INFORMATION DER BUNDESREGIERUNG ÜBER FRAUEN IN FÜHRUNGSPOSTIONEN : Frauen in die Chefetagen: Reform des Führungspositionen-Gesetzes gefordert

12. Juni 2020 // Ulrike Günther

Frauen sind in Führungsriegen von Unternehmen selten zu finden. Zwar besetzen Frauen zu einem Drittel die Aufsichtsräte größerer Firmen, wo die Quote zu wirken scheint. In Vorständen beträgt ihr Anteil jedoch unter 8 Prozent, mehr als drei Viertel der Unternehmen sind rein männlich geführt. Das geht aus der Information der Bundesregierung über die Frauenanteile in Führungspositionen hervor. SPD, Grüne, Linke und Frauenverbände fordern daher eine auf mehr Firmen erweiterte Quote.

Frauen sind in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. - Bild: Pixabay / Ernesto Eslava
Frauen sind in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. - Bild: Pixabay / Ernesto Eslava

zwd Berlin. Die vom Bundeskabinett am Mittwoch (10. Juni) gebilligte Dritte und Vierte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauen- und Männeranteils an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes belegt, dass durch die 2015 für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen eingeführte feste Quote mehr Frauen in den Aufsichtsräten sitzen. Demnach stieg der Anteil weiblicher Aufsichtsrät*Innen zwischen 2015 und 2017 von 25 Prozent auf 32,5 Prozent. 2020 machen sie sogar bereits über 35 Prozent der Mitglieder in dem Kontrollgremium aus. In Firmen, die nicht von der Quotenregelung betroffen sind, liegt der Frauenanteil in Aufsichtsräten aber immer noch bei unter 20 Prozent.

Anders sieht laut Bericht der Bundesregierung die Entwicklung in den Vorständen der bundesdeutschen Firmen aus. Hier bilden weibliche Chef*innen deutlich eine Minderheit. Von 2015 bis 2017 erhöhte sich der Frauenanteil nur um 1,4 auf 7,7 Prozent. Rund 80 Prozent der Firmen haben rein männliche Vorstände. Von den Unternehmen, die Zielgrößen für die Frauenrate in ihren Vorständen angeben, setzten mehr als zwei Drittel (ca. 70 Prozent) diesen Wert auf Null, d.h. sie streben von vornherein eine allein von Männern bestimmte Firmenleitung an.

Giffey: Gemischte Teams treffen bessere Entscheidungen

Die Zahlen zeigten erneut „das seit Jahren bekannte Dilemma“, beklagte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) die geringen Zuwächse beim Frauenanteil in Führungspositionen in Unternehmen. „Mit Freiwilligkeit kommen wir einfach nicht weiter, ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts.“ Daher drängt die Ministerin auf die seit längerem geplante Reform des Führungspositionen-Gesetzes (FüPoG). Giffey kritisierte das Missverhältnis zwischen der wichtigen Rolle, die Frauen z.B. während der Corona-Krise in den sozialen Berufen spielen, und ihrem verschwindend geringen Anteil in den Leitungsämtern.

Die Familienministerin betonte, dass gemischte, also aus Frauen und Männern gebildete Führungsteams „die besten Entscheidungen treffen“, das hätten zahlreiche Studien erwiesen. Gerade in Krisensituationen würde sich dieses Modell der Unternehmensleitung bewähren und wirtschaftlichen Erfolg fördern, anstatt belastend zu wirken. Darüber hinaus seien sowohl männlich als auch weiblich besetzte Vorstände Ausdruck einer modernen Firmenkultur, erklärte die Ministerin.

SPD unterstützt Reform des Führungspositionen-Gesetzes

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht wertet die Steigerung des Frauenanteils bei Unternehmen, die unter die festgelegte Quote fallen, als einen Erfolg. Wie Giffey setzt sie sich dafür ein, dass die Quotenregelung flächendeckend für Aufsichtsräte in allen paritätisch mitbestimmten Firmen gelten soll. Außerdem müsste nach Ansicht von Lambrecht in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern wenigstens eine Frau zum Leitungsgremium gehören. Auch für den frauenpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Sönke Rix wird aus den von der Koalitionsregierung präsentierten Zahlen ersichtlich, „wie wichtig verbindliche Vorgaben sind“. Daher unterstütze seine Fraktion das Vorhaben der Familien- und Justizministerinnen.

Schon im Februar hatten Giffey und Lambrecht einen gemeinsamen Referentenentwurf zur Reform des FüPoG vorgelegt, der über die genannten Änderungsvorschläge hinaus eine Pflicht für Unternehmen vorsieht, eine festgelegte Zielgröße Null für den Vorstand, die beiden darunterliegenden Führungsebenen sowie den Aufsichtsrat zu begründen und die Sanktionen im Falle verletzter Berichtspflichten hinsichtlich der flexiblen, d.h. über selbstgesetzte Zielvorgaben geregelten Quote zu verschärfen.

Frauenunion fordert strengere Sanktionen für Unternehmen

In den Führungsetagen der obersten Bundesbehörden stellten gemäß dem Bericht, der Daten aus dem Gleichstellungsindex 2019 (zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete) referiert, Frauen im Jahr 2018 gut ein Drittel (34 Prozent) der Vorgesetzen und mit Leitungsaufgaben betrauten Beschäftigten. Im höheren Dienst waren im selben Jahr 45 Prozent Frauen tätig, ein Prozent weniger als im Vorjahr. In vom Bund mit drei oder mehr Sitzen besetzten Aufsichtsgremien sollte gemäß dem 2018 geänderten Gremienbesetzungsgesetzt die Hälfte der Mitglieder weiblich sein. In den bundesweit 239 Aufsichtskomitees dieser Art lag dem Bericht der Koalitionsregierung zufolge der Frauenanteil 2018 bei 45,5 Prozent.

Die Vorsitzende der Frauenunion Annette Widmann-Mauz (CDU) nannte es „inakzeptabel“, dass rund 78 Prozent der vom FüPoG betroffenen Unternehmen keine Zielvorgaben setzten oder die Zielgröße Null wählten. Die Frauenunion fordert daher strengere Sanktionen für Unternehmen, welche keine Zielvorgaben melden oder die Zielgröße Null nicht begründen. Zudem will die Frauenunion das FüPoG auf wesentlich vom Bund mitbestimmte Firmen sowie auf Bundesebene agierende Körperschaften des öffentlichen Rechts erweitern.

Grüne und Linke: Quotengesetz ist zu schwach

Grüne und Linke hingegen beanstandeten die zu schwachen Effekte des FüPoG. Die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Ulle Schauws bezeichnete das Quotengesetz mit Blick auf die geringe Zunahme des Frauenanteils in Vorständen von Unternehmen als „reine Nullnummer“. In Aufsichtsräten hätte die Regelung zwar einen Anstieg um ca. 7 Prozent bewirkt. Allerdings seien davon bundesweit bisher insgesamt nur 107 Firmen betroffen. Schauws zitierte eine Studie der Allbright-Stiftung, wonach in den großen bundesdeutschen Familienunternehmen die Frauenrate in Führungspositionen mit unter 7 Prozent noch niedriger sei als bei den börsennotierten Firmen.

Es sei „unverständlich und inakzeptabel, dass das Potential der Frauen auf dem Arbeitsmarkt brachliegt“, hob die Grünen-Sprecherin hervor. Deshalb solle man die Quote ausweiten. Die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Doris Achelwilm hält ebenfalls eine Reform des FüpoG für „überfällig“. An dem Reformvorhaben der Ministerinnen Giffey und Lambrecht moniert sie allerdings, es lasse „enorme Lücken“ erkennen. Die Quoten für Aufsichtsräte auf alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen zu erweitern, sei „kein großer Wurf“, unterstrich Achelwilm. Eine Frau pro Vorstand entspreche keiner verhältnismäßigen Quote. Reine Männer-Vorstände seien unannehmbar. Daher verlangte Achelwilm, dass die von vielen Firmen bisher festgelegte Zielvorgabe Null nicht zulässig sein und demgemäß sanktioniert werden sollte.

Frauenverbände: Potenzial von Frauen entfaltet sich nur mit Quote

Auch der Deutsche Frauenrat (DF) forderte, zugunsten einer gleichberechtigten Teilhabe der Geschlechter die feste Quote von Aufsichtsräten auf Vorstände und die beiden darunter liegenden Führungsebenen in sämtlichen Unternehmenrechtsformen auszudehnen. „Nur so kann sich das volle Potenzial von Frauen gerade auch unter erschwerten Corona-Bedingungen entfalten“, erklärte die DF-Vorsitzende Mona Küppers. Die geplante Neuregelung des FüPoG sei durchaus machbar und müsse so schnell wie möglich umgesetzt werden. Ähnlich äußerte sich die Bundesfrauenvertretung des Beamtenbundes dbb. „Die aktuelle Krise macht auf erschreckende Weise deutlich, wie wichtig Diversität in Führungsgremien ist“, sagte die Vorsitzende Helene Wildfeuer. Ihrer Auffassung nach ist die „Blockadehaltung“ gegen die Reform des FüPoG aufzugeben, damit sich in Unternehmen eine „gleichstellungsorientierte Führungskultur“ verbreiten könne.

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