KONFERENZ GLEICHSTELLUNGSMINISTERINNEN : Europaweite Telefonnummer gegen Gewalt an Frauen gefordert: 116016 nach deutschem Vorbild

23. November 2020 // Ulrike Günther

Frauen brauchen wirksameren Schutz vor Gewalt: Auf einem informellen Treffen haben die EU-Gleichstellungsminister*innen die Einrichtung eines europaweiten Hilfetelefons in Aussicht genommen. Durch den Austausch von beispielhaften Gewaltschutz-Maßnahmen, wie Ausbau von Schutzhäusern oder Kampagnen, möchten sie die Angebote für betroffene Frauen weiter verbessern.

EU-Minister*innen wollen Gewaltschutz für Frauen stärken. - Bild: flickr / Sommer-in-Hamburg
EU-Minister*innen wollen Gewaltschutz für Frauen stärken. - Bild: flickr / Sommer-in-Hamburg

zwd Berlin. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) hat nach eigenen Angaben für ihre im Rahmen der bundesdeutschen EU-Ratspräsidentschaft angestoßene Initiative, ein europaweites Telefonangebot für besseren Gewaltschutz einzurichten, bei den Gleichstellungsminister*innen breite Unterstützung erfahren. Demnach sprachen sich auf der Videokonferenz am Freitag (20. November) 24 der Teilnehmer*innen für das länderübergreifende Projekt aus, darunter 81,5 Prozent der EU-Staaten und die Schweiz als EFTA-Mitglied (Europäische Freihandelsassoziation). Auch die EU-Kommissarin für Gleichstellung Helena Dalli (S&D) will das Projekt des europäischen Hilfetelefons mittragen.

Ministerin Giffey wertete das Treffen auf einer anschließenden Pressekonferenz als Erfolg. Durch die erreichte mehrheitliche Zustimmung der Gleichstellungsminister*innen zu dem Hilfetelefon für von Gewalt betroffene Frauen habe man „ein gemeinsames, europäisches Signal ausgesendet“. Unter der Telefonnummer 116 016 sollen sich künftig in ganz Europa von Gewalt bedrohte Frauen Schutz und Beistand holen können. Vorbild für das geplante Angebot ist das in der Bundesrepublik seit 2013 bereitgestellte Hilfetelefon gegen Gewalt an Frauen, bei dem sich Betroffene durchgängig, kostenfrei und in 18 Sprachen beraten lassen können. Ursprünglich sollte das Treffen in Potsdam stattfinden, wurde aufgrund des Teil-Lockdowns jedoch in den virtuellen Raum verlegt.

Gewaltlage in Europa erfordert grenzüberschreitendes Hilfsangebot

In Zeiten grenzüberschreitender Mobilität sei das geplante Angebot nach Giffeys Angaben auf jeden Fall erforderlich, darüber hinaus würde es von kulturbedingter Gewalt betroffenen Frauen zusätzlich Schutz bieten. Weibliche Gewaltopfer selbst hätten einem solchen, in Europa überall verlässlich funktionierenden Hilfetelefon einen entscheidenden Nutzen als Schutzangebot in Gefahrensituationen beigemessen. Angesichts der Tatsache, dass an Frauen verübte häusliche und geschlechtsspezifische Gewalttaten in allen europäischen Staaten innerhalb sämtlicher Altersklassen und sozialen Umgebungen präsent seien, brauche man eine gemeinsame Lösung, hob die Frauenministerin hervor.

Portugal soll Projekt während EU-Ratspräsidentschaft weiterführen

In der Corona-Krise sind nach Giffeys Aussagen wirksame, leicht zugängliche Maßnahmen zum Gewaltschutz umso dringender nötig. Das Vorhaben sei mit der portugiesischen Regierung abgestimmt, die es ab Dezember weiterführen werde, so die Frauenministerin. Im Januar 2021 übernimmt das Land im Westen der Iberischen Halbinsel den Vorsitz im Europäischen Rat. Das Bundesfrauenministerium (BMFSFJ) werde „noch in der EU-Ratspräsidentschaft die erforderlichen Schritte“ einleiten, erklärte die Ministerin. Sie hoffe, dass sich daraus eine „konkrete Hilfe“ für die betroffenen Frauen entwickeln werde.

Ein weiterer Schwerpunkt des Minister*innen-Treffens lag nach Angaben des BMFSFJ auf dem Austausch von Best-Practice-Beispielen der EU-Länder zum Gewaltschutz. Europäische Minister*innen machten auf der Videokonferenz ihre Amtskolleg*innen mit vorbildlichen Maßnahmen ihrer Länder gegen Gewalt an Frauen bekannt. Dazu gehörten der Ausbau von Zufluchtstätten, umfassende Informationskampagnen, verbesserte Polizeiarbeit oder Eindämmung von als Folge der Krise auftretender Gewalt gegen Frauen.

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