UNESCO-WELTBERICHT 2018 : Nachholbedarf bei der Geschlechtergerechtigkeit

9. Februar 2018 // Hannes Reinhardt

Trotz zahlreicher Fortschritte in der Kulturpolitik und bei der Vielfalt der Produktion kultureller Inhalte gibt es weltweit weiterhin Defizite bei der Geschlechtergerechtigkeit. Dies zeigen die Ergebnisse des UNESCO-Weltberichts 2018, der am Freitag in der Barenboim-Said-Akademie in Berlin vorgestellt wurde.

Bild: zwd
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zwd Berlin. Die Autor*innen konstatieren in dem Bericht mit dem Titel „KULTURPOLITIK NEU GESTALTEN – Kreativität fördern, Entwicklung voranbringen“ auch in weiteren Bereichen Handlungsbedarf, etwa beim ausgewogenen Zugang zu Handelsmärkten mit Kulturgütern und Dienstleistungen, bei der Künstler*innenfreiheit, sowie bei der Mobilität. Auch die Veranstaltung in Berlin machte deutlich, dass trotz der vielen guten Initiativen auch für die Kultur- und Medienpolitik Deutschlands nicht lockergelassen werden dürfe.

„Kunst ist als globales Medium der kritischen Begleitung gesellschaftlicher Prozesse und des offenen Austauschs gesellschaftlicher Erfahrungen unser wichtigstes kulturelles Kapital. Freilich nur dann, wenn sie nicht – wie heute zunehmend versucht – wirtschaftlich kontrolliert und politisch gelenkt wird“, mahnte Prof. Wolfgang Kaschuba, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Deutschland komme hier aufgrund seiner Geschichte und seiner aktuellen Rolle als Zufluchtsland eine ganz besondere Verantwortung zu. „Wir unterstützen nachdrücklich die Initiative vom September 2017, mit der Leiterinnen und Leiter renommierter Theater, Museen und Filminstitutionen aus der ganzen Republik die Bundesregierung aufgefordert haben, ein Programm für verfolgte Künstlerinnen und Künstler aufzulegen. Wir erwarten, dass die neue Bundesregierung dies zügig umsetzen wird“, betonte Kaschuba.

„Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik“

Tobias Knoblich, Vizepräsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e.V. (KuPoGe), machte deutlich, dass gute Kulturpolitik Daten, Fakten und Evaluationen brauche. „Der Weltbericht fordert hier Engagement von den Staaten ein, gerade mit Blick auf das komplexe Zusammenspiel unterschiedlicher Handlungsebenen und Akteure. Deutschland sollte seine Kulturpolitikforschung ausbauen und in regelmäßigen Abständen einen Bericht zur Lage der Kultur in Deutschland erarbeiten, wie ihn auch der Deutsche Städtetag fordert“, so Knoblich. Mit einem Kulturfinanzbericht allein, dessen Quelldaten bei Erscheinen schon drei Jahre alt sind, sei es nicht getan. Nach Einschätzung Knoblichs ist vielmehr ein zeitnahes Monitoring im Kulturbereich mit mehr als nur statistischen Daten nötig, das neue Einsichten und schnelles Reagieren bei Defiziten erlauben würde.

Für den Präsidenten des Deutschen Kulturrates, Prof. Christian Höppner, ist die UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt „nicht nur Berufungsgrundlage, sondern auch ein Handlungsinstrument für Nachhaltigkeit und gerechten Welthandel.“ Das gelte sowohl für die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung als auch die verschiedenen Handelsabkommen. „Diese UNESCO-Konvention“, so Höppner, „sollte stärker handlungsleitend für eine gemeinwohlorientierte Gesellschaftspolitik sein, denn Kulturpolitik ist Gesellschaftspolitik."

Die UNESCO-Generalkonferenz hat am 20. Oktober 2005 die „Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ verabschiedet. 145 Länder und die EU haben die Konvention seither ratifiziert. Sie garantiert dauerhaft das Recht auf eine eigenständige Kulturpolitik der Vertragsstaaten und soll zur Intensivierung globaler Kulturkooperation beitragen. Der Weltbericht 2018 stellt die Umsetzung der Konvention weltweit dar. Deutschland hat die Konvention am 12. März 2007 ratifiziert.

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