BERICHT „BILDUNG IN DEUTSCHJLAND“ : Karliczek: Rückkehr der Schulen zum Normalbetrieb weiterhin fraglich

23. Juni 2020 // Holger H. Lührig

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) beurteilt die geplante Rückkehr aller Schulen nach den Sommerferien skeptisch. Die Kultusministerkonferenz bereitet sich nach Angaben ihrer Präsidentin, der rheinland-pfälzischen Kultusministerin Stefanie Hubig (SPD), mit drei unterschiedlichen Szenarien auf die Situation vor. Ein Szenario: Erneute Schulschließungen.

zwd Berlin (ig). Anlässlich der Vorstellung des 8. Nationalen Bildungsberichts „Bildung in Deutschland 2020" sagte die KMK-Chefin, Hubig, die Länder bereiteten sich neben dem Vorhaben der allgemeinen Schulöffnung im Regelbetrieb auch auf die Möglichkeit vor, dass es im Zuge der Corona-Pandemie zu erneuten flächendeckenden Schulschließungen komme. Wie Hubig sieht aber auch die Bundesbildungsministerin das Bildungswesen für solchen Fall besser gerüstet. Alternativ wäre laut Hubig nach einem anderen Szenario auch ein „rollierendes System mit Präsenz- und Fernunterricht denkbar. Für alle Fälle will die KMK bis zum Ende der Sommerferien Leitlinien für die Schulen entwickeln. Die KMK-Präsidentin verteidigte die Rückkehr zum Normalbetrieb mit dem Hinweis auf das in vielen Bereichen der Republik niedrige Infektionsgeschehen. Insofern sei das Vorhaben „kein Wunschdenken“. Wie Hubig erläuterte, werden von einer KMK-Arbeitsgruppe neue „Hygiene- und Schutzkonzepte“ erarbeitet.

Plan für die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung in Grundschulen in Vorbereitung

Ministerin Karliczek kündigte an, eine Bund/Länder-Arbeitsgruppe werde in den nächsten Wochen einen Plan erarbeiten, wie die Einführung eines Rechtsanspruchs auf ganztägige Betreuung im Grundschulalter gemäß dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD bis 2025 umgesetzt werden kann. Die Betreuungsform könne auch helfen, Ungleichheiten bei der Bildung abzumindern, wie sie gerade im Zuge der Corona-Pandemie deutlich geworden sind.

Potenziale der Digitalisierung noch zu wenig genutzt

Die Corona-Pandemie war auch Gegenstand des 8. Bildungsberichts, der von einer Autorengruppe unter Federführung des Deutschen Instituts für pädagogische Forschung DPIF | Leibnitz-Zentrum für Bildungsforschung und Bildungsinformation erstellt worden ist. Ein Schwerpunkt-Kapitel befasst sich auch mit den Problemen der Digitalisierung im Bereich des Bildungswesens. Dabei bescheinigten die Wissenschaftler*innen der Politik, dass die Digitalisierungs-Potenziale noch zu wenig genutzt würden. Einerseits könnten nicht alle Menschen gleichermaßen die digitalen Möglichkeiten nutzen, zudem gebe es große Unterschiede zwischen den Bildungsbereichen und -einrichtungen. Andererseits fehlten Konzepte, um digitale Technologien entlang der gesamten Bildungsbiografie didaktisch sinnvoll einzusetzen. Auch erneuerte die Wissenschaftler*innengruppe ihre schon in früheren nationalen Bildungsberichten geäußerte Feststellung, dass der Bildungserfolg zu sehr von der sozialen Herkunft abhänge. Daran ändere auch nichts, dass das Bildungssystem insgesamt durchlässiger geworden sei.

In diesem Zusammenhang äußerte KMK-Chefin Hubig ihr Bedauern darüber, dass die Mittel aus dem Bildungspakt in großem Umfang von den Ländern noch nicht abgerufen worden seien. Es gebe noch „Luft nach oben“, befand die Kultusministerin. Insofern sei der Bildungsbericht auch „ein Weckruf für uns alle“. Auch Ministerin Karliczek räumte ein, dass die Digitalisierung in den Schulen noch nicht so weit fortgeschritten sei, „wie wir uns das gewünscht hätten“. Im Zuge des Digitalpaktes will sich die Ministerin dafür stark machen, dass die Schulträger stärkere Unterstützung erhalten.

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