„LEO 2018“ : Immer weniger funktionale Analphabet*innen in Deutschland

8. Mai 2019 // Hannes Reinhardt

Der Anteil Erwachsener in Deutschland, die nicht richtig lesen und schreiben können, hat sich in den vergangenen acht Jahren um fast ein Fünftel verringert. Das zeigt die Grundbildungsstudie „LEO 2018“, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

zwd Berlin/Hamburg. Die Ergebnisse wurden auf der Jahreskonferenz der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung 2016-2026 (AlphaDekade) in Berlin vorgestellt; die Studie war im Vorjahr an der Universität Hamburg durchgeführt worden. Ihr zufolge zählen derzeit 6,2 Millionen Erwerbsfähige im Alter zwischen 18 und 64 Jahren zur Gruppe der Funktionalen Analphabet*innen, was einem Prozentsatz von 12,1 Prozent an der Deutsch sprechenden Bevölkerung dieser Altersgruppe entspricht. 2011 waren es noch 7,5 Millionen. Auch bei der Gruppe Erwachsener, die nicht mehr als funktionale Analphabet*innen gelten, sondern zusammenhängende Texte verstehen, aber dennoch nicht gut lesen und nur sehr fehlerhaft schreiben können, gab es einen Fortschritt: Hier verringerte sich die Anzahl von vormals 13,4 Millionen auf nun 10,6 Millionen Menschen.

Lernangebote werden auf praktische Situationen aus dem Alltag zugeschnitten

Die neue LEO-Studie gibt auch Aufschluss darüber, wie Lernangebote gestaltet und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten werden können. So wird Lesen und Schreiben beispielweise anhand von praktischen Situationen aus dem Alltag wie dem Ausfüllen von Formularen beim Arzt oder bei der Krankenversicherung geübt. Dies kann zugleich mehr Sicherheit in Gesundheitsfragen ermöglichen. Auch liefert die LEO-Studie Informationen darüber, wie die Menschen angesprochen und an welchen Orten sie angetroffen werden können.

„Gering literalisierte Erwachsene sind mehrheitlich erwerbstätig und haben Familie. Meist sind sie jedoch Geringverdiener“, erläuterte die verantwortliche Wissenschaftlerin der Universität Hamburg, Prof.´in Anke Grotlüschen. Die neue LEO-Studie zeige, dass das Leben mit geringer Literalität mit Ausgrenzungen und großen Unsicherheiten im Alltag verbunden sei. „An dieser Stelle müssen Bildungsangebote ansetzen.“

Bundesverband Alphabetisierung von Ergebnissen überrascht

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) betonte angesichts der Studienergebnisse die Erfolge einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit im Bereich des funktionalen Analphabetismus. „Dadurch hat sich das Verständnis für die Betroffenen erhöht, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben. Das ist ein wichtiger Schritt, diesen Menschen zu helfen.“ Das Bundesbildungsministerium fördert die AlphaDekade mit insgesamt rund 180 Millionen Euro.

Ralf Häder, Geschäftsführer des Bundesverbandes Alphabetisierung und Grundbildung, räumte ein, ein derartiger Rückgang des Funktionalen Analphabetismus seit der letzten Erhebung aus dem Jahr 2011 sei „nicht unbedingt zu erwarten“ gewesen. Um die Zahlen weiter zu reduzieren, seien kostenlose Bildungsangebote, qualifiziertes Personal in allen Bildungssegmenten sowie eine langfristige Öffentlichkeits- und Beratungsarbeit unabdingbar.

Die LEO-Studie 2018 der Universität Hamburg ist die größte und wichtigste repräsentative Studie zu Literalität von Erwachsenen in Deutschland. Sie gibt Aufschluss über Alter, Geschlecht, Herkunft, Familien- und Erwerbsstatus sowie Schul- und Berufsbildung von Menschen mit geringen Lese- und Rechtschreibkompetenzen in Deutschland. Für die aktuelle Studie wurden im Sommer 2018 insgesamt rund 7.200 deutschsprechende Erwachsene im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt.

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