SITZUNG KMK UND RAHMENPLAN [UPDATE] : Gewerkschaften: KMK soll Ratschlägen der Forschung folgen

20. Oktober 2020 // Ulrike Günther

Gewerkschaften, Eltern und Lehrerverband kritisieren den Umgang der Kultusministerkonferenz mit der Corona-Krise an Schulen. Sie bemängeln, dass einheitliche, an das Infektionsgeschehen angepasste Regelungen fehlen, und fordern, den Gesundheitsschutz an den Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes auszurichten. Die Handreichung zum Lüften sehen GEW und VBE nur als Ergänzung zu Hygienemaßnahmen.

Bisher haben sich die Länder nicht auf einheitliche Schutzregeln geeinigt.  -  Bild: Pixabay / Wokandapix
Bisher haben sich die Länder nicht auf einheitliche Schutzregeln geeinigt. - Bild: Pixabay / Wokandapix

zwd Berlin. In einer gemeinsamen Stellungnahme vom Dienstag (20. Oktober)haben die Erziehungsgewerkschaft GEW, der Bundeselternrat (BER) und der Verband Bildung und Erziehung kritisiert, dass der Stufenplan im Rahmenkonzept der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Gesundheitsvorsorge an Schulen die dort beschriebenen Maßnahmen nicht eindeutigen Inzidenzwerten zuordnet. Das aktuelle Infektionsgeschehen mit täglich steigenden Ansteckungszahlen lässt die Verbände das immer dringlicher werdende Erfordernis erkennen, das Wirksamwerden der Stufen verbindlich auf die vom Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlenen Richtwerte festzulegen.

Schon am 12. Oktober hatte das RKI eine Reihe von Hygiene- und Vorsorgemaßnahmen von der Höhe der Anzahl von innerhalb einer Woche auftretenden Corona-Fällen pro 100.000 Einwohner*innen abhängig gemacht. Mehr als 35 bzw. 50 Infektionen gelten dem RKI als Schwellenwerte, die jeweils stärkere Einschränkungen nach sich ziehen sollten. Wie eine Anfrage der ARD vom 19. Oktober ergeben hat, orientieren viele Länder ihre Regelungen nicht an der Entwicklung der Ansteckungsraten.

Eltern und Gewerkschaften: Vorgaben an Ratschlägen des RKI orientieren

Das u.a. auf Betreiben der drei Verbände durch den Stufenplan ergänzte Rahmenkonzept erfülle in dieser Form seinen Zweck nicht, die Länder bei der Entscheidung über die zu veranlassenden Schritte zum Schutz vor Übertragung zu unterstützen, kritisierte die Vorsitzende der GEW Marlis Tepe. „Ohne die Zuordnung der unterschiedlichen Szenarien zu Grenzwerten, wie wir es seit Monaten einfordern, verfehlt der Rahmen seinen Sinn.“

Konkrete Vorschriften würden einerseits rücksichtslosem Verhalten entgegenwirken, andererseits Ländern mit geringen Infektionsraten mehr Freiraum gewähren. Wie Tepe forderten auch die Verbandschefs von VBE und BER Udo Beckmann und Stephan Wassmuth die KMK auf, den Ratschlägen des RKI zu folgen, um bestmöglichen Gesundheitsschutz für alle Schüler*innen und Lehrkräfte sicherzustellen.

Lehrerverband fordert Richtlinien für Krisenverhalten an Schulen

Zuvor hatte der Vorsitzende des Lehrerverbandes Heinz-Peter-Meidinger schon eindeutige Richtlinien verlangt, die zeigen, „was in den Schulen ab einer bestimmten Zahl von Infektionen in einer Region passiert“. Gegenüber der Zeitung Die Welt (16. Oktober) sagte er, Schulen seien zwar keine Infektionsherde, dennoch fänden immer häufiger Übertragungen im Umkreis der Schule statt. Es habe keinen Sinn zu ignorieren, dass „Schüler (…) sich ja auch privat (treffen) und die Infektion in die Schule“ tragen.

Laut der Nachrichtenagentur dts hatte die KMK bei einer zweitägigen Video-Konferenz keine Einigung in der Frage erzielt, ob man die in einigen Bundesländern nach den Empfehlungen des RKI eingeführten Grenzwerte, bei deren Erreichen zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen seien, auch in Schulen anwenden sollte.

Von der Ergebnissen der KMK-Sitzung waren GEW und VBE insgesamt enttäuscht. „Die KMK hat nichts Neues entwickelt“, hatte GEW-Chefin Tepe moniert. Der „Flickenteppich“ der verschiedenen, in den einzelnen Ländern geltenden Regelungen bleibe. Schulen würden verunsichert, uneinheitliche Lösungen“ seien die Folge. Auch der VBE-Vorsitzende hatte angesichts der aktuellen Infektionszahlen ernüchtert reagiert und die „sehr unterschiedlich(en)“ Lösungen der Länder beklagt.

GEW und VBE: Lüften nur als Ergänzung zur AHA-Regel

Wie die GEW-Chefin Tepe hatte Beckmann zwar die vom Umweltbundesamt (UBA) zur Sitzung vorgelegte Handreichung zum „Lüften in Schulen“ begrüßt, jedoch zu bedenken gegeben, dass zu öffnende Fenster und akzeptable Wetterverhältnisse die Voraussetzung für ein sinnvolles Durchlüften der Klassenräume seien. Aus seiner Sicht werde es schwierig sein, „Schülerinnen und Schüler davon zu überzeugen, dass die Fenster bei stürmischem und nasskaltem Regenwetter geöffnet werden müssen“.Die Vorsitzenden von GEW und VBE waren beide der Auffassung, dass das Lüften nur eine ergänzende Maßnahme darstellen dürfe.

Wesentlich sei es, die Hygieneregeln und das Abstandsgebot einzuhalten, betonte Tepe. Beckmann wies darauf hin, dass sich durch die Durchlüftung der Klassenzimmer nach Ansichten von Expert*innen lediglich die Gefahr einer indirekten Ansteckung reduzieren lasse. Die sogenannte AHA-Regel (Abstand – Hygiene – Alltagsmaske) sei daher unverzichtbar. Gerade bei den derzeit steigenden Erkrankungszahlen müsse „der Gesundheitsschutz von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften höchste Priorität haben“, erklärte der VBE-Vorsitzende. Sowohl Tepe als auch Beckmann befürworteten, dass die KMK dem Vorschlag einiger Unionspolitiker*innen, die Winterferien wegen der Krise zu verlängern, nicht zugestimmt hat.

UBA: Mobile Luftreiniger als Corona-Schutz nicht immer zuverlässig

Die Präsidentin der KMK Stefanie Hubig (SPD) hatte anlässlich der Vorstellung der Handreichung bei der KMK-Sitzung deren Nutzen hervorgehoben: „Mit fachgerechtem Lüften leisten wir einen entscheidenden und wirksamen Beitrag zur Reduzierung des Infektionsrisikos durch virushaltige Aerosole in Schulen“. Wichtigster Punkt in den Empfehlungen des UBA ist es, das Schulen alle 20 Minuten die Klassenräume für etwa 5 Minuten bei weit offenen Fenstern (Stoßlüften) lüften sollen, darüber hinaus auch in den Unterrichtspausen. Für besonders wirksam halten die Fachleute das Querlüften durch einander gegenüberliegende Fenster. In beiden Fällen würden die Temperaturen hinterher wieder rasch ansteigen.

Zum Einsatz mobiler Luftreiniger rät das UBA nur als ergänzendes Mittel und nur nach konkreter Prüfung der Leistungsdaten der Geräte sowie abhängig von anderen Faktoren, wie z.B. der Belegungsdichte. Anders als das regelmäßige Durchlüften der Räume seien die mobilen Luftreiniger nicht geeignet, verbrauchte Raumluft (Kohlendioxid) und entstehende Luftfeuchtigkeit abzuführen. Vor allem in Klassenzimmern mit vielen Schüler*innen können die Luftreiniger nach Angaben der KMK die Viren nicht schnell und verlässlich aus der Luft entfernen.

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