zwd Berlin. Seit Mitte Mai sind erste Museen, Bibliotheken und Ausstellungshäuser für Besucher*innen wieder zugänglich, jetzt schlagen die Kulturminister*innen in dem für die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderchefs ausgearbeiteten Konzept eine „planvolle Öffnung weiterer kultureller Einrichtungen“ und die Wiederaufnahme von Veranstaltungen vor. In dem sechsseitigen Papier, das der Deutschen Presseagentur (dpa) vorliegt, machen die Verfasser*innen ihre Ansicht deutlich, dass eine „dauerhafte Schädigung der reichhaltigen Kulturlandschaft“ verhindert werden müsse. Die Corona-Krise und die damit einhergehenden Schutzmaßnahmen bringen ihrer Auffassung gemäß tiefgreifende Einschränkungen der künstlerischen Freiheiten mit sich und stellen gleichzeitig vielfach die Lebensgrundlage der Kreativen in Frage.
Aufgrund der auch nach den bereits erfolgten Lockerungen weiterhin erforderlichen Vorkehrmaßnahmen werde es laut dem Eckpunkte-Papier im Kulturbereich „noch lange hohe Einnahmeverluste geben“. Anerkennend hoben die Kulturminister*innen die Versuche der Akteur*innen des Kulturbetriebs hervor, schöpferisch mit der Situation während der Krise umzugehen und durch digitale Angebote für das Publikums zu Hause selbst zur „kulturellen Grundversorgung“ in der Gesellschaft beizutragen. Mit den von ihnen der Kanzlerin und den Länderminister*innen unterbreiteten Plänen stützen sich die Kulturminister*innen auf die Konzepte von Verbänden der Kunst- und Kulturbranche, welche eine „bundesweit möglichst einheitliche und transparente sowie sichere Handhabung“ anstreben.
Rasche Wiederaufnahme des Probenbetriebs empfohlen
Die Verfasser*innen des Papiers sind der Auffassung, dass Kulturhäuser und Kreative auch unter den jetzt geltenden, freizügigeren Bestimmungen ein „Höchstmaß an Flexibilität“ aufbieten und mit ihren künstlerischen Programmen auf die geänderten Bedingungen reagieren sollten. Demnach empfehlen die Kulturminister*innen eine „möglichst zügige Wiederaufnahme des Probenbetriebs für möglichst alle Sparten“. Nach ihrem Willen seien zunächst Darbietungen in begrenztem Format sowohl in geschlossenen Räumen als auch unter freiem Himmel zu genehmigen.
Darüber hinaus sehen die Verfasser*innen der Eckpunkte vor, Open Air-Events ebenso wie Aufführungen mit reduzierter Besetzung und Mehrfachvorstellungen bei im Umfang gestrafften Programmen stattfinden zu lassen. Um einen erfolgreichen Neustart des überwiegend durch überregionale Angebote gelenkten Kinobetriebs sicherzustellen, sollten dem Papier zufolge die Termine für die Wiedereröffnungen von Lichtspielstätten zeitlich nah beieinanderliegen, der Zugang zu Freiluft- und Autokinos für den Publikumsverkehr sei rasch wieder zu gewährleisten. Konkret fordern die Kulturminister*innen, in Abhängigkeit von den lokalen Erkrankungsraten für die jeweiligen Orte und Regionen Konzepte zu entwerfen, welche „individuell an die jeweilige Spielstätte, Einrichtung oder Veranstaltung angepasst sind“.
Katalog von Vorsorgemaßnahmen soll kulturelle Aktivitäten ermöglichen
Dazu haben die Kulturminister*innen in ihrem Papier einen Katalog an möglichen Maßnahmen zusammengestellt, welche einen solchen vorsorgegerechten Wiederanfang des Eventbetriebs garantieren sollen. Damit Zuschauer*innen wieder Theateraufführungen besuchen könnten, gleichzeitig jedoch das nötige Abstandsgebot eingehalten würde, sollten bei der Kartenvergabe in den Schauspielsälen einzelne Plätze und Reihen gesperrt bleiben. Durch Online-Tickets und Zeitfenster für den Verkauf von Eintrittskarten ließen sich laut den Kulturminister*innen unnötige Warteschlangen vermeiden.
Außerdem sollte man ihrer Meinung nach Besucherströme z.B. durch Scans, zeitversetzten Einlass zu den Vorstellungen und Verzicht auf das Abreißen der Eintrittskarten regulieren. Um die Gefahr der Ansteckung über in der Raumluft befindliche Aerosole zu vermindern, seien für Veranstaltungssäle und Innenräume zusätzliche Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Die künstlerischen Akteur*innen sollten den Verfasser*innen des Eckpunkte-Papieres durch jeweils spezielle Regelungen für Bühnendarsteller*innen, Orchestermusiker*innen, Chorsänger*innen, Tänzer*innen und Schauspieler*innen geschützt werden. Zudem sei die Anzahl der Personen, die sich in Garderoben oder Probenräumen aufhalten, zu beschränken.
Grütters: Finanzielles Rettungspaket für die Kultur
Kulturstaatsministerin Prof. ´in Monika Grütters (CDU) möchte die Kulturszene mit einem „Rettungs- und Zukunftspaket“ finanziell unterstützen. Ziel dieser in Aussicht genommenen Hilfsmaßnahme sei es, „die deutsche Kulturlandschaft mit ihren speziellen Bedürfnissen und in ihrer ganzen Vielfalt zu erhalten“, erklärte Grütters gegenüber der dpa. Dazu gehöre auch, für die Kreativen und weiteren, im kulturellen Sektor Beschäftigten so schnell wie möglich viele Arbeitsangebote zu schaffen. Das Hilfspaket soll vor allem privaten Einrichtungen zugutekommen, damit diese ihre Aktivitäten unter Rücksichtnahme auf nötige Vorsorgemaßnahmen wieder beginnen können. Dafür würden nach Angaben der Kulturstaatsministerin Richtlinien „zügig“ abgestimmt, damit man die Fördergelder gleich beim Start des Konjunkturprogrammes an die Begünstigten auszahlen könne.
Zuvor hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) angekündigt, auch die Kulturschaffenden sollten von dem geplanten Konjunkturpaket profitieren. Der amtierende Präsident der Kultur-Ministerkonferenz Bernd Sibler (CSU) begrüßte die Absichten des Bundes, Kulturhäuser und Künstler*innen in dem Konjunkturprogramm zu berücksichtigen. „Wir müssen die bestehenden Strukturen in Kunst und Kultur erhalten und Unterstützung leisten“ , betonte Sibler im Interview mit der dpa. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel sollen sich die Hilfen für den kulturellen Sektor im einstelligen Milliardenbereich bewegen. Die Länder hatten für ein solches Hilfsprogramm zugunsten von Kultureinrichtungen und Kreativen Fördermittel in Höhe von rund 2 Milliarden Euro veranschlagt.