SEXUELLE GEWALT IN KONFLIKTEN : Friedensstatue darf bis auf weiteres bleiben

13. Oktober 2020 // Ulrike Günther

Sie soll an die Opfer von sexueller Gewalt in Kriegen und das Schicksal der „Trostfrauen“ erinnern, die Statue eines sitzenden koreanischen Mädchens in Berlin-Mitte. Erst vom Bezirksamt genehmigt, sollte das Mahnmal auf Druck der japanischen Regierung wieder entfernt werden. Nun hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Bündnisses für die Friedensstatue Aufschub gewährt.

Die Statue soll an die von Frauen in Kriegen erlittene Gewalt erinnern. - Wikimedia.org / SagaEremit
Die Statue soll an die von Frauen in Kriegen erlittene Gewalt erinnern. - Wikimedia.org / SagaEremit

zwd Berlin. Die vor zwei Wochen eingeweihte Bronzestatue darf vorerst am Ort verbleiben, nachdem der Korea Verband beim Verwaltungsgericht einstweiligen Rechtsschutz beantragt hatte. Laut dpa teilte das Bezirksamt Mitte am Dienstagabend (13. Oktober) mit, die zum Abräumen des Denkmals gesetzte Frist bis zum 14. Oktober sei hinfällig, das Bezirksamt werde die grundlegende Einschätzung des Verwaltungsgerichtes abwarten.

Noch am Nachmittag hatten Vertreter*innen des Bündnisses und des Korea Verbandes für den Erhalt des von dem Künstlerpaar Kim Eun-sung und Kim Seo-kyung geschaffenen Bildwerkes demonstriert. Die Statue soll an die in Kriegen verübte sexuelle Gewalt erinnern und an die als „Trostfrauen“ im Asien-Pazifik-Krieg (1931-1945) von der japanischen Armee verschleppten und zwangsweise prostituierten rund 200.000 Mädchen und Frauen aus Korea, doch auch China, Indonesien und anderen von der Kriegsmacht Japan unterworfenen Gebieten aufmerksam machen.

Grüner Bezirksbürgermeister strebt Kompromiss an

Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte Stephan von Dassel (Bündnis 90/Die Grünen), der in einem Schreiben vom 07. Oktober die zuvor erteilte Erlaubnis zum Aufstellen der Statue auf Betreiben der japanischen Regierung wieder rückgängig gemacht und die Beseitigung des Denkmals gefordert hatte, zeigte sich anlässlich der Entscheidung des Gerichtes versöhnlicher. Man werde „die Zeit nutzen, um unsere eigenen sowie die Argumente aller beteiligten Akteurinnen und Akteure in diesem komplexen Disput erneut gründlich abzuwägen“, erklärte von Dassel gegenüber der dpa.

Der Bürgermeister ist nach eigenen Angaben an einem „Kompromissvorschlag“ interessiert, der sowohl dem Anliegen des Korea Verbandes als auch den vonseiten Japans angemeldeten Einwänden gerecht wird. Von Dassel würde es begrüßen, „das Mahnmal so zu gestalten, dass alle Beteiligten damit leben können“. In der Begründung des Widerrufs hieß es, der Bezirk könne in einem politisch und historisch belasteten Konflikt nicht Partei ergreifen. Die japanische Regierung hatte Kontakt mit dem bundesdeutschen Außenministerium aufgenommen und auf Entfernen der Statue gedrängt, andernfalls damit gedroht, bewährte Städtepartnerschaften abzubrechen.

SPD-Kreisverband fordert öffentliche Diskussion

Kritik am Vorgehen des grünen Bezirksvorstehers gab es vonseiten der SPD, aber auch aus den eigenen Reihen. Die Grünen-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung verlangte von der Verwaltung, den Widerruf zurückzunehmen. Indem das Bezirksamt die einmal erteilte Genehmigung revidiere, stelle es sich der Grünen-Sprecherin Laura Neugebauer zufolge „gegen die Opfer von sexueller Gewalt im ostasiatischen Raum und befördert die Geschichtsbetrachtung der damaligen Kolonial- und Besatzungsmacht Japan“.

Schon am Montag hatte der SPD-Kreisverband nach Angaben der Tageszeitung taz die Bezirksverwaltung aufgerufen, eine öffentliche Diskussion über den Verbleib der Friedensstatue zu veranstalten. Aus Sicht des Co-Kreisvorsitzenden Yannick Haan ist das Mahnmal ein „wichtiger Beitrag gegen sexualisierte Kriegsgewalt gegen Frauen“. Die Zivilgesellschaft solle an der Aufarbeitung von Geschichte teilhaben können, der Widerruf müsse aufgehoben werden.

Offener Brief des Bündnisses für die Friedensstatue

Die AG Trostfrauen und das Bündnis für die Friedensstatue setzen sich nach eigenen Aussagen für Geschlechtergerechtigkeit und das völkerrechtliche Verurteilen von sexueller Gewalt in kriegerischen Konflikten ein. In einem offenen Brief haben sie an den Bezirksausschuss appelliert, das Denkmal in Berlin-Mitte zu erhalten. Bis jetzt haben über 1.940 Personen das Schreiben unterzeichnet, welches unter dem folgenden Link https://trostfrauen.de/offener-brief-friedensstatu... nachzulesen ist. Das zwd-POLITIKMAGAZIN unterstützt die Aktion. Jede weitere, bis zum 14. Oktober eingegangene Unterschrift zählt bei der Übergabe an die Bezirksverwaltung mit.

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