CORONA-EPIDEMIE : Finanzielle Anreize für Studierende in systemrelevanten Jobs

7. Mai 2020 // Ulrike Günther

Studierenden und Azubis, die in Krankenhäusern oder Pflegeheimen in systemrelevanten Jobs arbeiten, soll für ihr Engagement eine gerechte Belohnung zuteil werden. Dazu hat der Bundestag heute (07. Mai) einen Gesetzentwurf von Union und SPD mit breiter Mehrheit angenommen. Ebenso sollen Wissenschaftler*innen, die sich an Hochschulen qualifizieren, aus verzögerten Zeitplänen keine Nachteile entstehen.

Viele Studierende sind auf Nebenjobs angewiesen - Bild: PublicDomain Pictures
Viele Studierende sind auf Nebenjobs angewiesen - Bild: PublicDomain Pictures

zwd Berlin. Laut Gesetzentwurf der Koalition (Drs. 19/18699) sind Einkünfte von Studierenden und Auszubildenden aus systemrelevanten Jobs nicht auf den Bezug von BAföG anzurechnen. Damit wollen die Regierungsfraktionen laut Gesetzesvorschlag gesellschaftliche Anreize für das Engagement im Kampf gegen COVID-19 schaffen. Betroffen von der Regelung sind z.B. in Krankenhäusern arbeitende oder beim Ermitteln von Infizierten helfende Medizin-Student*innen ebenso wie Azubis, die in Alten- oder Pflegeheimen ihren Dienst tun, oder Studierende der Ingenieurwissenschaften, die sich am Bau von neuen Kliniken beteiligen.

Dem neuen Gesetz gemäß sollen weiterhin Studierende und Auszubildende, die während der Krise in Job oder Lehre für die Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Lebens unerlässliche Arbeiten verrichten, verbesserte Rahmenbedingungen beim BAföG-Bezug erhalten. Darüber hinaus sieht dasselbe Gesetz vor, Forscher*innen an Universitäten und Hochschulen, die sich weiterqualifizieren, also auf eine Dissertation oder eine Habilitation hinarbeiten, in der Krise „Flexibilität und mehr Planungssicherheit“ zu gewährleisten. Zu diesem Zweck soll das Wissenschaftszeitvertragsgesetz über eine zeitlich begrenzte, ergänzende Regelung an die besondere Situation angepasst und die höchste Befristungsdauer für die Qualifizierungen um sechs Monate ausgeweitet werden.

Opposition: Karliczeks Kredite treiben Studierende in Überschuldung

Die Fraktionen von Grünen und FDP stimmten zwar für die Gesetzesvorlage, kritisierten jedoch ebenso wie die Linksfraktion die Blockadehaltung von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) gegen das von ihnen geforderte Nothilfe-BAföG und die im Umfang zu begrenzten Hilfsangebote der Koalition. Der bildungspolitische Sprecher der Grünen Kai Gehring mahnte, die Corona-Krise könnte ohne angemessene staatliche Hilfeleistungen für Studierende in finanziellen Zwangslagen in eine „Bildungskrise" führen. Die von Union und SPD jetzt ausgehandelten, dürftigen Unterstützungspakete in Form von Rückzahl-Krediten, welche den Student*innen hohe Schuldenlasten aufbürdeten, prangerte Gehring als eine „sozial- und bildungspolitische Bankrotterklärung“ der Koalitionsfraktionen an. Wer von den Studierenden ohne BAföG-Förderung in der Krise seinen Job verloren hat, könne nun zwischen Überschuldung und Studienabbruch wählen, was keine gangbaren Alternativen seien.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linken Nicole Gohlke warf Bildungsministerin Karliczek vor, in der Frage der Krisen-Hilfen für Studierende nur „Scheinlösungen“ vorzuweisen, und auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Bärbel Bas räumte in der Debatte ein, dass es in der Koalition „fundamental unterschiedliche Auffassungen“ zum Hilfssystem für Studierende gebe. Die Sozialdemokrat*innen hatten sich ebenso wie Grüne, Linke, Liberale, Erziehungsgewerkschaft GEW und die Bundesländer dafür eingesetzt, das BAföG während der Corona-Epidemie für alle in ihrer Existenz bedrohten Studierenden unabhängig vom Einkommen der Eltern zu öffnen.

Grüne, Linke und FDP fordern Krisen-BAföG und Soforthilfefonds

Karliczek hatte in den Koalitionsverhandlungen (zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete) ihren Vorschlag durchgebracht, an die von Jobverlusten und Einnahmeausfällen betroffenen Student*innen zinslose Darlehen zu zahlen. Demnach können Studierende zur Absicherung ihres Lebensunterhalts vom 08. Mai bis zum März 2021 bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Rückzahlungskredite in Höhe von bis zu 650 Euro pro Monat beantragen. Die ersten Darlehensgelder könnten die Student*innen nach Angaben des Bildungsministeriums schon ab Anfang des nächsten Monats auf ihren Konten vorfinden. Die SPD hatte im Koalitionsausschuss dafür gesorgt, dass die Regierung zusätzlich zu den Krediten einen aus überschüssigen BAföG-Mitteln finanzierten Nothilfefonds mit 100 Millionen Euro einrichtet, aus dem krisenbedingt in Geldsorgen geratenen Student*innen unbürokratisch Zuschüsse gezahlt werden.

Ebenfalls am 07. Mai beriet das Parlament über Anträge der Grünen (Drs. 19/18707) und der Liberalen (Drs.19/18677), in denen sie für eine begrenzte Zeitdauer ein Notfhilfe-BAföG fordern. Die Linken (Drs. 19/1868) wollen das BAföG über eine Reihe von Neuerungen allgemein krisensicher gestalten. Während die FDP zusätzlich vorschlägt, für Studierende mit finanziellen Engpässen einen „unbürokratischen Härtefallfonds“ zu gründen, hat die Linksfraktion in einem weiteren Antrag (Drs. 19/18683) u.a. einen Sozialfonds in Höhe von 3 Milliarden Euro entworfen, aus dem Student*innen aus dem In- und Ausland rückzahlungsfreie Zuschüsse bekommen sollen. Die Oppositionsanträge wurden ebenso wie eine Reihe von Änderungsanträgen von Grünen und FDP (Drs. 19/19041-19044), denen zufolge im Gesetz das Sommersemester von der Förderungshöchstdauer beim BAföG auszunehmen und ein befristetes, elternunabhängiges Krisen-BAföG einzuführen sei, vom Parlament mehrheitlich abgelehnt.

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