OFFENER BRIEF VON JUTTA ALLMENDINGER UND PETER DALBROCK : Ein Mann an der Spitze des Bundestages - "wie aus der Zeit gefallen"

18. Oktober 2021 // ticker/ig

Die Präsidentin des Wissenschaftsforums Berlin, Professorin Jutta Allmendinger (Berlin), und der frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Prof. Peter Dabrock (Nürnberg-Erlangen) haben sich mit einem offenen Brief an die SPD-Bundestagsfraktion gewandt und dem Vorschlag von Norbert Walter-Borjans widersprochen, der Chef der SPD-Bundestagsfraktion an die Spitze des Bundestages zu wählen.

Bildquelle: Wikipedia
Bildquelle: Wikipedia

In dem zuerst im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" verbreiteten Offenen Brief stellen die beiden Wissenschaftler:innen klar, dass sie die die Hochschätzung für den Fraktionschef Rolf Mützenich teilen, aber seine Wahl nicht aus Beitrag für die Glaubwürdigkeit der Partei betrachten, die mit den Stichworten »Respekt« und »Teilhabe« Wahlsiegerin geworden sei. Seine Berufung sei "kein Signal von Aufbruch und Fortschritt". Man müsse sich vor Augen halten: Käme die Ampelkoalition, wären alle fünf Ämter an der Staatsspitze von Männern besetzt. Wörtlich schreiben sie weiter:

"Im Jahr 2021 wirkt eine solche Entscheidung wie aus der Zeit gefallen. Noch weniger Verständnis werden nicht nur Wählerinnen, sondern auch progressive Wähler haben, wenn am Ende der schweren Coronakrise wieder Frauen das Nachsehen haben. Immer wieder haben wir in dieser Zeit darauf hingewiesen, dass die in den vergangenen Jahrzehnten errungenen Fortschritte bei der Gleichstellung von Männern und Frauen in Berufs- und Familienarbeit deutlichen Schaden genommen haben. Der Politik, insbesondere den Parteien, die für Gleichstellung und Teilhabe stehen, kommt deshalb eine Vorbildfunktion zu. Gerade die SPD, die geschichtlich und programmatisch für Fortschritt und Respekt steht, muss bei der Besetzung der fünf Spitzenämter im Staat dafür ein Sensorium haben. Wir appellieren an Sie als Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion, sich der gesellschaftlichen Bedeutung, ja Sprengkraft der anstehenden Entscheidung für die Nominierung des Amtes der Bundestagspräsidentin gewahr zu werden."

Der Aufruf hat inzwischen in SPD-Kreisen große Beachtung und Unterstützung gefunden.

Artikel als E-Mail versenden