ANTRAG BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN : In Zeiten des Strukturwandels: Regierung soll Gesetz zur Weiterbildung evaluieren

24. Februar 2020 // Ulrike Günther

Das Qualifizierungschancengesetz unterstützt Erwerbstätige, sich an die durch digitalen Wandel und technologischen Fortschritt geänderten Arbeitsprozesse anzupassen. Doch gehen die damit eingeführten Verbesserungen wirklich weit genug? Aus Sicht der Grünen-Fraktion ist es an der Zeit, das Gesetz und seine Wirkungen auszuwerten.

Bild: Piqsels
Bild: Piqsels

zwd Berlin. Grundsätzlich befürwortet die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen nach eigenen Angaben die durch das Gesetz eingeschlagene Richtung. Das im Januar 2019 in Kraft getretene Qualifizierungschancengesetz (zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete) zielt darauf ab, die Förderung von Weiterbildungen durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf einen weiter gefassten Personenkreis auszudehnen. Sowohl für Arbeitslose als auch Beschäftigte soll das Gesetz - unabhängig von deren Lebensalter und Ausbildung oder der Betriebsgröße – Fortbildungen leichter zugänglich machen. Die Grünen zweifeln jedoch an, dass die mit dem Gesetz eingeleiteten Veränderungen in der gegenwärtigen Situation sich transformierender Arbeitsabläufe ausreichen, wie sie in einer Kleinen Anfrage (Drs. 19/17070) an die Bundesregierung darlegen.

Grüne messen beruflicher Weiterbildung hohen Stellenwert bei

Angesichts des „grundlegenden Strukturwandels“ hält es die Oppositionsfraktion offenbar für erforderlich, der beruflichen Weiterbildung einen noch höheren Stellenwert auf dem Berufsbildungsmarkt zu verschaffen, als dies in dem Gesetz bereits angelegt ist. Insbesondere ist die Grünen-Fraktion laut ihrer Anfrage der Ansicht, dass die Regierung einen „Rechtsanspruch auf Weiterbildung“ einführen und diesen „flächendeckend mit guter Beratung und attraktiver Förderung“ untersetzen sollte. Darüber hinaus schlagen sie vor, aus der bisherigen Arbeitslosenversicherung eine als Vorsorge wirkende „Arbeitsversicherung“ zu machen, welche alle erwerbstätigen Bürger*innen unterstützen solle. Vor allem halten es die Fragesteller*innen jedoch für unerlässlich, die geltenden Regelungen regelmäßig zu evaluieren.

Im Einzelnen interessieren sich die Grünen dafür, ob und inwiefern die durch das Qualifizierungschancengesetz eingeführten Maßnahmen und Neuerungen die angestrebten Effekte zeigen. Sie erkundigen sich bei der Regierung u.a., wie diese den bei Arbeitnehmer*innen wie Erwerbslosen erkennbaren Bedarf an Beratung auf dem Gebiet der beruflichen Weiterbildung im Vergleich zur Lage 2018,also vor Inkrafttreten des Gesetzes, einschätzt. Außerdem möchten sie erfahren, wie viele Erwerbstätige und Arbeitslose seit Beginn des Jahres 2019 Anträge auf eine geförderte Maßnahme zur Qualifizierung gestellt haben. Dabei legen sie auch auf Details, wie Bildungsstand, Geschlecht oder Bundesland, wert sowie auf die statistisch verzeichneten Änderungen gegenüber 2018.

Beeinflusst das Gesetz Menge und Art der geförderten Qualifizierungen?

Darauf aufbauend erfragen die Grünen einerseits, wie viele Arbeitnehmer*innen einschließlich der Arbeitslosengeld II beziehenden Erwerbstätigen (sog. Aufstocker*innen) eine staatlich unterstützte berufliche Qualifizierung bekommen und wie viele Beschäftigte und Arbeitslose andererseits eine solche Weiterbildung begonnen haben. Ebenso fordern sie die Regierung auf, die Art der über das Qualifizierungschancengesetz geförderten Fortbildungen sowie die Anzahl der Arbeitnehmer*innen mitzuteilen, die bei einer über das genannte Gesetz bewilligten Weiterbildung einen sog. Freistellungsanspruch geltend machen konnten. Dieser besagt, dass Mitarbeiter*innen einer Firma unter bestimmten Voraussetzungen während der Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme von ihrer Berufstätigkeit freigestellt werden, trotzdem aber ihren vollen Lohn erhalten.

Auch Kosten der über das genannte Gesetz geförderten Fortbildungsangebote und deren Inhalte sowie Einzelheiten zum Prozedere beim Bearbeiten der Anträge, wie die Kriterien, aufgrund welcher Anträge auf Weiterbildung bewilligt oder abgelehnt wurden, gehören zu dem von den Grünen vorgelegten Fragenkatalog. Dabei soll die Regierung sie ebenfalls über durch die BA bereitgestellte Beratungsangebote und die Menge sowie Qualifikation des dafür vorhandenen Personals informieren.

Durch das Qualifizierungschancengesetz kann die BA – wenn die durch eine Fortbildung vermittelten Kompetenzen die im Rahmen sog. Anpassungsfortbildungen zu erwerbenden Kenntnisse überschreiten - einen Teil der Kosten für die Maßnahme übernehmen. Arbeitgeber*innen, die ihre Beschäftigten während der Weiterbildungsmaßnahme bei fortdauernd gezahltem Arbeitsentgelt freistellen, erhalten je nach Größe des Unternehmens Lohnkostenzuschüsse in Höhe von bis zu 100 Prozent. Zudem wurden über das Gesetz die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 3,0 auf 2,5 Prozent gesenkt und der Zugang zum Arbeitslosengeld I durch eine von zwei auf zweieinhalb Jahre erweiterte Frist verbessert, während der potenzielle Anwärter*innen auf die Leistung eine versicherungspflichtige Tätigkeit über 12 Monate hinweg ausgeübt haben müssen.

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