PISA SONDERAUSWERTUNG : Digitalisierung an Schulen unter dem Durchschnitt

29. September 2020 // Ulrike Günther

Erhebliche Unterschiede in der Digitalausstattung bescheinigt die PISA-Sonderauswertung im Vergleich der Länder und der Schulen je nach sozio-ökonomischem Status. Beim Zugang zu Computern und Lernportalen sowie digitalen Kenntnissen der Lehrkräfte belegten deutsche Schulen Ränge unter dem OECD-Mittel. Grüne und FDP fordern eine bessere Versorgung mit digitaler Technik, die GEW verlangt mehr Finanzhilfen für benachteiligte Gemeinden und ein verbessertes Lehrerstudium.

Digitales Lernen wird durch fehlende Computer erschwert. - Bild: Wikimedia.org / Brad Flickinger
Digitales Lernen wird durch fehlende Computer erschwert. - Bild: Wikimedia.org / Brad Flickinger

zwd Berlin. Laut der heute (29. September) veröffentlichten Sonderauswertung der PISA-Studie 2018 hatten im OECD-Mittel 10 15-jährige Schüler*innen im Unterricht 8 Computer zur Verfügung, in der Bundesrepublik waren es 6 Computer. Im Ländervergleich reichten die Unterschiede von 16 Computern (Luxemburg) bis zu einem Computer (Monaco). Aus der auf der Befragung von Schulleiter*innen beruhenden Sondererhebung geht hervor, dass rund 30 Prozent der Schüler*innen keine hinreichend leistungsstarken Rechner bereitstanden. An der PISA-Studie 2018 nahmen rund 600.000 15-jährige Schüler*innen aus 79 OECD-Ländern und Partnerstaaten teil.

An vielen Schulen fehlen leistungsstarke Computer und Lernportale

Der Bildungsdirektor der OECD Andreas Schleicher rief alle Länder dazu auf, sich stärker zu bemühen, damit „alle Schulen über die erforderlichen Ressourcen“ verfügten und „jedem Schüler gleiche Lern- und Erfolgschancen geboten“ werden. In der Bundesrepublik besuchten 2018 ca. 40 Prozent der Jugendlichen Schulen, wo leistungsstarke Computer fehlten, in Österreich waren es demgegenüber nur 20 Prozent.

Nach Aussagen der Schulleitungen hatten in den OECD-Ländern durchschnittlich rund 68 Prozent der Schüler*innen Zugang zum schnellen Internet, an deutschen Schulen waren es hingegen nur knapp 32 Prozent. In China, Singapur und Slowenien lagen die Werte zwischen rund 96 und 90 Prozent. Während im OECD-Mittel etwa 54 Prozent der Schüler*innen über ein qualitätvolles Online-Portal lernen konnten, waren es in Deutschland Schulleiter*innen bloß rund 33 Prozent.

Digitale Fähigkeiten der Lehrkräfte unter OECD-Mittel

Die Studie untersuchte auch die Fähigkeiten von Lehrer*innen, digitale Technik im Unterricht pädagogisch sinnvoll einzusetzen. Im OECD-Durchschnitt lernten 65 Prozent der Jugendlichen an Einrichtungen, deren Lehrkräften die Schulleitungen attestierten, diese Kompetenzen zu besitzen. In Deutschland waren es 57 Prozent, in den Nachbarländern Österreich und Schweiz 83 bzw. 70 Prozent. Hier machte sich auch der Zusammenhang zu den von der OECD beleuchteten sozio-ökonomischen Unterschieden (obere und untere 25 Prozent im Land) zwischen Lernorten bemerkbar: Bevorzugte bundesdeutsche Schulen schnitten mit 63 Punkten 8 Punkte besser ab als benachteiligte.

Grüne und Liberale fordern bessere Digitalausstattung

Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Margit Stumpp nannte die Ergebnisse der Studie „ernüchternd“. Während der Krise seien die Daten aus der PISA-Erhebung erneut bestätigt worden. Die Bundesrepublik müsse in der Bildungspolitik offensiver werden, forderte Stumpp. Sie verwies auf die bereits mehrfach vorgebrachten Vorschläge ihrer Fraktion, die Schulen unbürokratisch mit einer „digitalen Grundausstattung“ zu versorgen. Darüber hinaus bräuchten Schulleitungen Unterstützung bei der modernen Schulentwicklung und Lehrkräfte Weiterbildung in der Nutzung digitaler Technik. Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Thomas Sattelberger mahnte, die Bundesrepublik müsse mehr in Studium und Weiterbildung von Lehrer*innen investieren, außerdem den Gebrauch von digitalen Geräten und Lernprogrammen früher als bisher in den Unterricht einbringen.

GEW: Mehr Finanzhilfen für benachteiligte Gemeinden

Das Vorstandsmitglied der Erziehungsgewerkschaft GEW Ilka Hoffmann hob in ihrer Stellungnahme zur Studie das Ziel der Gewerkschaft hervor, gerechte Chancen in der Bildung zu schaffen. Um Benachteiligungen auszugleichen, müsse man die „gesamte Struktur des Schulsystems“ überprüfen, erklärte Hoffmann. Sozio-ökonomisch schwache Gemeinden sollten mehr Förderhilfen erhalten, um besser ausgestattete Schulen anbieten zu können. Eine „Ausbildungsoffensive für das Lehramt“ solle dem Lehrkräftemangel entgegenwirken.

Das GEW-Vorstandsmitglied gab zu bedenken, dass digitaler Unterricht nur dann gut funktionieren könne, wenn auch ein vernünftiges übergeordnetes „pädagogisches Gesamtkonzept“ vorhanden sei. Die OECD-Studie zeigte erhebliche Unterschiede zwischen bevorzugten und benachteiligten Schulen hinsichtlich des verfügbaren Personals und der Ausstattung auf. Von den Jugendlichen besuchten den Schulleitungen zufolge im OECD-Mittel 27 Prozent Schulen, wo Lehrkräftebedarf den Unterricht erschwert und die häufig sozio-ökonomisch benachteiligt sind. In der Bundesrepublik gingen die Schüler*innen zu 57 Prozent auf Schulen mit für den Unterricht hinderlichem Lehrermangel.

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