JAHR DER GLEICHSTELLUNG" : Giffey will Männerförderung als Beitrag ihrer Gleichstellungsstrategie

15. Januar 2020 // Holger H. Lührig

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Franziska Giffey (SPD) wird im Rahmen ihrer gleichstellungspolitischen Strategie Männerbündnisse fördern. In der ersten Pressekonferenz des neuen Jahres präsentierte die Ministerin ihr Konzept für das "Gleichstellungsjahr 2020".

In den Mittelpunkt ihrer gleichstellungspolitischen Strategie rückte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) unter anderem die institutionelle Förderung des Deutschen Digitalen Frauenarchiv (DDF)
In den Mittelpunkt ihrer gleichstellungspolitischen Strategie rückte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) unter anderem die institutionelle Förderung des Deutschen Digitalen Frauenarchiv (DDF)

zwd Berlin. Noch in diesem Jahr soll die Bundesregierung nach dem Willen von Bundesministerin Franziska Giffey eine Gleichstellungsstrategie verabschieden. Das Jahr 2020 stehe "ganz im Zeichen der Gleichstellung", betonte die Ministerin am 14. Januar in Berlin. In ihrer ersten Pressekonferenz zum Beginn des neuen Jahres hatte die Ministerin nicht von ungefähr diesen Schwerpunkt gesetzt. Einen Monat zuvor, am 10. Dezember vergangenen Jahres, hatte die SPD-Bundestagsfraktion auf Vorschlag ihrer Abgeordneten Josephine Ortleb, Leni Breymeier, Svenja Stadler und Gülistan Yüksel (siehe Bild, von links oben nach rechts unten) ein Positionspapier unter dem Titel "Ein Wegweiser in die Selbstverständlichkeit - Gleichstellung in allen Lebensbereichen" beschlossen und damit zentrale Aspekte einer

Gleichstellungsstrategie definiert, mit der nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa Akzente gesetzt werden soll. Eine derartige Positionsbestimmung, die die frauenpolitisch eher als zurückhaltend geltende Ministerin und die Bundesregierung insgesamt unter Druck setzt, wäre nach Einschätzung von politischen Beobachtern unter der früheren Fraktionsführung nicht möglich gewesen. Nicht zuletzt hatten die Parlamentarier im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2020 eine deutliche Erhöhung der Mittel für die Gleichstellung durchgesetzt. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte dazu sechs Arbeitsbereiche als wesentlich für die Verwirklichung der Gleichstellung beschrieben und dabei klargestellt, dass es eines Aktionsplans zum Abbau struktureller Benachteiligung bedürfe: "Durch diese Gleichstellungsstrategie wird Geschlechtergerechtigkeit zur Richtschnur der gesamten Bundesregierung".

"Kleines, feines" Gleichstellungsinstitut mit zunächst drei Mitarbeitenden

Die Ministerin sagte nun - wie von der SPD-Fraktion gewünscht - zu, die deutsche Ratspräsidentschaft ab 1. Juli dieses Jahres dafür zu nutzen, um in Deutschland und in Europa die Frauenrechte und die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern "ein Stück voranzubringen". Sie unterstrich, dass Deutschland von "echter Gleichstellung noch weit entfernt" sei. Während die Fraktion mit Blick auf eine entsprechende Koalitionsvereinbarung insbesondere auf die Errichtung eines Bundesinstituts für Gleichstellung pocht, will Giffey die Mittel aus ihrem Etat vor allem für die Förderung des Deutschen Digitalen Frauenarchivs sowie des Bundesforums Männer einsetzen. Das geplante Gleichstellungsinstitut wünsche sie sich als ein "kleines feines Institut", fügte die Ministerin auf Nachfrage hinzu. Es solle in diesem Jahr zunächst einmal mit drei Mitarbeitenden anfangen. Die SPD-Fraktion hatte unter Hinweis auf die Koalitionsvereinbarung zur Gründung einer Bundesstiftung oder eines Bundesinstituts gefordert, die neue Einrichtung solle sich wissenschaftlich fundiert mit der Gleichstellung von Frauen und Männern in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auseinandersetzen.

Bis 2022 sollen 3,45 Millionen Euro in die Männerförderung fließen

Beträchtliche Mittel des Ministeriums sollen nun einerseits für das Deutsche Digitale Archiv (DDF) und andererseits für gleichstellungspolitisch begründete Männerförderung zur Verfügung gestellt werden. Wie Giffey ankündigte, werde das DDF künftig eine institutionelle Förderung erhalten und damit stetig gefördert - im Jahre 2020 mit 1,85 Millionen Euro. Das Projekt "Männer stärker in die Gleichstellungspolitik - Vernetzung, Beratung, Ansprache und Unterstützung"" des Bundesforums Männer soll ab Februar 2020 bis Mitte 2020 von Bundesministerium mit einem Gesamtvolumen von 1,15 Millionen Euro gefördert werden. Weitere Projekte im Rahmen der Männerförderung zielen auf die Weiterbildung für männerfokussierte Beratung durch den Sozialdienst katholischer Männer (800.000 Euro bis Oktober 2022) und den Aufbau einer bundesweiten Fach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz, die durch die Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V. (mehr als 1,5 Millionen Euro bis 2022) vorbereitet werden soll.

Die Ministerin begründete diese Fördervorhaben damit, dass sie auch Männer, die sich in Problem- und Krisensituationen befänden, besser unterstützen möchte. Schließlich würden jährlich 610.00 Männer Gewaltopfer. Drei Viertel der Suizide würden von Männern und Jungen begangen. Bei der Pressekonferenz wurde ferner darauf verwiesen, dass bei Gewalt in der Ehe oder Partnerschaft in 20 Prozent der Fälle Männer von ihren Frauen/Partnerinnen geschlagen würden. Andererseits sind nach der Statistik 80 Prozent der Gewaltopfer in den Ehen Frauen. Der Aspekt der Männerförderung hat in dem vor allem auf die Gleichstellung von Frauen ausgerichteten Positionspapier zur Gleichstellungsstrategie der SPD-Bundestagsfraktion keine Rolle gespielt.

Lesen Sie dazu auch unsere Berichterstattung im zwd-POLITIKMAGAZIN Nr. 376 mit der Digitalen Ausgabe FRAUEN & POLITIK Nr. 3 (2020)

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