VORLESESTUDIE 2019 : Knapp ein Drittel aller Eltern liest ihren Kindern nie oder nur selten vor

29. Oktober 2019 // Hannes Reinhardt

Rund 32 Prozent aller Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern im Vorlesealter von zwei bis acht Jahren zu selten oder nie vor. Dies ergab die diesjährige Vorlesestudie, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Stellten die Vorlesestudie gemeinsam mit Simone C. Ehmig von der Stiftung Lesen (nicht im Bild) im BahnTower am Potsdamer Platz vor: Ileana Grabitz (DIE ZEIT), Jürgen Kornmann (Deutsche Bahn Stiftung) und Jörg F. Maas (Stiftung Lesen, v.l.n.r.). - Bild: zwd
Stellten die Vorlesestudie gemeinsam mit Simone C. Ehmig von der Stiftung Lesen (nicht im Bild) im BahnTower am Potsdamer Platz vor: Ileana Grabitz (DIE ZEIT), Jürgen Kornmann (Deutsche Bahn Stiftung) und Jörg F. Maas (Stiftung Lesen, v.l.n.r.). - Bild: zwd

zwd Berlin. Dieser Wert hat sich seit 2013 nicht verändert. Der Studie zufolge lesen vor allem Eltern mit formal niedriger Bildung zu selten oder nie vor (51 %) und haben darüber hinaus einen besonders konservativen Vorlesebegriff. „Viele Eltern verstehen den Begriff des Vorlesens zu eingeschränkt. Vor allem jene, die selten vorlesen, denken nur an das klassische Lesen von Buch mit Text“, erklärte Jürgen Kornmann, Beauftragter Leseförderung der Deutsche Bahn Stiftung, die die Vorlesestudie gemeinsam mit der Wochenzeitung DIE ZEIT und der Stiftung Lesen jährlich herausbringt. Auch Comics und Bilderbücher anschauen oder das Erzählen von Geschichten helfe den Kindern, Sprache zu entwickeln und lesen zu lernen.

Laut der Studie lesen zudem berufstätige Mütter ihren Kindern mehr vor als nicht berufstätige. Im Vergleich lesen 27 Prozent der berufstätigen Mütter zu selten vor, bei den nicht berufstätigen sind es 39 Prozent. Väter sind weiterhin „Vorlesemuffel“: 58 Prozent von ihnen lesen selten oder nie vor. „Unsere Aufgabe bleibt es weiterhin, Eltern zu motivieren und ihnen zu zeigen, dass Vorlesen wichtig für die Entwicklung von Kindern ist“, betonte Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen. „Sie können im Alltag auf vielfältige Weise sprachliche Anreize geben. Viele, gerade bildungsferne Eltern, tun dies bereits. Dann ist es vom Märchenerzählen über das gemeinsame Betrachten des Fotobuchs zum klassischen Vorlesen nicht weit.“

Wie wichtig das regelmäßige Vorlesen für die Entwicklung von Kindern ist, zeigen Zahlen aus den Vorlesestudien der vergangenen Jahre. So sind Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird, allgemein erfolgreicher in der Schule. Sie haben in Deutsch, Mathe und Fremdsprachen bessere Noten als Kinder, denen nicht vorgelesen wird (2011). Vorlesen hat darüber hinaus eine längerfristige soziale Bedeutung. Wurde Kindern regelmäßig vorgelesen, sind diese häufiger darum bemüht, andere in die Gemeinschaft zu integrieren. Auch ist der allgemeine Gerechtigkeitssinn dieser Kinder besonders ausgeprägt (2015). Auch fällt vier von fünf Kindern, denen regelmäßig vorgelesen wurde, das Lesenlernen in der Grundschule leicht. Bei den anderen ist das laut ihren Eltern deutlich seltener der Fall (50 Prozent). Fragt man die Kinder selbst, ist sogar mehr als die Hälfte der Grundschüler*innen mit wenig Vorleseerfahrung frustriert, weil ihnen das Lesenlernen zu lange dauert (2018).

Die Vorlesestudie wird seit 2007 jährlich durchgeführt. 2019 hatte die KMF Krämer Marktforschung GmbH im Juni und Juli 700 Eltern von Kindern im Alter von 2 bis 8 Jahren (490 Mütter, 210 Väter) telefonisch befragt. Die Ergebnisse sind damit repräsentativ für diese Zielgruppen.

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