ANTRAG UNION UND SPD : Mehr Kulturangebote für ländliche Räume

29. Januar 2020 // Ulrike Günther

Die Koalitionsfraktion möchte die Kultur im ländlichen Raum stärken. Am 29. Januar stimmte der Bundestag mehrheitlich für einen Antrag von Union und SPD, der die Förderung kultureller Angebote in strukturschwachen Regionen zu einem Schwerpunkt in der Kulturpolitik macht.

Gemälde
Gemälde "Modegeschäft" von August Macke im LWL-Museum für Kunst und Kultur - Bild: Wikimedia.org

zwd Berlin. Darin fordern die Fraktionen von CDU/CSU und SPD (Drs. 19/7426) die Bundesregierung auf, den abseits der Großstädte lebenden Menschen, das ist etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung, mehr kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Diese gehöre zur regionalen Daseinsvorsorge und sei sicherzustellen, um im gesamten Bundesgebiet gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.

In Dörfern und dünn besiedelten Gebieten fehlten laut Koalitionsantrag Kulturangebote jedoch teilweise, seien unzureichend oder der Zugang dazu erschwert. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD sich zu der Absicht bekannt, die kulturelle Arbeit außerhalb der großen Städte zu fördern und im gesamten Bundesgebiet gleichwertige Lebensverhältnisse durchzusetzen. Das Parlament nahm den Antrag gemäß der Beschlussempfehlung (Drs. 19/9667) vom April 2019 mit den Stimmen von Union und SPD an, die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und DIE LINKE enthielten sich. die AfD votierte dagegen.

Bund unterstützt Kultur in ländlichen Regionen mit 10 Millionen

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion Gitta Connemann betonte in der Sitzung des Parlamentes, wie dringend die Kultur in ländlichen Regionen das ehrenamtliche Engagement seiner Bürger*innen brauche. Diesen Einsatz werde die Koalition durch das Ehrenamtstärkungsgesetz weiter entlasten, denn „Bürgerkultur ist unersetzlich“, sagte Connemann. Gleichzeitig brauche jedoch auch die Kultur auf dem Lande staatliche Förderung, wie z.B. die Kinos, welche die Fraktionsvize „Kultur- und Begegnungsorte in der Fläche“ nannte.

Konkret schlagen die Antragsteller*innen der Koalitionsfraktionen vor, regelmäßig mit der Kultur-MK in Austausch zu treten und Projekte zu koordinieren, wobei das Stärken der kulturellen Infrastruktur in ländlichen Regionen einen Schwerpunkt bilden solle.Außerdem solle die Regierung nach Möglichkeiten der Kooperation im Rahmen kulturpolitischer Partnerschaften suchen, vor allem zwischen dem Bund und den Ländern und Kommunen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, religiösen Vereinigungen und Sozialpartner*innen.

SPD: Kultur darf nicht nur in Ballungsräumen stattfinden

Martin Rabanus, kulturpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hob vor dem Bundestag hervor, dass die Kulturpolitik des Bundes auch Gesellschaftspolitik im weiteren Sinne darstelle, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwesen unterstützen solle. „Wir wollen, dass alle Menschen Zugang zu Kultur haben, egal wo sie wohnen, ob in der Stadt oder auf dem Land“, bekräftigte Rabanus das Bestreben seiner Fraktion, für alle Menschen Chancen auf kulturelle Teilhabe zu eröffnen. Rabanus bezeichnete in der Debatte die Kultur als ein „öffentliches Gut“, „kulturelle Grundversorgung“ sei daher ein Teil der Daseinsfürsorge.

Gerade auch in ländlichen Gebieten wolle die SPD „lebendige Kulturlandschaften“ ermöglichen. Dafür würden laut dem kulturpolitischen Sprecher das aus dem Bundeshaushalt finanzierte Budget des Kulturförderfonds bis 2021 weiter aufgestockt. Mit dem Koalitionsantrag werde der Fokus auf die strukturschwachen Regionen gelenkt, da Kultur nicht nur in Ballungsräumen stattfinden könne, lautete der Tenor der SPD vor dem Kulturausschuss. Der Antrag der Koalitionsfraktionen diene dazu, Kultur und kulturelle Vielfalt bundesweit zu stärken. In der Sitzung des Parlamentes unterstrich Rabanus, seine Fraktion wolle auch die kulturelle Bildung fördern. Er verwies auf das Programm „Kultur macht stark“, für das er eine Förderung bis über das bisher anvisierte Jahr 2022 hinaus als wünschenswert erachtet.

„Zukunftsprogramm Kino“ und mobile Angebote für den ländlichen Raum

U.a. fordern Union und SPD in ihrem Antrag, zeitnah ein „Zukunftsprogramm Kino“ aufzulegen, das Filmspielstätten als Kulturorte auch außerhalb der Metropolen bewahrt. Darüber hinaus solle die Regierung Fördermaßnahmen an den tatsächlichen Bedarf in der Kultur- und Kunstszene anpassen sowie Anträge auf Fördermittel modernisieren und entbürokratisieren. Zudem seien ein Programm zur Unterstützung von Spielstätten, mobile Kulturangebote, wie das Museum „On tour“, und sog. dritte Orte, wie Bibliotheken, aufzubauen oder zu erweitern.

Die Fraktionsvize der Union Connemann kündigte an, der Bund werde im Rahmen des Programmes „Ländliche Räume“ im Jahr 2020 rund 10 Millionen Euro in kulturelle Angebote in den abgelegeneren Regionen investieren, d.h. in Theater, Gedenkstätten, Literaturhäuser etc.Ziel des Antrages sei es, den Menschen hochwertige Kulturangebote zu ermöglichen, egal wo sie ihren Wohnsitz haben, hatte die Unionsfraktion schon in der vorausgehenden Beratung im Kulturausschuss erklärt. Der Bund leiste zwar seit Jahren Beiträge zur Unterstützung der Kulturarbeit in ländlichen Regionen, wie im Denkmalschutz oder im Bereich von kultureller Bildung. Es gebe aber weitere Aufgaben, Kultur flächendeckend zu fördern, so die Ausschussmitglieder der Union.

FDP und Linke kritisieren unzureichende Finanzierung

Die FDP-Fraktion begrüßte zwar den Antrag, kritisierte aber, dass die Vorschläge ungeordnet zusammengestellt und diffus seien. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Liberalen Katja Suding erklärte, die im Antrag aufgelisteten Pläne wären für die kulturell „Verantwortlichen vor Ort“ nicht wirklich hilfreich. Die Kulturschaffenden auf dem Lande bräuchten tatsächlich eine gute Verkehrsinfrastruktur und überall verfügbares Mobilfunknetz und Internet, um kulturelle Angebote für alle erreichbar, sowie einheitliche Ansprechpartner*innen, um die Kulturförderung sowohl transparent als auch leicht zugänglich zu machen.

Förderung solle darüber hinaus gut planbar und Geldmittel leicht und unbürokratisch zu beantragen sein. Wie die Linksfraktion bemängelten die Liberalen, dass die Finanzen zur Umsetzung der Vorhaben nicht hinreichend abgesichert seien. Der gegenwärtige Finanzrahmen, den die Antragsteller*innen ihren Vorschlägen zugrunde legen, werde nicht ausreichen, um die Pläne umzusetzen. Zusätzliche Gelder wären dafür erforderlich. Die Koalition müsse folglich an ihrem Antrag nachbessern, so Suding.

Grüne fordern Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Daseinsvorsorge“

Das Mitglied im Kulturausschuss Brigitte Freihold von der Linksfraktion sieht eine Aufgabe der Kulturpolitik darin, „neue Formen des solidarischen Zusammenlebens“ zu erproben. Keinesfalls dürfe man die Kultur auf dem Lande den Rechtspopulisten überlassen, mahnte sie. An dem Koalitionsantrag kritisierte Freihold, die eigentlichen kulturellen Akteure würden darin nicht hinreichend berücksichtigt. Die Linken-Abgeordnete schlägt vor, den Kulturförderfonds „Neue Länder“ auf alle Bundesländer auszudehnen, um kulturelle Leistungen angemessen anerkennen zu können.

Wie die Grünenfraktion befürworten die Linken einige Aspekte des Vorhabens. Sie halten allerdings einen ganzheitlichen Ansatz für erstrebenswert, der noch mehr Themen und Akteure mit einbezieht. Demzufolge sollte die Zusammenarbeit von Bund und regionalen Ebenen eine solide, regelmäßige Kulturförderung gewährleisten und die vorhandenen Potenziale in den Regionen ausschöpfen. Der kulturpolitische Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Erhard Grundl stellte vor dem Parlament fest, im ganzen Land fehle es an „Ideen für eine unbürokratische Förderung“ von Kultur. Er monierte, der Kulturausschuss bremse „zukunftsorientierte Projekte“ immer wieder aus, und verlangte, auf den Koalitionsantrag hin müssten nun „konkrete Taten folgen“. Seine Fraktion hält es für unerlässlich, Kunst und Kultur noch umfassender als im Antrag vorgesehen zu fördern und in Gebiete hineinzutragen, wo sie noch nicht oder nicht hinlänglich verankert sind. Über eine Gemeinschaftsaufgabe zur „Regionale(n) Daseinsvorsorge“ wäre es Ihrer Auffassung nach möglich, kulturelle Einrichtungen in strukturschwachen Gebieten gezielt zu fördern.

Artikel als E-Mail versenden