierten Fortbildungen teilnehmen können: „Fortbildung ist kein Privatvergnügen.“

Lehrkräfte bei der Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung weitestgehend auf sich gestellt

Im Rahmen der Umfrage wurden die Schulleitungen zudem danach befragt, wer sich an der Schule um die Wartung der IT-Ausstattung kümmere. An zwei von drei Schulen sind dies demnach einzelne Lehrkräfte, was einem Rückgang um 10 Prozentpunkten im Vergleich zu 2014 entspricht. Mit Blick auf die EU-Datenschutzgrundverordnung gaben ferner über zwei Drittel der Schulleitungen an, dass sie bei der Umsetzung weitestgehend auf sich gestellt waren und dass durch die Umsetzung der Verordnung ihr Arbeitsaufwand langfristig gestiegen ist. „Die Politik darf sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Neue Aufgaben bedürfen zusätzlicher Ressourcen oder klarer Ansagen, welche der bisherigen Aufgaben wegfallen oder anders organisiert werden können“, unterstrich der VBE-Chef.

Die Linken-Bundestagsfraktion kritisierte angesichts der Umfrageergebnisse das fehlende Konzept von Bund und Ländern bei der Umsetzung des Digitalpakts. „Trotz des langen Verhandelns erscheint er noch nebulös. Es gibt bislang lediglich ein Strategiepapier der Länder“, sagte die bildungspolitische Sprecherin Birke Bull-Bischoff. Man brauche dauerhafte Finanzierungsstrukturen mit klaren Zeitplänen und mehr Gestaltungswillen beim Bund. Auch andere Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken und Volkshochschulen müssten miteinbezogen werden, erklärte Bull-Bischoff.

Der Digitalpakt des Bundes müsse in einen größeren landespolitischen Rahmen eingebettet werden, forderte auch die Grünen-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. „Insbesondere benötigen wir als Voraussetzung für den Mittelabruf des Digitalpakts zügig schularten- und altersstufenspezifische Mediencurricula/Medienkompetenzrahmen, die auf den Bildungsplan aufbauen“, sagte die bildungspolitische Sprecherin Sandra Boser. Digitale Bildung müsse zudem auch ethische Fragestellungen einbeziehen.

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