MISSBRAUCHSSKANDAL DER KATH. KIRCHE : Maria 2.0 : "Das Lügengebäude des alten Mannes stürzt zusammen"

27. Januar 2022 // vf/ticker

Das Eingeständnis von Papst Benedikt XVI. zu seiner Falschaussage in Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen reicht der von Frauen ins Leben gerufenen, katholischen Reformbewegung "Maria 2.0" nicht. Sie fordern den ehemaligen Pontifex auf, seinen päpstlichen Namen abzulegen.

Papst Benedikt XVI. Quelle: Wikipedia Commons
Papst Benedikt XVI. Quelle: Wikipedia Commons

Bei seiner Stellungnahme für das Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising räumte der emeritierte Papst am vergangenen Montag ein eine falsche Aussage gemacht zu haben. Lisa Kötter, die Initiatorin der feministischen, römisch-katholischen Bewegung "Maria 2.0", betonte, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als seine Teilnahme an der Sitzung zuzugeben.

Von 1977 bis 1982 wurde das Erzbistum München und Freising vom früheren Kardinal Joseph Ratzinger, Benedikt XVI., geführt. Das vom Erzbistum selbst in Auftrag gegebene Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden seien. Der Bericht deckte brisante Informationen über Benedikt auf, die er in einer Verteidigungsschrift jedoch bestritt: Der Papst soll während seiner Amtszeit an vier Fällen von Fehlverhalten selbst Schuld getragen haben. Darunter zählt auch die Aufnahme des nordrhein-westfälischen Priesters Peter H. in Ratzingers Bistum. Dem Geistlichen wurden mehrere Kindesmissbrauchsfälle angelastet, wegen denen er Jahre später auch verurteilt wurde.

"Wir erwarten, dass Joseph Ratzinger in Anbetracht dessen auf die Verwendung seines päpstlichen Namens sowie seiner damit verbundenen Titel und Insignien verzichtet", teilte Lisa Kötter mit. Er habe den sexuellen Missbrauch Minderjähriger "auf geradezu dreiste Weise verharmlost". Die Aktivist:innen forderten ergänzend auch weitere Konsequenzen für Erzbischoff-Nachfolger Kardinal Friedrich Wetter und Amtsinhaber Kardinal Reinhard Marx, dem in zwei Verdachtsfällen sexueller Missbrauch vorgeworfen wird.

kfd ist ebenfalls über das Ausmaß des Fehlverhaltens erschüttert

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) – Bundesverband e.V. fordert schon seit 2018 unter dem Motto #LichtAn "die deutschen Bischöfe auf, Licht in das Dunkel der Missbrauchsfälle zu bringen, verkrustete Machtstrukturen abzuschaffen, unabhängige Missbrauchsbeauftragte einzusetzen und die kirchliche Sexualmoral zu verändern."

Kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil blickte schockiert auf die sexuellen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche: “Braucht es erst ein Gutachten aus jedem (Erz-)Bistum, damit Verantwortliche ihre Aufgaben ernst nehmen?” Die Kirche solle umgehend ins Handeln kommen, Missbrauchstaten aufklären, Opfern zuhören und Täter zur Rechenschaft ziehen. „Die Kirche als Glaubensgemeinschaft ist viel mehr als das Versagen von Verantwortlichen. Darum sind wir als kfd auch ein Teil dieser Kirche. Dennoch wird es immer schwerer für uns, auch andere davon zu überzeugen. Viele unserer Mitglieder sind angesichts immer neuer vertuschter Missbrauchsfälle verzweifelt. Ihr großes, ehrenamtliches Engagement für die Kirche wird von den verantwortlichen Geistlichen mit Füßen getreten", erklärte Heil die massenhaften Kirchenaustritte aufgrund des immer mehr schwindenden Vertrauens gegenüber der Kirche.


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