ÖSTERREICHISCHE STUDIE : Mehr Frauen in MINT-Berufen: Offenes Umfeld entscheidend

5. November 2018 // ticker

Gleichstellungspolitische Maßnahmen wie Girls' Day oder Mentoring-Programme ändern bislang wenig am Frauenanteil in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen. Um Rollenbilder aufzubrechen, brauche es ein ermutigendes Umfeld und strukturelle Maßnahmen.

Marita Haas - Bild: tuwien.ac.at
Marita Haas - Bild: tuwien.ac.at

zwd Wien. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der österreichischen Sozialwissenschaftlerin Marita Haas. In diesem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt untersuchte sie die Lebensgeschichte von Wissenschaftlerinnen in technischen Berufsfeldern, u.a. in narrativ-biografischen Interviews. „Durch das offene Erzählen erfährt man viel über Verschränkungen der Biografie mit institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen“, berichtete Haas. Ihren Analysen zufolge haben Frauen, die sich für männlich dominierte Berufe entscheiden, in der Regel ein ermutigendes Umfeld erlebt, etwa in der Familie, der Schule oder einer Organisation. Ein offener Zugang erleichtert es demnach, ungewöhnliche Karrierewege einzuschlagen. Meist sei es ein bildungsaffines Elternhaus, das ermutige, Dinge auszuprobieren oder ungewöhnliche Wege einzuschlagen, und die Haltung vermittle, „die Welt steht dir offen“.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass es weniger um Vorbilder als um eine gewisse Offenheit in Bezug auf die Lebens- und Karriereplanung geht“, so die Wissenschaftlerin, die bis 2017 eine Stelle am Institut für Managementwissenschaften der Technischen Universität Wien innehatte und nun als Lektorin und Beraterin zu den Themen Diversität und Gleichstellung tätig ist. Es komme also auch den viel zitierten fehlenden Role Models weniger Bedeutung zu als etwa den fehlenden Strukturen für Geschlechtergleichstellung in relevanten Bereichen wie Bildung und Wirtschaft.

Wichtiger ist für die Expertin vielmehr die Frage, wie Förderungsstrukturen aussehen können, die Zusammenarbeit auf Augenhöhe anstreben, oder wie Rekrutierungsprozesse gestaltet sind. Um Gleichstellung in Unternehmen zu realisieren, müsse Gender jedenfalls genauso ernst genommen werden wie jedes andere Business-Ziel, betonte Haas. „Das passiert nur, wenn es Top-down implementiert wird oder etwa auch durch Quotenregelungen. Ich verstehe die Kritik an Quoten, aber zuzusehen wie nichts passiert, ist wesentlich schlimmer.“ Strukturelle Maßnahmen wie Quoten und Diversitätsinitiativen seien wesentlich, um festgeschriebene Genderrollen nachhaltig aufzubrechen.

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