66 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung in Deutschland wären bereit, mehr Steuern zu bezahlen, wenn sich dadurch die Situation armer Kinder in Deutschland verbessern ließe. Dies ist ein Resultat einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut Infratest im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks erstellt hat. Im Rahmen der Ergebnispräsentation am Dienstag in Berlin erklärte Kinderhilfswerk-Präsident Thomas Krüger (SPD), dass die bisherigen Instrumente zur Abfederung der finanziellen Belastung von Familien – unter anderem das Kindergeld – in Fällen von Hartz-IV-Bezug nicht bei den Kindern ankommen könnten, da sie mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet würden. Das Deutsche Kinderhilfswerk plädiere deshalb für eine „bedarfsgerechte Kindergrundsicherung“.
Mehr Geld ist wichtig – aber zweckgebundene Leistungen stehen an erster Stelle
Zwar sind 70 Prozent der 1.008 befragten Personen laut Infratest-Studie der Auffassung, dass eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder eine wichtige Maßnahme zur Unterstützung von sehr einkommensschwachen Familien ist, und 62 Prozent befanden, dass die Erhöhung des staatlichen Kindergeldes der Kinderarmut entgegensteuern könnte, doch viel mehr Personen sprachen sich für zweckgebundene Leistungen aus, bei deren Vergabe Institutionen (etwa die Schule) dafür sorgen, dass sie auch tatsächlich bei den Kindern ankommen: So erschienen 97 Prozent kostenloses Schulmaterial als wichtige Unterstützungsmaßnahme, 94 Prozent sprachen sich für mehr Sozialarbeit an Schulen und in Kitas aus, für ein kostenloses Frühstück und Mittagessen in Schulen und Kitas plädierten 86 Prozent, 84 Prozent erschien eine kostenlose Kinderganztagsbetreuung hilfreich, auf einen kostenfreien Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen setzten 81 Prozent, 76 Prozent hielten Gutscheine für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit für wichtig und 75 Prozent vertraten die Ansicht, dass eine stärkere mediale Präsenz des Themas ‚Kinderarmut’ günstige Auswirkungen haben könnte.
Oft geht es um die SpielgefährtInnen der eigenen Kinder
Quer durch alle politischen Richtungen wird nach Infratest-Ergebnissen in Deutschland von 72 Prozent der Befragten die Auffassung vertreten, dass politische und gesellschaftliche HandlungsträgerInnen Kinderarmut wenig entgegensetzen würden. Die hohe Sensibilität für das Thema führte Krüger darauf zurück, dass bei sehr vielen Eltern aufgrund der Kontakte ihres Nachwuchses mit von Armut betroffenen Kindern in Schule und Kita ein hohes Problembewusstsein vorherrsche. In Deutschland leben aktuell rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Familien, die das Kriterium für Armut erfüllen: An der Definition der Europäischen Union orientiert, gilt in Deutschland als von arm, wer monatlich über eine Geldsumme verfügt, die niedriger als 60 Prozent des durchschnittlichen Netto-Einkommens der Gesamtbevölkerung ist.
Viele Einkommen in Deutschland zu niedrig
Bei der Frage nach den Ursachen von Kinderarmut wiesen die meisten Studien-TeilnehmerInnen (85 Prozent) darauf hin, dass viele Einkommen in Deutschland einfach zu gering seien. An zweiter Stelle (82 Prozent) stand das Urteil, dass Alleinerziehende zu wenig Unterstützung erhielten. Im Mittelfeld (mit 72, 61 und 53 Prozent) lagen die Antworten, dass die Politik das Problem vernachlässige, der Familienzusammenhalt nachgelassen habe und einkommensschwache Eltern sich zu wenig um das Wohl ihrer Kinder bemühen würden (laut Infratest kamen vor allem ältere Befragte zu diesem Schluss). Das Schlusslicht bildete die Ansicht, die wirtschaftliche Lage in Deutschland gestatte nicht mehr Unterstützung.
Alle Maßnahmen in einem Programm verbinden
Kinderhilfswerk-Präsident Krüger machte in seiner Stellungnahme eindringlich klar, welche Auswirkungen Armut für die betroffenen Kinder oftmals hat: Der Ausschluss von Teilhabemöglichkeiten könne unter anderem dazu führen, dass weniger soziale Kontakte bestehen als bei sozial besser gestellten AltersgenossInnen, er gehe mit schlechteren Chancen im Bildungssystem einher und führe zu mehr Krankheit und häufigerem Leiden unter psychischen Belastungen. Armut sei eine Spirale, aus der nur schwer ausgebrochen werden könne. Als Gegenmaßnahmen setze das Kinderhilfswerk auf die Forderungen nach armutssicheren Löhnen, einem sozial durchlässigen Schulsystem, mehr Mitwirkungsoptionen für Kinder und höherer Qualität in der Kindertagesbetreuung. Diese und andere Ansätze sollen laut Kinderhilfswerk in einem ‚Nationalen Programm zur Bekämpfung der Kinderarmut’ gebündelt werden. Die Bundesregierung solle hierfür gemeinsam mit Ländern und Kommunen ein „umfangreiches Maßnahmenpaket mit konkreten Zielvorgaben“ vorlegen“. Als zentrales Instrument im Kampf gegen Kinderarmut sieht das Kinderhilfswerk darüber hinaus die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung.
Bedarfsgerechte Grundsicherung einführen!
Zwar seien Kindergeld und Elterngeld „gute Instrumentarien“, um die finanziellen Belastungen von Familien zu mildern – bei Familien im Hartz-IV-Bezug könnten diese Maßnahmen jedoch nicht greifen, da die Summen mit den Transferleistungen von Hartz-IV verrechnet werden. Um die Kinder zu erreichen, die das Geld am meisten benötigen, sollten die bisherigen Instrumente der Unterstützung von Familien – Kindergeld, Elterngeld und Kinderzuschlag – in einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung neu geordnet werden, empfahl Thomas Krüger. Um die Höhe einer Kindergrundsicherung festzulegen, sei eine „Expertenkommission unter Einbezug von Sachverständigen, Parteien- und Verbandsvertreter/-innen sowie Kindern und Jugendlichen“ zu konstituieren, die die am Familieneinkommen orientierten Bedarfssätze ermittle.
Bürokratie abbauen
Weiterhin ist es für das Deutsche Kinderhilfswerk von großer Bedeutung, dass der Bürokratieaufwand abgebaut wird, die aktuell noch mit der Beantragung von Leistungen – zum Beispiel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder und Jugendliche – verbunden sei. Die Chancen von Kinder und Jugendlichen dürften nicht davon abhängen, wie hartnäckig und durchsetzungsfähig ihre Eltern im Kontakt mit Ämtern und Behörden agieren würden. Deshalb schlägt das Kinderhilfswerk die Einführung einer ‚Kinderkarte’ vor, die Teile der Kindergrundsicherung vom unmittelbar monetären Bereich abtrennen und armen Kindern beziehungsweise Jugendlichen die Nutzung von Infrastrukturen ermöglichen soll.
Im Koalitionsvertrag ist von Kinderarmut keine Rede
Sehr unzufrieden zeigte sich das Deutsche Kinderhilfswerk mit dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU. Das Wort ‚Kinderarmut’ komme hier nicht einmal vor. Dies kritisierte auch Diana Golze, Vorstandsmitglied im Kinderhilfswerk und bisherige kinderpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag – selbst nicht auf der Präsentation anwesend – in einer Erklärung. Das Deutsche Kinderhilfswerk monierte konkret, dass "weder Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket noch bei der dringenden Reform des Kinderzuschlags vereinbart“ worden seien. Hier bestehe großer Nachholbedarf.
Mehr Geld ist wichtig – aber zweckgebundene Leistungen stehen an erster Stelle
Zwar sind 70 Prozent der 1.008 befragten Personen laut Infratest-Studie der Auffassung, dass eine Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze für Kinder eine wichtige Maßnahme zur Unterstützung von sehr einkommensschwachen Familien ist, und 62 Prozent befanden, dass die Erhöhung des staatlichen Kindergeldes der Kinderarmut entgegensteuern könnte, doch viel mehr Personen sprachen sich für zweckgebundene Leistungen aus, bei deren Vergabe Institutionen (etwa die Schule) dafür sorgen, dass sie auch tatsächlich bei den Kindern ankommen: So erschienen 97 Prozent kostenloses Schulmaterial als wichtige Unterstützungsmaßnahme, 94 Prozent sprachen sich für mehr Sozialarbeit an Schulen und in Kitas aus, für ein kostenloses Frühstück und Mittagessen in Schulen und Kitas plädierten 86 Prozent, 84 Prozent erschien eine kostenlose Kinderganztagsbetreuung hilfreich, auf einen kostenfreien Zugang zu Kultur- und Freizeiteinrichtungen setzten 81 Prozent, 76 Prozent hielten Gutscheine für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit für wichtig und 75 Prozent vertraten die Ansicht, dass eine stärkere mediale Präsenz des Themas ‚Kinderarmut’ günstige Auswirkungen haben könnte.
Oft geht es um die SpielgefährtInnen der eigenen Kinder
Quer durch alle politischen Richtungen wird nach Infratest-Ergebnissen in Deutschland von 72 Prozent der Befragten die Auffassung vertreten, dass politische und gesellschaftliche HandlungsträgerInnen Kinderarmut wenig entgegensetzen würden. Die hohe Sensibilität für das Thema führte Krüger darauf zurück, dass bei sehr vielen Eltern aufgrund der Kontakte ihres Nachwuchses mit von Armut betroffenen Kindern in Schule und Kita ein hohes Problembewusstsein vorherrsche. In Deutschland leben aktuell rund 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Familien, die das Kriterium für Armut erfüllen: An der Definition der Europäischen Union orientiert, gilt in Deutschland als von arm, wer monatlich über eine Geldsumme verfügt, die niedriger als 60 Prozent des durchschnittlichen Netto-Einkommens der Gesamtbevölkerung ist.
Viele Einkommen in Deutschland zu niedrig
Bei der Frage nach den Ursachen von Kinderarmut wiesen die meisten Studien-TeilnehmerInnen (85 Prozent) darauf hin, dass viele Einkommen in Deutschland einfach zu gering seien. An zweiter Stelle (82 Prozent) stand das Urteil, dass Alleinerziehende zu wenig Unterstützung erhielten. Im Mittelfeld (mit 72, 61 und 53 Prozent) lagen die Antworten, dass die Politik das Problem vernachlässige, der Familienzusammenhalt nachgelassen habe und einkommensschwache Eltern sich zu wenig um das Wohl ihrer Kinder bemühen würden (laut Infratest kamen vor allem ältere Befragte zu diesem Schluss). Das Schlusslicht bildete die Ansicht, die wirtschaftliche Lage in Deutschland gestatte nicht mehr Unterstützung.
Alle Maßnahmen in einem Programm verbinden
Kinderhilfswerk-Präsident Krüger machte in seiner Stellungnahme eindringlich klar, welche Auswirkungen Armut für die betroffenen Kinder oftmals hat: Der Ausschluss von Teilhabemöglichkeiten könne unter anderem dazu führen, dass weniger soziale Kontakte bestehen als bei sozial besser gestellten AltersgenossInnen, er gehe mit schlechteren Chancen im Bildungssystem einher und führe zu mehr Krankheit und häufigerem Leiden unter psychischen Belastungen. Armut sei eine Spirale, aus der nur schwer ausgebrochen werden könne. Als Gegenmaßnahmen setze das Kinderhilfswerk auf die Forderungen nach armutssicheren Löhnen, einem sozial durchlässigen Schulsystem, mehr Mitwirkungsoptionen für Kinder und höherer Qualität in der Kindertagesbetreuung. Diese und andere Ansätze sollen laut Kinderhilfswerk in einem ‚Nationalen Programm zur Bekämpfung der Kinderarmut’ gebündelt werden. Die Bundesregierung solle hierfür gemeinsam mit Ländern und Kommunen ein „umfangreiches Maßnahmenpaket mit konkreten Zielvorgaben“ vorlegen“. Als zentrales Instrument im Kampf gegen Kinderarmut sieht das Kinderhilfswerk darüber hinaus die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung.
Bedarfsgerechte Grundsicherung einführen!
Zwar seien Kindergeld und Elterngeld „gute Instrumentarien“, um die finanziellen Belastungen von Familien zu mildern – bei Familien im Hartz-IV-Bezug könnten diese Maßnahmen jedoch nicht greifen, da die Summen mit den Transferleistungen von Hartz-IV verrechnet werden. Um die Kinder zu erreichen, die das Geld am meisten benötigen, sollten die bisherigen Instrumente der Unterstützung von Familien – Kindergeld, Elterngeld und Kinderzuschlag – in einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung neu geordnet werden, empfahl Thomas Krüger. Um die Höhe einer Kindergrundsicherung festzulegen, sei eine „Expertenkommission unter Einbezug von Sachverständigen, Parteien- und Verbandsvertreter/-innen sowie Kindern und Jugendlichen“ zu konstituieren, die die am Familieneinkommen orientierten Bedarfssätze ermittle.
Bürokratie abbauen
Weiterhin ist es für das Deutsche Kinderhilfswerk von großer Bedeutung, dass der Bürokratieaufwand abgebaut wird, die aktuell noch mit der Beantragung von Leistungen – zum Beispiel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder und Jugendliche – verbunden sei. Die Chancen von Kinder und Jugendlichen dürften nicht davon abhängen, wie hartnäckig und durchsetzungsfähig ihre Eltern im Kontakt mit Ämtern und Behörden agieren würden. Deshalb schlägt das Kinderhilfswerk die Einführung einer ‚Kinderkarte’ vor, die Teile der Kindergrundsicherung vom unmittelbar monetären Bereich abtrennen und armen Kindern beziehungsweise Jugendlichen die Nutzung von Infrastrukturen ermöglichen soll.
Im Koalitionsvertrag ist von Kinderarmut keine Rede
Sehr unzufrieden zeigte sich das Deutsche Kinderhilfswerk mit dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU. Das Wort ‚Kinderarmut’ komme hier nicht einmal vor. Dies kritisierte auch Diana Golze, Vorstandsmitglied im Kinderhilfswerk und bisherige kinderpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag – selbst nicht auf der Präsentation anwesend – in einer Erklärung. Das Deutsche Kinderhilfswerk monierte konkret, dass "weder Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket noch bei der dringenden Reform des Kinderzuschlags vereinbart“ worden seien. Hier bestehe großer Nachholbedarf.