APPELL AN INNENMINISTERKONFERENZ : Kindern ohne Papiere Zugang zu Bildung ermöglichen

29. November 2009 // zwd Berlin (gev).

SPD-Fraktion legt Gesetzentwurf zur Änderung des Aufenthaltrechtes vor

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat sich mit Blick auf die Innenministerkonferenz Anfang Dezember für eine Gesetzesänderung im Aufenthaltsrecht ausgesprochen. Im Fokus der Forderung an die Innenminister und Innenministerinnen steht eine Einschränkung der so genannten „Übermittlungspflicht“ öffentlicher Stellen. Sie verpflichtet Leitungen öffentlicher Schulen, Kinder und Jugendliche ohne Papiere den Ausländerbehörden zu melden.

Eine Einschränkung der Übermittlungspflicht soll es Kindern ohne Papiere ermöglichen, ihr Menschenrecht auf Bildung in Deutschland wahrzunehmen. Aus Angst, abgeschoben zu werden, entscheiden sich Eltern bislang oft dagegen, ihre Kinder zur Schule zu schicken.

Cremer: Menschenrecht auf Bildung gilt für alle in Deutschland lebenden Kinder

Das Menschenrecht auf Bildung gelte für alle in Deutschland lebenden Kinder, ohne Ausnahme, unterstrich Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Daher sei es höchste Zeit, die Zugangsbarriere „Übermittlungspflicht“ abzubauen. Nur dann komme Deutschland seiner völkerrechtlichen Verpflichtung nach, allen Kindern gleichermaßen den Schulbesuch zu ermöglichen, sagte Cremer am 30. November. Das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt darüber hinaus den Bundesländern, einer entsprechenden Änderung im Bundesrat zuzustimmen. An die Politik geht der Appell, auch die Situation von Kindern ohne Papiere im Bereich der Kindertagesstätten zu verbessern.

Erst kürzlich hatte die SPD-Fraktion im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes vorgelegt. Zur Debatte steht konkret Paragraf 87 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes. Dort heißt es: „Öffentliche Stellen haben unverzüglich die zuständige Ausländerbehörde zu unterrichten, wenn sie im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben Kenntnis erlangen von (…) dem Aufenthalt eines Ausländers, der keinen erforderlichen Aufenthaltstitel besitzt und dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist (…)“

Rossmann: Kinder dürfen nicht bestraft werden

„Wir wollen die Schulen von dieser Meldepflicht entbinden“, erläuterte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst Dieter Rossmann, den Gesetzesentwurf. Schulen seien weder Polizei- und Ordnungsbehörden noch Behörden der Strafverfolgung. Ihre originäre Aufgabe sei die Erfüllung des Rechtes auf Bildung. Es gehe nicht an, Kinder zu bestrafen, nur weil ihre Eltern sich für einen illegalen Aufenthalt entschieden haben, führte Rossmann aus. Das Menschenrecht auf Bildung müsse hier stärker wiegen als das öffentliche Interesse an der Durchsetzung der Ausreisepflicht. Schließlich gehe es hier – nach Schätzungen von Fachleuten – um bis zu 30.000 in Deutschland illegal lebende Kinder.

Rossmann wies darauf hin, dass in einigen Ländern die Übermittlungspflicht schon entfallen sei, in anderen aber nicht. Eine bundesweit einheitliche Regelung ist nach Auffassung des Bildungsexperten erstrebenswert. Auch CDU/CSU und FDP hätten sich in ihrem Koalitionsvertrag für die Befreiung der Schulen von der Meldepflicht ausgesprochen. Sie seien jetzt gefordert, auch in diesem Sinne zu handeln. Die Fraktionen der Linken und der Grünen im Bundestag unterstützen den SPD-Gesetzentwurf, wenn er auch der Linksfraktion nicht weit genug geht.

Weitere Informationen: Hendrik Cremer. Das Recht auf Bildung für Kinder ohne Papiere – Empfehlungen zur Umsetzung. Berlin: Deutsches Institut für Menschenrechte, 2009, 19 S. ISSN 1614-2187 (Policy Paper 14) oder zum Download unter http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/de/publikationen.html

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