BEKÄMPFUNG VON GEWALT AN FRAUEN : Istanbul-Konvention: Opposition bemängelt Umsetzung im Schneckentempo

21. Februar 2019 // Julia Trippo

Die Bundesregierung sieht die Anforderungen der Istanbul-Konvention als bereits erfüllt an. Das schreibt sie in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Linksfraktion (Drs. 19/7134) zum Stand der Umsetzung der Konvention. Jedoch lässt sich die der Regierung damit zu lange Zeit, kritisiert die Opposition unter Hinweis auf die vor einem Jahr in Kraft getretene Konvention.

Bild: wikimedia.org / Vanessa Gor
Bild: wikimedia.org / Vanessa Gor

zwd Berlin. Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion zeigte sich enttäuscht über den derzeitigen Stand der Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland. Mit einem Katalog von insgesamt 34 Fragen hatte sich die Linksfraktion Ende Dezember letzten Jahres bei der Bundesregierung unter anderem nach der Planung eines Aktionsplans erkundigt. In der Istanbul-Konvention heißt es: „Um einerseits umfassende und koordinierte politische Ansätze und andererseits die Einbeziehung aller betroffenen Institutionen und Organisationen zusammenzuführen, müssen nationale Aktionspläne erstellt werden.“ Der bereits im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2017 von CDU/CSU und SPD vereinbarte „Aktionsprogramm zur Prävention und Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen“ sei in Arbeit, heißt es dazu in der Antwort. Ein genauerer Zeitplan, wann dieser unter der Federführung des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fertig und vorgestellt wird, gäbe es noch nicht. Ferner ist im Rahmen des Aktionsprogrammes die Einrichtung eines Bundesförderprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ vorgesehen. Dafür sind Finanzmittel mit einem Volumen von 6,1 Millionen Euro für dieses Jahr angesetzt, um modellhafte Projekte und Begleitmaßnahmen durchzuführen. Ab 2020 sollen die dann dazu bereitstehenden Gelder voll in Anspruch genommen werden können.

Die Aufgaben der in der Konvention vereinbarten Einrichtung einer Koordinierungsstelle werden zurzeit durch die zuständigen Bundesressorts auf Bundesebene wahrgenommen, erklärte die Bundesregierung. Es werde geprüft „ob und durch welche strukturellen Maßnahmen sich die Koordinierung […] auf Bundesebene noch weiter verbessern lassen“, antwortete das zuständige Bundesfrauenministerium auf die Nachfrage der Linken. Deren frauenpolitische Sprecherin zeigte sich mit dieser Antwort nicht zufrieden. Sie kritisierte das Versäumnis der Bundesregierung, bislang keine Pläne für die Umsetzung vorgelegt zu haben. „Aus der Antwort geht hervor, dass die Bundesregierung die Verpflichtungen aus der Konvention nicht erfüllt“, urteilte die linke Bundestagsabgeordnete.

In Hinblick auf die prekäre Situation von Frauenhäusern hatte sich die Linksfraktion ferner nach den hierzu geplanten Finanzierungsplänen erkundigt. In der Antwort verwies die Regierung auf die Verantwortung von Ländern und Kommunen, die Finanzierung eines spezialisierten Hilfesystems bereitzustellen. Möhring hält das für das Hin- und Hergeschiebe der Zuständigkeiten zwischen Bund und Länder und sieht darin das „seit Jahrzehnten gravierendsten Problems des Hilfesystems“, das trotz steigenden Bedarfs nicht mehr Frauenhausplätze bereit gestellt werden,

Ein weiterer Kritikpunkt ist für sowohl für Linke als auch Grüne der von der Bundesregierung eingelegte Vorbehalt zu dem Artikel 59 Absatz 2 und 3 der Konvention, wodurch von Gewalt betroffen oder bedrohten Frauen ohne gesicherten Aufenthaltstitel die Möglichkeit auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht verwehrt bleibt. Für Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion steht fest: „Wirksamer Schutz vor Gewalt steht allen Frauen zu, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihrem Aufenthaltsstatus."

Unter dem langen Namen „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ sind verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen, die sogenannte Istanbul-Konvention, zusammengefasst. Deutschland ratifizierte die Konvention am 1. Februar 2018. Der völkerrechtliche Vertrag wurde bisher von 46 Staaten unterzeichnet, 33 davon ratifizierten ihn.

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