INTERNATIONALER TAG GEGEN WEIBLICHE GENITALVERSTÜMMELUNG : Erste Koordinierungsstelle für FGM-Bedrohte in Planung

5. Februar 2019 // Monica Dick

Zum Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung (engl. FGM, Female Genital Mutilation) am 6. Februar plant der Berliner Senat den Ausbau bestehender Beratungs- und Hilfsangeboten sowie eine Koordinierungsstelle für Opfer. Für Frauen- und Menschenrechtsorganisationen längst überfällig: So mache gerade der Zuzug von Mädchen und Frauen aus gefährdeten Regionen diese Menschenrechtsverletzungen auch zu einem Problem der Bundesrepublik.

Bild: Flickr / Steven Depolo
Bild: Flickr / Steven Depolo

zwd Berlin. Wie die frauenpolitischen Sprecherinnen der Koalitionsfraktionen Derya Caglar (SPD), Ines Schmidt (Linke) und Anja Kofbinger (Grüne) in einer Pressemeldung erklärten, plane die rot-rot-grüne Koalition eine flächendeckende Versorgungsstruktur für Opfer von FGM: „Um von Genitalverstümmelung bedrohten und betroffenen Mädchen und Frauen wirksam zu helfen, baut die Koalition bestehende Angebote aus und richtet eine Koordinierungsstelle ein. Damit wollen wir für die Communitys, die wir erreichen können, vielfältige Angebote schaffen.“ Das geplante Programm greife somit in bereits bestehende Angebote für Gefährdete und Betroffene. In Deutschland bieten Hilfswerke wie Plan International, welches mit dem Projekt "Let's Change" Multiplikatoren zur Aufklärung von Familien in ihrem Lebensumfeld ausbildet und Mütter rechtlich informiert, bereits Unterstützung. Das nun auf die Agenda der Landesregierung gesetzte Programm ist bisher nur für Berlin geplant. Wann, wo und ob das Vorhaben auch auf weitere Städte fasst, steht noch nicht fest.

Genitalverstümmelung ist im 21. Jahrhundert immer noch ein großes Problem. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind jährlich drei Millionen Mädchen weltweit von FGM betroffen. In weiten Teilen Afrikas, dem Nahen Osten und Ostasiens steht die Praxis, bei der weibliche Genitalien meist stark verletzt oder Teile komplett entfernt werden, auf der Tagesordnung. Das Ritual, welches den Übergang vom Mädchen zur Frau markiert, wird meist ohne Narkose und mit einfachen Hilfsmitteln wie Glasscherben oder Rasierklingen durchgeführt. Diejenigen, die nicht an dem Eingriff sterben, haben ihr Leben lang mit physischen und psychischen Folgen zu kämpfen. Schätzungen zufolge gibt es mehr als 200 Millionen Betroffene weltweit, die Dunkelziffer liegt weitaus höher.

Ein Problem, das auch Deutschland betrifft

Die Praxis, welche laut Vereinten Nationen seit 1992 als Menschenrechtsverletzung eingestuft wird, hält durch Migration aus betreffenden Weltregionen vermehrt Einzug nach Europa. Anfang Februar wurde in Großbritannien das erste Gerichtsurteil gegen eine Mutter, die ihre dreijährige Tochter hat beschneiden lassen, gefällt und die Angeklagte zu 14 Jahren Haft verurteilt. Trotz Verbots in allen EU-Staaten wächst die Anzahl Betroffener gerade in Deutschland mit seiner hohen Teil an Migrant*innen aus Afrika und dem Nahen Osten in den letzten Jahren stetig an. Probleme der Vermittlungsarbeit an Betroffene und Praktizierende sorgen dafür, dass nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes (TDF) nach wie vor jährlich etwa 65.000 junge Mädchen und Frauen in der Bundesrepublik von Genitalverstümmelung betroffen sind. Weitere rund 15.500 gelten als gefährdet.

„Um Mädchen vor FGM zu schützen, reichen Gesetze alleine nicht. Es muss vor allem Präventions- und Aufklärungsarbeit in den von FGM betroffenen Communities geleistet werden und zu den Folgen dieser Praktik sensibilisiert werden“, forderte TDF in der Vergangenheit mehr langfristige finanzielle Mittel von Bund und Länder, die die Präventionsarbeit über mehrere Jahre hinweg gewährleisten soll.


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