KOMMENTAR von Dr. Joachim Lohmann : Gesellschaftliche und kulturelle Integration als Antwort auf Rechtsextremismus und Islamismus

3. März 2021 // Redaktion

Zu der von zwd-Chefredakteurin Hilda Lührig-Nockemann angestoßenen zwd-Debatte "Wie immunisieren wir Schülerinnen und Schüler gegen die Übernahme radikal-islamistischen Lehren?" hat der Bildungsexperte Dr. Joachim Lohmann (Kiel) einen Kommentar geschrieben. Seine These: Nicht der Islamismus, sondern der Rechtsextremismus stellen die größte extremistische Gefahr für Deutschland dar.

(zwd) Kiel. Die größte extremistische Gefahr in Deutschland ist zumindest sein einiger Zeit nicht der Islamismus, sondern der Rechtsextremismus; dennoch bleibt der Islamismus eine latente Bedrohung, er dämmert, kann aber besonders durch den Rechtsextremismus immer wieder zu Taten aufgestachelt werden. Die zentrale Herausforderung für Deutschland ist es, die Migrant*innen zu integrieren und uns für deren Kulturen und Religionen zu öffnen, um so gesellschaftliche und kulturelle Spaltkräfte zu überwinden.

Islamistische Konflikte drohen zumindest längerfristig aus sozioökonomischen und soziokulturellen Gründen.

  • Sozioökonomisch sollte der extrem niedere soziale Status von Migranten, die Segregation beim Wohnen und vor allem in der Bildung alarmieren.
    • Bedrohlich ist sowohl der im Ländervergleich besonders niedrige soziale Status der Migranten als auch die äußerst geringe soziale Mobilität in Deutschland, die den niederen Status der Zugewanderten versteinert.
    • Beunruhigend ist auch die soziale und vor allem ethnische Entmischung der Siedlungsstruktur, die im Ausland mehrfach zu Revolten geführt hat.
    • Besonders bedenklich ist die ethnisch-soziale Selektivität des Bildungswesens. – sowohl in der Allgemeinbildung als auch in der privatisierten deutschen Berufsausbildung.
  • Soziokulturell schlagen die Ängste vor ökonomischem und kulturellem Wandel um in Ausländerfeindlichkeit, Islamophobie und Antisemitismus.

Aufgabe sollte es sein, der Mehrheitsgesellschaft angesichts der Globalisierung und der technischen, ökonomischen und kulturellen Beschleunigung die Ängste vor dem Wandel, vor dem Einfluss anderer Kulturen und Religionen zu nehmen und andererseits den Migranten zu vermitteln, dass sie, die kulturellen Leistungen ihrer Herkunftsländer und ihre Religionen in Deutschland willkommen sind.

Angesichts des Islamismus und vor allem Rechtsextremismus sind fast alle Politikbereiche gefordert.

Wie häufig sind die Blicke vor allem auf die Bildungspolitik gerichtet, von der Wunder erwartet werden. Zugleich will man bzw. wagt man nicht, die Privilegierung innerhalb Bildungssystem aufzugeben, obwohl gerade sie am stärksten die Gesellschaft sozial und ethnisch spaltet.

Kurzfristig verbleiben daher nur innerschulische Maßnahmen. Am wichtigsten sind:

  • noch stärker den deutsch- wie europäisch-orientierten Geschichts-, Kultur- und Religionskanon zu überwinden und die Leistung auch anderer Kulturen und Religionen zu würdigen,
  • den konfessionellen Religionsunterricht zu überwinden, der in der Vergangenheit am stärksten Vorurteile gegenüber anderen Konfessionen und Religionen vermittelt hat.

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