ÖFFNUNG DER SCHULEN | UMSETZUNG DES DIGITALPAKTES : Bildungsminister*innen: Auch im nächsten Jahr noch kein normaler Unterricht

15. Mai 2020 // Holger H. Lührig

Auch im nächsten Schuljahr 2020/2021 werden die Schulen nach Einschätzung der Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), der rheinland-pfälzischen Kultusministerin Stefanie Hubig, (SPD) noch nicht zum normalen Unterrichtsbetrieb zurückkehren können. Ähnlich äußerten sich auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und der Deutsche Lehrerverband.

Normaler Unterricht erst im Laufe des nächsten Schuljahres?
Normaler Unterricht erst im Laufe des nächsten Schuljahres?

zwd Berlin (ig). Die Schulminister*innen der Länder und auch die Bundesbildungsministerin rechnen offenbar damit, dass auch im kommenden Schuljahr Homeschooling im Wechsel mit Unterricht auf der Schulagenda bleiben wird. Deshalb werden digitale Unterrichtsangebote und Schulclouds in den Vordergrund rücken. Vor diesem Hintergrund haben sich Bund und Länder auf die Umsetzung des vom Koalitionsausschuss beschlossenen Sofortprogramms in Höhe von 500 Millionen Euro zur Bereitstellung von digitalen Endgeräten verständigt. Grundlage ist nun eine Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt Schule. Die Mittel sollen nach dem Königsteiner Schlüssel an die Länder verteilt werden. Mit diesem Geld werden die Länder Beschaffungsprogramme für mobile Endgeräte einschließlich der Inbetriebnahme sowie des für den Einsatz erforderlichen Zubehörs auflegen. Die Geräte selbst sollen von den Schulen und Schulträgern an die entsprechenden Schülerinnen und Schüler ausgeliehen werden. Außerdem wird die Ausstattung der Schulen gefördert, die für die Erstellung professioneller online-Lehrangebote erforderlich ist.

Karliczek: "Corona-Krise darf keine Bildungskrise werden"

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek nahm die Vereinbarung zum Anlass davor zu warnen, dass die Corona-Krise sich zu einer Bildungskrise ausweiten könnte. Die Schülerinnen und Schüler müssten auch in diesen Zeiten "so gut es geht" unterrichtet werden, bekräftigte die Ministerin. Der Unterricht werde auf absehbare Zeit aus einer Mischung von Präsenzunterricht und digitalem Lernen von zu Hause aus bestehen. Dazu gehöre, dass möglichst alle Schülerinnen und Schüler über digitale Endgeräte verfügen.

Auch KMK-Präsidentin Stefanie Hubig stellte klar: „Solange die Abstandsregelungen gelten, kann Schule nicht so stattfinden, wie wir es alle gewohnt sind und wie wir es uns wieder wünschen. In der Zeit der schrittweisen Schulöffnung, in der sich Präsenzunterricht und Heimarbeit abwechseln, arbeiten die Schulen weiter digital. Wir müssen dabei dafür sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler möglichst die gleichen Rahmenbedingungen haben. Denn zur Bildungsgerechtigkeit gehört auch die digitale Ausstattung der Schülerinnen und Schüler. Deshalb ist es ein konsequenter Schritt, dass wir Schülerinnen und Schülern, die es benötigen, jetzt digitale Endgeräte zur Verfügung stellen können.“

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Thomas Sattelberger kritisierte hingegen, Deutschland sei für den Online-Unterricht - gerade im internationalen Vergleich - nur unzureichend aufgestellt. Der Bildungsministerin hielt der FDP-Politiker vor, sie habe "viel zu spät, ganze neun Wochen nach den Schulschließungen" mit ihren Länderkolleg*innen erst jetzt das Problem aufgegriffen. Nun müssten Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte noch weitere drei Wochen auf die Geräte warten.

SPD-Fraktionsvizin Bas : "Digitaler Unterricht darf nicht am Geldbeutel der Eltern scheitern"

Wesentlich für die Absicht der Kultusministerkonferenz, die Schulen im Abhängigkeit von der Pandemieentwicklung vorsichtig zu öffnen, wird nach dem Urteil von Expert*innen auch sein, in welchem Maße es gelingt, eine soziale Spaltung der Schülerschaft vor dem Hintergrund der Nutzungsmöglichkeit digitaler Angebote zu verhindern. Bildungsforscher*innen hatten bereits am 20. April in einem offenen Brief die Länderkultusminister*innen aufgefordert, vor allem die "abgehängten" Schüler*innen mehr als bisher in den Blick zu nehmen. (Den Wortlaut des offenen Briefs lesen Sie in unserer digitalen Ausgabe BILDUNG & POLITIK des zwd-POLITIKMAGAZINs 2-20.

Dazu betonte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Bärbel Bas, digitaler Unterricht zuhause sei ohne Laptop oder Tablet nicht möglich: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Schülerinnen und Schüler jetzt nicht lernen können, weil ihnen Geräte fehlen. Digitaler Unterricht darf nicht am Geldbeutel der Eltern scheitern." Ihre Fraktionskollegin Marja-Liisa Völlers ergänzte, alle Programme könnten nur wirklich helfen, wenn in den Haushalten der Familien auch der notwendige Internetanschluss vorhanden sei. Völlers sprach die Erwartung aus, dass es dem Bund in Gesprächen mit den Mobilfunkanbietern gelinge, rasch adäquate Lösungen zu entwickeln.

Nach zwd-Informationen geht die KMK davon aus, dass sich die Schulen in den Ferien darüber Gedanken machen, wie der Unterricht im folgenden Schuljahr unter den Bedingungen von COVID 19 ausgestaltet werden kann. Ministerin Karliczek glaubt, dass die Ausnahmesituation an den Schulen bis weit in das nächste Schuljahr andauern wird. Mit Schichtbetrieb an den Schulen rechnet auch der Deutsche Lehrerverband.

Einen Überblick über die Schulöffnungen in den Ländern sowie die Folgen des Homeschooling lesen Sie in der Ausgabe 378 des zwd-POLITIKMAGAZINs sowie in der nächsten Ausgabe BILDUNG & POLITIK DIGITAL 3-20.

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