SITZUNG KMK : Kritik der Gewerkschaften: Lüften allein hilft nicht

19. Oktober 2020 // Ulrike Günther

Am Umgang mit der Corona-Krise an Schulen muss sich die Kultusministerkonferenz von Gewerkschaften und Lehrerverband scharfe Kritik gefallen lassen: Sie bemängeln, dass die Ergebnisse unverbindlich, die Regelungen in den Ländern weiterhin uneinheitlich seien. GEW und VBE begrüßen zwar die Handreichung zum Lüften, diese sei jedoch lückenhaft. Das Lüften könne Hygienemaßnahmen nur ergänzen.

Bisher haben sich die Länder nicht auf einheitliche Schutzregeln geeinigt.  -  Bild: Pixabay / Wokandapix
Bisher haben sich die Länder nicht auf einheitliche Schutzregeln geeinigt. - Bild: Pixabay / Wokandapix

zwd Berlin. Die Erziehungsgewerkschaft GEW nannte die von der Kultusministerkonferenz (KMK) zur Frage des Gesundheitsschutzes an Schulen getroffenen Entscheidungen „enttäuschend“. „Die KMK hat nichts Neues entwickelt“, kritisierte die Vorsitzende der GEW Marlis Tepe. Der „Flickenteppich“ der verschiedenen, in den einzelnen Bundesländern geltenden Regelungen zur Infektionsvorsorge bleibe. Da es kein verbindliches Handeln gebe, würden die Schulen verunsichert, und „uneinheitliche Lösungen“ seien die Folge. Ähnlich ernüchtert äußerte sich der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung Udo Beckmann (VBE) angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens. Die Reaktionen der Länder auf die verschärfte Lage seien „sehr unterschiedlich“.

Lehrerverband fordert Richtlinien für Krisenverhalten an Schulen

Der Chef des Lehrerverbandes Heinz-Peter Meidinger hält es insbesondere für wichtig, eindeutige Richtlinien zu bekommen, „was in den Schulen ab einer bestimmten Zahl von Infektionen in einer Region passiert“. Gegenüber der Zeitung Die Welt (16. Oktober) sagte er, Schulen seien zwar keine Infektionsherde, dennoch fänden immer häufiger Übertragungen im Umkreis der Schule statt. Es habe keinen Sinn zu ignorieren, dass „Schüler (…) sich ja auch privat (treffen) und die Infektion in die Schule“ tragen.

Laut der Nachrichtenagentur dts hatte die KMK bei einer zweitägigen Video-Konferenz keine Einigung in der Frage erzielt, ob man die in einigen Bundesländern eingeführten Grenzwerte von 35 bzw. 50 wöchentlichen Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner*innen, bei deren Erreichen zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen seien, auch in Schulen anwenden sollte.

GEW und VBE: Lüften nur als Ergänzung zur AHA-Regel

Wie die GEW-Chefin Tepe begrüßte der VBE-Verbandsvorsitzende Beckmann zwar die vom Umweltbundesamt (UBA) zur KMK-Beratung am Freitag vorgelegte Handreichung zum „Lüften in Schulen“, gab jedoch zu bedenken, dass zu öffnende Fenster und akzeptable Wetterverhältnisse die Voraussetzung für ein sinnvolles Durchlüften der Klassenräume seien. Aus seiner Sicht werde es schwierig sein, „Schülerinnen und Schüler davon zu überzeugen, dass die Fenster bei stürmischem und nasskaltem Regenwetter geöffnet werden müssen“. Die Vorsitzenden von GEW und VBE sind beide der Auffassung, dass das Lüften nur eine ergänzende Maßnahme darstellen dürfe.

Wesentlich sei es, die Hygieneregeln und das Abstandsgebot einzuhalten, betonte Tepe. Beckmann wies darauf hin, dass sich durch die Durchlüftung der Klassenzimmer nach Ansichten von Expert*innen lediglich die Gefahr einer indirekten Ansteckung reduzieren lasse. Die sogenannte AHA-Regel (Abstand – Hygiene – Alltagsmaske) sei daher unverzichtbar. Gerade bei den derzeit steigenden Erkrankungszahlen müsse „der Gesundheitsschutz von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften höchste Priorität haben“, erklärte der VBE-Vorsitzende. Sowohl Tepe als auch Beckmann befürworteten, dass die KMK dem Vorschlag einiger Unionspolitiker*innen, die Winterferien wegen der Krise zu verlängern, nicht zugestimmt hat.

UBA: Mobile Luftreiniger als Corona-Schutz nicht immer zuverlässig

Die Präsidentin der KMK Stefanie Hubig (SPD) hatte anlässlich der Vorstellung der Handreichung bei der KMK-Sitzung deren Nutzen hervorgehoben: „Mit fachgerechtem Lüften leisten wir einen entscheidenden und wirksamen Beitrag zur Reduzierung des Infektionsrisikos durch virushaltige Aerosole in Schulen“. Wichtigster Punkt in den Empfehlungen des UBA ist es, das Schulen alle 20 Minuten die Klassenräume für etwa 5 Minuten bei weit offenen Fenstern (Stoßlüften) lüften sollen, darüber hinaus auch in den Unterrichtspausen. Für besonders wirksam halten die Fachleute das Querlüften durch einander gegenüberliegende Fenster. In beiden Fällen würden die Temperaturen hinterher wieder rasch ansteigen.

Zum Einsatz mobiler Luftreiniger rät das UBA nur als ergänzendes Mittel und nur nach konkreter Prüfung der Leistungsdaten der Geräte sowie abhängig von anderen Faktoren, wie z.B. der Belegungsdichte. Anders als das regelmäßige Durchlüften der Räume seien die mobilen Luftreiniger nicht geeignet, verbrauchte Raumluft (Kohlendioxid) und entstehende Luftfeuchtigkeit abzuführen. Vor allem in Klassenzimmern mit vielen Schüler*innen können die Luftreiniger nach Angaben der KMK die Viren nicht schnell und verlässlich aus der Luft entfernen.

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