ALTERNATIVBERICHT ZUR UMSETZUNG IN DEUTSCHLAND : Gewaltschutzstrategie des Bundes setzt Istanbulkonvention nicht ausreichend um

20. November 2025 // ticker/ig

Das Bündnis Istanbul-Konvention (BIK) sieht weiterhin in Deutschland massive Lücken beim Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. In seinem Alternativbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland bemängelt das BIK das Fehlen einer klaren Verbindlichkeit bei den bundesweiten Maßnahmen; denen attestiert das Bündnis, sie seien fragmentiert und unverbindlich.

Der Alternativbericht des Bündnisses Istanbul Konvention (BIK), der in einem fast einjährigen Prozess unter Einbezug von Fachstellen, Selbstorganisationen und Betroffenenperspektiven erarbeitet wurde, beleuchtet diese Versäumnisse detailliert und zeigt den akuten Handlungsbedarf auf. Er wurde am (heutigen) Donnerstag vorgestellt und wird nun GREVIO, dem unabhängigen Expert*innengremium des Europarats, zugeleitet

In seinem Bericht prangertdas BIK die Gewalt gegen Frauen, Mädchen und TIN*-Personen als eine massive Verletzung der Menschenrechte an. Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention habe sich die Bundesregierung verpflichtet, wirksamen Schutz zu gewährleisten und Gewalt systematisch abzubauen. Doch die Realität zeige ein anderes Bild: Während die Gewalt gegen Frauen zunehme, blieben vor allem intersektionale Defizite und Schutzlücken nicht ausreichend berücksichtigt. Bereits 2022 hatte GREVIO nach Angaben des Bündnisses erhebliche Mängel aufgezeigt.

Die vorgelegte Gewaltschutzstrategie der Bundesregierung erwähnt nach Angaben von BIK zwar intersektionale Perspektiven, wende sie aber nicht grundlegend als Konzept an. Nach den Worten des Bündnisrats-Mtgliedes Dr. Delal Atmaca haben vulnerable Gruppen, darunter Frauen mit Behinderungen, Geflüchtete, wohnungs- und obdachlose Frauen, Sintizze und Romnja sowie trans, inter und queere Personen,aufgrund von institutionellen Hürden, diskriminierenden Praktiken und fehlenden Ressourcen kaum oder nur sehr erschwerten Zugang zum Hilfesystem. Es brauche einen grundlegenden Paradigmenwechsel von Leuchtturm-, Pilot- und Modellprojekten hin zu flächendeckenden, nachhaltig finanzierten und diskriminierungsfreien Strukturen im Gewaltschutz, welche die gewonnenen Erkenntnisse aufgreifen und umsetzen. Das Bündnisrats-Mitglied Katja Grieger betonte ergänzend: “Es ist völlig unhaltbar, dass es immer noch strukturelle Defizite in der Finanzierung der gesamten Arbeit gegen geschlechtsspezifische Gewalt gibt." Grieger bemängelte, dass auf der Bundesebene die Berichterstattungsstelle zur Istanbul-Konvention entgegen der Forderung der Konvention bisher nicht abgesichert sei: "Wenn wir Pech haben, ist sie ab 2027 einfach weg.”

Rechte Gewalt verschärft das Klima

Das Bündnis warnt ausdrücklich davor, dass Antifeminismus, Rechtspopulismus und Kürzungen im sozialen Bereich den Schutz von Gewaltbetroffenen gefährdeten. Besonders restriktive migrationspolitische Maßnahmen, wie die geplante Umsetzung der GEAS-Reform, drohten den Zugang zum Hilfesystem für geflüchtete und migrierte Gewaltbetroffene weiter einzuschränken.

Info zum Bündnis

Das Bündnis Istanbul-Konvention setzt sich aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Expert*innen und Fachverbänden zusammen, die für den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt arbeiten und sich für die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland einsetzen. Der Alternativbericht wurde in einem partizipativen Prozess unter Einbezug von Betroffenenperspektiven erarbeitet. Kernforderungen finden sich hier. Alle Informationen zum BIK sind auf der Webseite des Bündnisses zu finden: www.buendnis-istanbul-konvention.de.

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