FIDAR-FORUM GLEICHSTELLUNG : Frauen in Führungspositionen: Giffey wirbt für parteiüber-greifendes Bündnis

9. September 2020 // Ulrike Günther

Ein Drittel Frauen in Aufsichtsräten größerer Unternehmen, doch nur 8 Prozent in Vorständen bundesdeutscher Firmen: Die SPD-geführten Bundesministerien, Frauenverbände und Parlamentarierinnen aller Fraktionen streben eine Reform des Führungspositionen-Gesetzes an. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat auf dem Forum des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte zu einer parteiübergreifenden Zusammenarbeit aufgerufen, um dem Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen die Widerstände weiter Teile der Union zum Erfolg zu verhelfen.

Frauenverbände und Politikerinnen setzen sich für Frauen in Führungsetagen ein. - Bild: Pixabay / helpsg
Frauenverbände und Politikerinnen setzen sich für Frauen in Führungsetagen ein. - Bild: Pixabay / helpsg

zwd Berlin. Die Familienministerin betonte, dass es für eine auf Gleichstellung ausgerichtete Politik entscheidend sei, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Um das zu erreichen, müssten Frauen und Gleichgesinnte unterschiedlicher politischer Parteien zusammenarbeiten. Giffey hielt die Hauptrede auf der Veranstaltung des Vereins Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR) im Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) mit dem Thema „Gleichstellung in Zeiten der Krise in Deutschland und Europa“.

Die FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow hatte zuvor in einer einleitenden Bemerkung die Bedeutung der sog. Berliner Erklärung für das Quotengesetz herausgestellt und die Forderungen des aus 17 Frauenverbänden zusammengesetzten Bündnisses nach gleicher Teilhabe, Bezahlung und transparenter Gleichstellungspolitik bekräftigt. Von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erwartet FidAR, dass die Bundesrepublik eine EU-Richtlinie zu Quoten für die Besetzung von Aufsichtsräten aus dem Jahr 2012 unterzeichnet

Von der Leyen: Gleichstellung als Antriebskraft für Gesellschaft in Europa

In einer Videobotschaft hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (EPP) die wichtige Rolle hervorgehoben, welche ein „breites, gesellschaftliches Bündnis“ für die Durchsetzung der Frauenquote in den Aufsichtsräten größerer börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen gespielt habe. Gleichstellung sei „ein wichtiger Motor unserer europäischen Gesellschaften“, erklärte von der Leyen vor dem Hintergrund, dass die Bundesrepublik das Thema zu einem Schwerpunkt ihrer EU-Ratspräsidentschaft gewählt hat.

Die Kommissionspräsidentin begrüßte die für alle Ressorts verbindliche Gleichstellungsstrategie von Familienministerin Giffey, welche auch unterstützend auf die europäischen Gleichstellungsziele wirke. Von der Leyen signalisierte, dass sie die Arbeit an dem Entwurf zur Änderung es FüPoG befürwortet, welche die Dynamik hin zu mehr Verantwortung von Frauen in der Wirtschaft beschleunigen werde. Sie unterstrich das Erfordernis, Frauen in Führungsriegen zu bringen, um „bessere Ergebnisse“ in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu erzielen.

Giffey: Vorgaben anstatt Empfehlungen zu Frauen in Führungsetagen

Laut Familienministerin Giffey hat die Evaluation des FüPoG von 2015 gezeigt, dass sich die Frauenanteile in den Chefetagen der Unternehmen nur durch „gesetzliche Verpflichtungen“ erhöhen lassen. Daher plädierte sie erneut dafür, eindeutige Vorgaben an die Stelle „unverbindlicher Empfehlungen“ zu setzen, wie sie der im Februar von ihr und Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgelegte Referentenentwurf zur Novellierung des Führungspositionen-Gesetzes ( FüPoG) vorsieht.

Aus dem aktuellen, von der FidAR-Präsidentin Schulz-Strelow auf dem Forum vorgestellten Women-on-Board-Index geht u.a. hervor, dass bislang etwa 89 Prozent der Vorstände von Firmen rein männlich besetzt sind. Der im Juni veröffentlichten Jährlichen Information der Bundesregierung über Frauenanteile in Führungspositionen (zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete) zufolge sind Frauen in den unter die Quote fallenden Unternehmen zu ca. 35 Prozent in Aufsichtsräten vertreten, in den anderen Firmen lediglich zu rund einem Fünftel. 70 Prozent der Firmen setzen sich die Zielgröße Null, d.h. wollen in ihrem Vorstand nur Männer dulden.

Arbeitsgruppe soll noch im September über Reform des FüPoG beraten

Frauen verfügten über mindestens gleichwertige Qualifikationen, verteidigte Giffey das Gesetzesvorhaben, welches Firmen mit Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern verpflichten will, mindestens eine Frau in das Gremium aufzunehmen, sobald eine entsprechende Position frei wird. Es könne nicht sein, „dass von 100 Vorständen 8 Frauen sind“ beklagte die Ministerin die gängige Praxis von Firmen, die Führungspositionen einheitlich mit Männern zu besetzen. Giffey wehrte sich gegen den Vorwurf von Unionspolitiker*innen, die Forderungen aus dem Gesetzentwurf stellten insbesondere in der Corona-Krise einen „unzulässigen Eingriff in die operative Wirtschaftskraft“ der Unternehmen dar.

Obwohl der Erfolg des Gesetzesvorhabens nach Giffeys Angaben ungewiss ist, seitdem alle unionsgeleiteten Ministerien in der Ressortabstimmung den Entwurf zurückgewiesen haben, zeigte sich die Familienministerin entschlossen, noch in der laufenden Legislatur die geplante Reform auf den Weg zu bringen. Die vom Koalitionsausschuss nach der Vereinbarung vom 25. August eingerichtete Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen von Koalitionsparteien, -fraktionen und der Regierung werde bereits im September tagen und müsse nach Aussagen von Giffey noch im selben Monat eine Einigung erzielen, damit der Entwurf für ein geändertes FüPoG rechtzeitig ein gesetzgebendes Verfahren durchlaufen könne.

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