ZWD-ANALYSE : Frauenpolitischer Beschluss der Liberalen eher halbherzig

23. Mai 2019 // Julia Trippo

Geht es um frauen- und gleichstellungspolitische Anliegen, hat die FDP bisher eher weniger mit radikalen Forderungen oder Initiativen auf sich aufmerksam gemacht. Dies könnte sich nun ändern. Im Rahmen ihres 70. Bundesparteitages in Berlin verabschiedeten die Delegierten einen Beschluss zur Frauenförderung „Freiheit durch Emanzipation – Liberale Agenda für Selbstbestimmung und Vielfalt“. zwd-Redaktionsmitglied Julia Trippo hat den Beschluss kritisch durchgesehen.

Auf dem Bundesparteitag der FDP: Katja Suding, MdB und stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Linda Teutenberg, MdB und FDP-Generalsekretärin und Nicola Beer, MdB und Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2019, Bild: fdp.de
Auf dem Bundesparteitag der FDP: Katja Suding, MdB und stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Linda Teutenberg, MdB und FDP-Generalsekretärin und Nicola Beer, MdB und Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl 2019, Bild: fdp.de

zwd Berlin. Sie haben sich viel vorgenommen: Die Freien Demokrat*innen wollen weltbeste, chancengleiche Bildung, mehr Frauen in Führungspositionen, eine Reduzierung des Gender Pay Gaps, die Aufwertung von Sorgearbeit, die Flexibilisierung von Arbeit und ein ganzheitliches Diversity Management im Arbeitsleben, die Stärkung von Gründerinnen und die Reduzierung der Besteuerung von Damenhygieneprodukte (Tampon Tax). Denn die Agenda der Liberalen soll den nächste Schritt in Richtung Gleichberechtigung gehen, heißt es in dem vom Parteitag beschlossenen Antrag.

Aus frauenpolitischer Sicht mangelt es aber oft an konkreten Maßnahmen. Um beispielsweise die geschlechtsspezifische Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen, fordern die freien Demokrat*innen lediglich, dass die Unternehmen, die bereits vom Entgelttransparenzgesetz betroffen sind (mit mehr als 500 Beschäftigten), in ihren Gleichstellungsberichten den unternehmensinternen Gender Pay Gap mit anzugeben und durchschnittliche sowie mittlere Verdienstunterschiede und zudem der prozentuale Anteil von Frauen und Männern in den jeweiligen Gehaltsgruppen angegeben wird. Dadurch wird die politische Forderung von Lohngleichheit wohl kaum Realität werden.

Ähnliche vage verhält es sich bei dem Thema der Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen. Neben Forderungen wie die Verstärkung des „Jobsharing“-Modells und weiterer Kennzahlen in den Gleichstellungsberichten der Unternehmen setzen sich die Liberalen dafür ein, dass Unternehmen eine Selbstverpflichtung zu dem Frauenanteil in der Unternehmensführung und Vorstandsebene eingehen.

Ihre Forderungen zu mehr Diversity Management richtet die FDP vor allem an den öffentlichen Dienst. Demnach soll dieser als Arbeitgeber*in besondere Anstrengungen für ein gleichberechtigtes Arbeiten von Frauen und Männern unternehmen. So wird der öffentlichen Dienst in die Pflicht genommen, ohne dabei die ungleiche Arbeitssituation von Männern und Frauen als Gesamtproblem des Arbeitsmarktes und der Gesellschaftsstruktur zu erkennen. Auffällig an dem Beschluss ist, dass dem öffentlichen Dienst in vielen Themenbereichen viel Verantwortung für seine „Vorbildfunktion“ gegeben wird (Partizipation von Frauen in betrieblicher Weiterbildung, Flexibilisierung von Arbeit durch mehr Zeitsouveränität und eine neue Präsenzkultur, Ganzheitliches Diversity Management im Arbeitsleben, gleichberechtigtes Arbeiten von Frauen und Männern, Frauen in Führungspositionen und Jobsharing auf Leitungsebenen).

Sehr konkret wurde der Beschluss zu Maßnahmen für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Demnach fordern die Liberalen, die Aufteilung der Familienarbeit gleichmäßiger zu gestalten, indem Modelle wie Partnermonate, Partnerschutz und Eltern-Kind-Zimmer in Unternehmen umgesetzt werden sollen. Auch sind vermehrte geschlechtsspezifischen Forderungen zur Digitalisierung und Start-Up Gründungen sowie finanzielle oder steuerliche Vorschläge zu finden - einige der Kernthemen der Liberalen.

Insgesamt ist die Liberale Agenda zur Emanzipation lobenswert, aber die Forderungen und Maßnahmen zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter schlichtweg zu wenig.


In der aktuellen Ausgabe 369 des zwd-POLITIKMAGAZINs berichteten wir außerdem zu dem auf dem FDP-Parteitag angenommenen Beschluss „Eine Partei für die offene Gesellschaft: vielfältig, innovativ und engagiert", in dem die FDP sich gegen eine Frauenquote ausspricht, aber für „Zielvereinbarungen" für mehr Frauen in FDP-Ämtern zwischen Bundesverband und Landesverbänden der Partei, also eine „Frauenquote light".

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