zwd-POLITIKMAGAZINS Nr. 379 : Gleichberechtigt lernen? - Nein, so nicht: Bundesgelder für Laptops und Tablets werden nicht bedarfsgerecht verteilt

10. August 2020 // Redaktion

Liebe Leserinnen, liebe Leser, Es kommt ja nicht überraschend, wenn die Bertelsmann-Stiftung dieser Tage zum wiederholten Male den Finger in eine Wunde unseres Staatswesens legt und konstatiert: Mehr als jedes fünfte Kind wächst in Deutschland in Armut auf. Mit derzeit 2,8 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verharrt die Armutsquote seit Jahren auf diesem Niveau. Nun hat die Corona-Krise die Situation für arme Kinder und ihre Familien noch verschärft. Das wird in Zeiten des Homeschooling besonders deutlich, wenn Kinder zuhause nicht über PCs, Laptops oder Tablets verfügen und damit beim schulischen Lernen abgehängt sind. In dieser Ausgabe veranschaulichen wir, welche Konsequenzen es gerade vor diesem Hintergrund hat, dass die Digitalisierung der Schulen in der von Bundeskanzlerin Angela Merkel 2008 ausgerufenen „Bildungsrepublik“ hoffnungslos verschlafen wurde.

EDITORIAL



KINDERARMUT zwd-HERAUSGEBER HOLGER H. LÜHRIG

Wieviel sind dem Staat unsere Kinder wert?

zwd Berlin (ig). Es kommt ja nicht überraschend, wenn die Bertelsmann-Stiftung dieser Tage zum wiederholten Male den Finger in eine Wunde unseres Staatswesens legt und konstatiert: Mehr als jedes fünfte Kind wächst in Deutschland in Armut auf. Mit derzeit 2,8 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren verharrt die Armutsquote seit Jahren auf diesem Niveau. Nun hat die Corona-Krise die Situation für arme Kinder und ihre Familien noch verschärft. Das wird in Zeiten des Homeschooling besonders deutlich, wenn Kinder zuhause nicht über PCs, Laptops oder Tablets verfügen und damit beim schulischen Lernen abgehängt sind.

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BUND UND LÄNDER


DIE BUNDESHILFE ZUR ENDGERÄTEBESCHAFFUNG KOMMT NICHT BEDARFSGERECHT AN
Warum Alternativen zum Königsteiner Schlüssel für Kinder, Eltern und Schulträger geboten sind

zwd Berlin (ig). Der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD hatte am 22. April dieses Jahres auf Initiative der SPD ein 500-Millionen-Euro-Programm des Bundes zur „Sofortausstattung von benachteiligten Schülerinnen und Schüler“ beschlossen. Den Anspruch, zu mehr Bildungsgerechtigkeit beizutragen, verbanden die Spitzen der Regierungsparteien mit der Feststellung, die Schulverantwortlichen wüssten am besten, wem man wie helfen müsse. Die Schulen vor Ort sollten aufgrund ihrer Kenntnis der individuellen Lagen ihrer Schüler*innen nach konkreten Bedarfslagen entscheiden. Doch wo kommt die Hilfe wirklich an? Die Verteilung der Finanzhilfen an die Länder erfolgt jedenfalls nicht bedarfsgerecht. Und sie ist nach Berechnungen des zwd-POLITIKMAGAZINs geeignet, die Benachteiligung von 2,8 Millionen Kindern, die nach einer aktuellen Bertelsmann-Studie in Armut leben, in der Corona-Krise eher noch zu verschärfen. Eine Debatte über Alternativen zum Königsteiner Schlüssel ist überfällig.

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NACHGEFRAGT BEIM BMAS

„Die Zahl der tatsächlichen Leistungen des Bildungspakets wird statistisch nicht erfasst“

zwd Berlin (ig). Eine Tabelle, in der das Statistische Bundesamt (Destatis) quartalsweise eine Übersicht über die Empfänger*innen von Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) nach Bundesländern publiziert, hat die zwd-Redaktion zu einer Nachfrage beim Bundesarbeitsministerium (BMAS) veranlasst. Wir fragten:

„Bei der Vorstellung des Starke-Familien-Gesetzes wurde von den Minister*innen Heil und Giffey für das Bildungs- und Teilhabepaket (SGB XII) ein Bezieher*innenkreis von etwa 2,5 Millionen Kindern unterstellt. Wieweit wird das in Anspruch genommen? Sind die tatsächlichen Zahlen, z.B. für den Zeitraum des letzten Quartals 2019, bekannt? Nach einer Übersicht von Destatis betrug die Zahl der Empfänger*innen von Leistungen für Bildung und Teilhabe nach Bundesländern im Dezember 2019 bundesweit 4.664 Personen. Wie korreliert diese Zahl mit den genannten 2,5 Millionen Kindern?“

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DIGITALISIERUNG UND SCHULEN

Keine „vorübergehende Zwischenlösung“ – und nicht nur für Zeiten der Corona-Krise

zwd Berlin (no), Den Anschluss an den Unterrichtsstoff ­haben viele Kinder während der Corona-Krise verloren. Homeschooling war von Mitte März bis Mitte Juni angesagt und hat gezeigt, dass mangelnde Möglichkeiten zum digitalen Lernen Chancenungleichheiten verschärfen. Für die Bildungspolitiker*innen ein deutliches Signal, dass die Digitalisierung an allen Schulformen verschlafen wurde!

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BUNDESTAG


POSITIONIERUNG VON FDP, GRÜNEN, LINKEN UND SPD

Die digitale Schule als Daueraufgabe begreifen - ein Bertrag von zwd-Chefredakteurin Hilda Lührig-Nockemann

zwd Berlin (no). Es bedurfte der Corona-Pandemie, um die Bildungspolitik wach zu rütteln. Dieser Auffassung ist sowohl die Regierungskoalition als auch auch die Opposition. Nun müsse „die Corona-Krise zum Sprungbrett in eine gerechtere und modernere Bildungspolitik für junge Menschen werden“, mahnen die Grünen in ihrem Antrag (Drs 19/20385). Vier Bundestagsfraktionen haben nun zukunftsweisende Papiere erarbeitet: die Grünen, die mit Hinweis auf die Kreditanstalt KfW einen zusätzlichen Inves­titionsstau mit einem Volumen von 43 Milliarden Euro an Schulen einfordern (Drs.19/20385), die FDP, die der Regierung vorhält, die Digitalisierung „verschlafen zu haben (Drs. 19/20582),, die SPD, die mit Blick auf den Koalitionspartner vorsichtiger von einer „verschleppten“ Digitalisierung im Bildungssystem spricht, die Linken, die auf den Zugang zum Internet als Schlüssel zu demokratischer Mitbestimmung rekurrieren (Positionspapier, vgl. S. 9). Doch anstatt die Gelder aus dem DigitalPakt Schule abzurufen, haben nach Darstellung der FDP-Fraktion die Länder von den fünf Milliarden Euro erst 150 Millionen Euro abgerufen. Dafür seien bürokratischen Hürden bei der Antragstellung verantwortlich. Unbürokra­tische Wege mit den Ländern schnell zu erarbeiten, wie die-se Mittel in den Schulen genutzt werden können, fordert auch die SPD-Fraktion vom Bundesbildungsministerium. Die Liberalen plädieren in ihrem Antrag „Weniger Bürokratie wagen – DigitalPakt Schule beschleunigen“ (Drs.19/20582) dafür, Vorschriften der Verwaltungsverordnung bis Ende des Jahres 2021 auszusetzen. Die Debatte hierzu im Bundestag wird auf den Seiten12/13 dargestellt. Die Empfehlungen zur Umsetzung der Digitalisierung – ein weiterer Antrag (Drs. 19/20554) der Liberalen – werden ebenso wie der Antrag von B90/Die Grünen und das Posi­tionspapier der SPD in Auszügen in der nachstehenden Tabelle wiedergegeben. Das Positionspapier der Linksfraktion wird bereits auf Seite 9 aufgegriffen, da es sich strukturell von den anderen Papieren unterscheidet.

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DEBATTE DIGITALISIERUNG

Eine „Digitalisierungsverhinderungsgeschichte“ ?

zwd Berlin (no). Nicht immer gehen Parlamentarier*innen so zurückhaltend mit Regierungsmitgliedern um, wie im Falle von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die – nicht zum ersten Mal – bei einer Debatte über Angelegenheiten ihres Hauses mit Abwesenheit glänzte. Natürlich wäre es der Ministerin unangenehm gewesen, die Kritik an ihrer Amtsführung anhören zu müssen, weil der mit fünf Milliarden Euro ausgestattete DigitalPakt Schule bisher nicht nennenswert ins Laufen gekommen ist. Aber es wäre auch die Gelegenheit gewesen, die Verantwortlichkeiten für das Desaster benennen zu können. Jetzt blieb es bei einem Schlagabtausch zwischen den Rednerinnen der CDU-Bundestagsfraktion, der auch die Ministerin angehört, und der antragstellenden FDP-Fraktion.

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DIGITALISIERUNG BILDUNGSWESEN


8. NATIONALER BILDUNGSBERICHT

Schwerpunkt: Bildung und digitale Medien

zwd Berlin (ug). Im Mittelpunkt des diesjährigen Bildungsberichtes steht die „Bildung in einer digitalisierten Welt“, eine im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie besonders aktuelle Frage. Während viele Menschen in ihrer Freizeit wie selbstverständlich digitale Medien zum individuell gesteuerten Lernen einsetzen, werden die modernen Technologien innerhalb von Schulen u.a. ­Bildungs-einrichtungen weitaus seltener genutzt. Dabei sind erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen Bildungsbereichen und -institutionen zu beobachten.

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BUNDESHAUSHALT 2020


GESETZ ZUM ZWEITEN NACHTRAGSHAUSHALT

Bund investiert 1,5 Milliarden mehr in Ganztagsbetreuung

zwd Berlin (ug). Mehr Fördermittel vom Bund sollen den Ausbau der Ganztagsangebote beschleunigen. Den ersten Schub der zusätzlichen Finanzierungsgelder haben Parlament und Bundesrat für das laufende Haushaltsjahr bewilligt. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll nun die Voraussetzungen für den geplanten Rechtsanspruch auf Ganztag klären. Mit der Entscheidung, die Investitionssummen aufzusto-cken, kommt die Regierung Forderungen von Ländern, Gewerkschaften, Sozialarbeitsvereinen und Kommunen entgegen.

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WISSENSCHAFT & POLITIK


LEITLINIEN FORSCHUNG

DFG: Geschlecht und Vielfalt für Forschungsvorhaben wichtig

zwd Berlin/ Bonn (ug). Auf den Stufen der wissenschaftlichen Karriereleiter sind die Geschlechter noch immer ungleich verteilt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat daher Empfehlungen für mehr Chancengleichheit in der Forschung ausgesprochen. Außerdem hält sie Wissenschaftler*innen dazu an, Geschlecht und Diversität bei Forschungsprojekten verstärkt zu berücksichtigen, da sie als Faktoren bei zahlreichen Fragestellungen eine Rolle spielen. Frauen bilden in vielen Bereichen der Wissenschaft eine deutliche Minderheit, wie der DFG-Jahresbericht zeigt. 8.

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KULTUR & POLITIK


BUNDESRAT UND BUNDESTAG

Hilfe in der Krise: Fördermittel vom Bund für den Kulturbereich

zwd Berlin (ug). In der Corona-Krise haben Kultureinrichtungen und Künstler*innen massive Einnahmeausfälle zu verzeichnen. Mit dem Gesetz zum zweiten Nachtragshaushalt haben Bundestag und Bundesrat die Finanzierung des Förderpakets für die Kultur bewilligt. Das Ländergremium fordert seinerseits die Koalitionsregierung in einer Entschließung auf, ein Bundesprogramm für Freiberufler*innen und den Kreativbereich aufzulegen. Die Hildfspaket des Bundes begrüßen die Fraktionen von Union und SPD sowie der Deutsche Kulturrat. Grüne, Linke, Kommunal- und Kulturverbände kritisieren es.

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CORONA-EPIDEMIE

Minister*innen wollen kulturelles Leben wieder in Gang bringen

zwd Berlin (ug). Spätestens seit Mitte Juni können in den meisten Bundesländern Theater, Opern, Konzerthäuser und andere Kultureinrichtungen bei begrenzter Besucherzahl, Einhaltung des Mindestabstandes und speziellen Hygieneregeln wieder öffnen. Bund und Länder haben sich auf der Grundlage eines von den Kulturminister*innen gemeinsam mit der Kulturbeauftragten der Bundesregierung erarbei-teten Eckpunkte-Papiers geeinigt, die stufenweisen Lockerungen der Vorsorgemaßnahmen weiter fortzusetzen.

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zwd-LÄNDERÜBERSICHT
So wollen die Länder den Kultur-Neustart wagen

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KULTURFÖRDERUNG BUND

Enttäuschung der Freischaffenden: Keine Zuschüsse zum Lebensunterhalt

zwd Berlin (ug). Die Bundesregierung hat ein Milliarden-Hilfspaket zur Rettung der Kulturlandschaft aufgelegt, doch außer einem aufgestockten Stipendienprogramm ist für die in finanzielle Zwangslagen geratenen solo-selbständigen Künstler*innen wieder nicht viel dabei. Auch bei den Überbrückungshilfen aus dem Konjunkturpaket fallen sie durch das Raster der Förderung. Grüne, die Gewerkschaft ver.di und Kreative fordern gezielte Hilfsprogramme für die Freischaffenden.

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KULTUR IN CORONA-ZEITEN

Aktuelles aus dem Kunst- und Kreativbetrieb

  • Trotz Corona: Musikfest Berlin findet statt
  • Sorge um die Kinos
  • Solidarfestival: Niemand kommt

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DIE LETZTE SEITE


HANNAH ARENDT UND DAS 20. JAHRHUNDERT

Analyse des eigenen Flucht-Erlebens: Weckruf für die Gegenwart

zwd Berlin (no). Sie dachte nicht in Schablonen. Allein schon deshalb war sie unbequem und löste mit ihren Publikationen oft heftige Kontroversen aus. Einordnen in Kategorien wie links, liberal oder konservativ ließ sie sich nicht. Das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin widmet Hannah Arendt, der großen politischen Denkerin des 20. Jahrhunderts, eine Ausstellung. Sie dachte nicht in Schablonen. Allein schon deshalb war sie unbequem und löste mit ihren Publikationen oft heftige Kontroversen aus. Einordnen in Kategorien wie links, liberal oder konservativ ließ sie sich nicht. Das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin widmet Hannah Arendt, der großen politischen Denkerin des 20. Jahrhunderts, eine Ausstellung.

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