FACHTAGUNG SEXUELLE GEWALT : Missbrauchsbeauftragter fordert Schutzkonzepte an Schulen

2. Oktober 2020 // Ulrike Günther

Schulen sollten Schutzorte für Kinder sein. Doch immer wieder kommt es zu Übergriffen. Mobbing, sexualisierte Gewalt im Internet oder Missbrauch durch andere Schüler*innen oder Erwachsene aus dem Umfeld sind ein verbreitetes Problem. Auf einer Fachtagung haben Expert*innen darüber beraten, wie Lehrkräfte Kinder schützen und Hilfe leisten können. Der Missbrauchsbeauftragte der Regierung forderte die Länder auf, Schutzkonzepte in ihren Schulgesetzen einzuführen.

Schulen sollten von sexualisierter Gewalt betroffenen Kindern Schutz bieten. - Bild: Pixabay / Ulrike Mai
Schulen sollten von sexualisierter Gewalt betroffenen Kindern Schutz bieten. - Bild: Pixabay / Ulrike Mai

zwd Berlin. Auf der zweitägigen Online-Konferenz zu sexueller Gewalt und Schule, die sich heute (02. Oktober) in einem zweiten Teil fortsetzte, stellten Fachleute die Ergebnisse aus der Forschung vor. Vorrangig ging es um die Frage, wie sich die Erkenntnisse in die Schulpraxis übertragen lassen und wie Pädagog*innen verstärkt zum Schutz der Kinder beitragen können.

BMBF fördert Forschung mit 6 Millionen Euro

Laut dem Staatssekretär des Bundesbildungsministeriums (BMBF) Christian Luft will das BMBF die Forschung zur sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ausbauen und über das Rahmenprogramm Empirische Bildungsforschung zusätzlich 6 Millionen Euro investieren, um die Ergebnisse zur Anwendung zu bringen. Es sei eine vom Bund und den Ländern gemeinsam zu leistende Aufgabe, Kinder vor Gewalt zu bewahren, und Bildungseinrichtungen müssten dabei „ein besonderer Schutzraum“ sein, erklärte Luft.

Lehrkräfte und anderes pädagogisches Personal bräuchten Unterstützung, um Vorsorge gegen Missbrauch, Mobbing oder die sich häufenden Übergriffe in sozialen Medien treffen und bei Vorfällen eingreifen zu können. Die von der Bildungsforschung erarbeiteten Handlungsempfehlungen richten sich an die Fachkräfte in Bildungsverwaltungen, Lehrerbildungsinstitute und Schulen. Nach Angaben des BMBF sind in jeder Schulklasse ein bis zwei Jungen und Mädchen von sexualisierter Gewalt betroffen.

UBSKM: Freiwillige Regeln reichen nicht aus

Die Vizepräsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und Bildungsministerin von Brandenburg Britta Ernst (SPD) bekräftigte das Streben der Bundesländer nach umfassendem Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt. Alle Länder hätten zwar bereits Maßnahmen ergriffen, dürften jedoch in ihrem Bemühen nicht nachlassen. Ernst unterstrich das Erfordernis, das Thema der Öffentlichkeit stärker bewusst zu machen. Dafür sei das Zusammenarbeiten von Forschung und Praxis „ein weiterer wichtiger Schritt“.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung (UBSKM)Johannes-Wilhelm Rörig forderte auf der Tagung die Länder auf, in den Schulgesetzen Konzepte zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt festzuschreiben. Aus seiner Sicht dienen Schulen für betroffene Schüler*innen vor allem „als zentrale Schutzorte“. Um gewalttätigen Übergriffen angemessen vorbeugen bzw. gegen diese einschreiten zu können, müssten Lehrkräfte aber geschult werden.

Nach Rörigs Ansicht ist es daher unerlässlich, dass alle bundesweit über 30.000 Schulen zu diesem Zweck Schutzkonzepte entwickeln und umsetzen. Bisher sei das in keinem der 16 Bundesländer erreicht. Auf der Grundlage seiner langjährigen Erfahrungen als UBSKM urteilte Rörig, dass eine nur freiwillig einzuhaltende Regel nicht den beabsichtigten wirksamen Schutz der Schüler*innen zur Folge habe. Nur entsprechende Gesetze könnten den geforderten Schutz gewährleisten. Außerdem sollten die Länder die Schulen zum Durchführen solcher Maßnahmen mit Personal und Finanzen unterstützen.

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