STUDIE : Folgen der Trump-Politik größte Angst der Deutschen

6. September 2018 // Hannes Reinhardt

Mehr als zwei Drittel der Deutschen haben große Angst davor, dass die Politik von US-Präsident Donald Trump die Welt gefährlicher macht. Das geht aus den am Donnerstag vorgestellten Ergebnissen der Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen 2018“ der R+V-Versicherung hervor.

zwd Berlin. Auf den Spitzenplätzen der 27. R+V-Studie stehen ausschließlich außen- und innenpolitische Sorgen. So macht sich die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger*innen erhebliche Sorgen um die Folgen der Zuwanderung und die Überforderung der Politiker*innen. „Mit Blick auf die Weltpolitik werden diese Sorgen jedoch noch deutlich übertrumpft, wie die diesjährige Sonderfrage belegt. Mehr als zwei Drittel der Deutschen haben große Angst davor, dass die Politik von Donald Trump die Welt gefährlicher macht“, erläuterte Brigitte Römstedt, Leiterin des R+V-Infocenters. So steht die Sorge um die Gefährdung der internationalen Lage durch die Politik des US-Präsidenten mit Abstand auf Platz eins. Mit 69 Prozent erreicht sie einen der höchsten Werte, die jemals in der Ängste-Studie gemessen wurden. „Trumps rabiate ‚America First‘-Politik, seine Aggression gegen internationale Arrangements und die nicht minder aggressive Handels- und Sicherheitspolitik auch gegenüber Verbündeten verschrecken die Bevölkerungsmehrheit“, erklärte Prof. Manfred G. Schmidt, Politologe an der Universität Heidelberg und Berater der Studienautor*innen.

Überforderung durch Flüchtlinge auf Platz zwei

Mit 63 Prozent und damit sechs Prozentpunkten Abstand auf den Spitzenplatz folgt die Sorge, dass die Deutschen und ihre Behörden durch die große Zahl der Flüchtlinge überfordert sind (Vorjahr: 57 %, Platz 6). Ebenfalls 63 Prozent der Bürger*innen haben Angst davor, dass es durch den weiteren Zuzug von Ausländer*innen zu Spannungen zwischen Deutschen und hier lebenden Ausländer*innen kommt – zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und Platz 3 der aktuellen Studie. Auf Rang 4: Die Befürchtung, dass die Politiker*innen von ihren Aufgaben überfordert sind. Sie steigt um sechs Prozentpunkte und überspringt damit die 60-Prozent-Marke (Vorjahr: 55 %, Platz 8). „Das ist für Deutschlands Politiker ein katastrophales Urteil“, sagte Prof. Schmidt. Untermauert wird dies von den Schulnoten, die die Deutschen den Politiker*innen in Regierung und Opposition vergeben. „48 Prozent der Befragten bewerten die Arbeit der Politiker mit ‚mangelhaft‘ oder ‚ungenügend‘ und erklären diese damit zu Sitzenbleibern. Mit einem Anteil von noch nicht einmal sechs Prozent fallen die Noten ‚sehr gut‘ oder ‚gut‘ äußerst spärlich aus“, berichtete der Politologe.

Angstindex weiterhin auf hohem Niveau

Der Angstindex – der Durchschnitt der abgefragten Sorgen – ist im Vergleich zu 2017 um einen Prozentpunkt gestiegen und bleibt mit 47 Prozent überdurchschnittlich hoch. Das untermauert ein Blick auf den Langzeitvergleich. 2018 überspringen zehn der abgefragten 21 Sorgen die 50-Prozent-Marke – deutlich mehr als in den meisten Studien zuvor. Die Ängste stimmen dabei überall in Deutschland weitestgehend überein. Es gibt jedoch auch unterschiedliche Einschätzungen, wie beispielsweise bei der Befürchtung, dass die große Zahl der Flüchtlinge die Bürger*innen und ihre Behörden überfordert (Nord 59 % / Süd 68 % – Ost 69 % / West 62 %). Ebenfalls größere Unterschiede zeigen sich bei den Ängsten vor überforderten Politiker*innen (Nord 58 % / Süd 64 % – Ost 67 % / West 60 %) und vor den Auswirkungen der Euro-Schuldenkrise (Nord 54 % / Süd 62 % – Ost 63 % / West 57 %). Wie in den vergangenen Jahren ist die Furcht vor Naturkatastrophen im Westen (57 %) größer als im Osten (52 %).

Weitere Ergebnisse im Überblick:

  • Wie 2017 sorgt sich mehr als die Hälfte der Befragten (52 %) darum, im Alter pflegebedürftig zu werden. Da politische Themen diese Angst überschatten, liegt sie allerdings nur auf Platz zehn im Ranking.
  • Obwohl die Lebensmittel- und Treibstoffpreise im vergangenen Jahr deutlich angezogen haben, fällt die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten mit 49 Prozent erstmals aus dem Ranking der Top 10. Bis 2010 lag diese Sorge vielfach unangefochten auf Platz eins.
  • Wirtschaftliche Sorgen spielen in diesem Jahr eine untergeordnete Rolle. Lediglich jeder vierte Deutsche fürchtet sich davor, den eigenen Job zu verlieren – so wenige wie nie zuvor. Auch die Angst vor womöglich steigenden Arbeitslosenzahlen in Deutschland ist mit 29 Prozent kaum höher. Und schließlich befürchten in diesem Jahr nur 39 Prozent der Befragten einen Abwärtstrend der Wirtschaft.
  • Einbruch, Diebstahl, Körperverletzung oder Betrug: In den eigenen vier Wänden bestohlen zu werden oder Betrügern in die Hände zu fallen, ist um ein Vielfaches wahrscheinlicher, als einen Terroranschlag zu erleben. Das spiegelt sich aber nicht in den Ängsten der Deutschen wider. Während die Terrorangst bei der Bevölkerungsmehrheit überdurchschnittlich groß ist, rangiert die Sorge, Opfer einer Straftat zu werden, mit 28 Prozent weit hinten in der Ängste-Skala.
  • Stark gesunken ist auch die Angst vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung. Nach einem Rückgang von elf Prozentpunkten liegt die Sorge jetzt bei 35 Prozent.
  • Die Langzeitbeobachtung zeigt: Frauen machen sich grundsätzlich mehr Sorgen als Männer – so auch 2018. So lösen beispielsweise Bedrohungen durch Terroristen bei Frauen größere Ängste aus (Frauen 64 %, Männer 54 %). Deutliche Unterschiede gibt es auch bei der Furcht vor Schadstoffen in Nahrungsmitteln (Frauen: 60 %, Männer: 49 %) und vor steigenden Lebenshaltungskosten (Frauen: 54 %, Männer: 43 %). Und schließlich sind auch Themen wie Krankheit (Frauen: 53 %, Männer: 41 %) und Pflegebedürftigkeit (Frauen: 57 %, Männer: 47 %) bei Frauen mit deutlich mehr Angst besetzt.

Seit 1992 befragt das R+V-Infocenter jährlich rund 2.400 Männer und Frauen im Alter ab 14 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland nach ihren größten politischen, wirtschaftlichen, persönlichen und ökologischen Sorgen. Die repräsentative Umfrage mit insgesamt 21 Fragen lief in diesem Jahr vom 8. Juni bis zum 18. Juli.

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