FRAUEN IM BUNDESTAG : Nur mit guten Wahlergebnissen von SPD, Grünen und Linken kann die "Drittel-Parität" für Frauen überwunden werden

6. September 2021 // Holger H. Lührig

Auch im kommenden 20. Bundestag wird nach einer zwd-Analyse der Frauenanteil unter den Abgeordneten deutlich unter 40 Prozent bleiben. Lediglich wenn bei guten Wahlergebnissen für SPD, Grüne und Linke mehr Listenplätze zum Zuge kommen, besteht die Chance, den bisherigen Trend der Unterrepräsentanz von Frauen zu brechen.Die Analyse wird nach Aktualisierung im des zwd-POLITIKMAGAZIN, Ausgabe 386, veröffentlicht-

Abstimmung über das Führunspositionengesetz II am 21. Juni 2021
Abstimmung über das Führunspositionengesetz II am 21. Juni 2021

Nach einer J+K-Übersicht vom 23. August kämen CDU/CSU auf 135, die SPD auf 126 und die Grünen auf 27 Direktmandate (AfD 7, Linke 4, FDP 0). 90 Wahlkreise seien offensichtlich noch heiß umkämpft und in 50 Wahlkreisen noch ganz offen. Diese Daten waren vor dem Beginn des Höhenflugs der SPD erhoben worden, als CDU/CSU noch knapp vor der SPD lagen und nicht wie bei Redaktionsschluss bereits einen Vorsprung von fünf Prozentpunkten der SPD vor den Unionsparteien signalisierten. Nachdem der „Genosse Trend“ zugunsten der SPD zu wirken scheint, können sich die die Prognosen für die Direktkandidat:innen wie auch das Wirksamwerden der Listen grundlegend verändern. Daraus wird jedenfalls deutlich, dass es letztlich auf wenige Stimmen ankommen kann, wer in den 20. Deutschen Bundestag einzieht.

Jede dritte MdB eine Frau ?

Stand 23. August rechnet J+K mit einem Geschlechteranteil von 265 Frauen und 504 Männern. Damit würde 2021 der Frauenanteil im Bundestag auf 34,5 Prozent (gegenüber 31,1 Prozent – 221 Frauen, 488 Männer in der 19. Legislaturperiode 2017-2021) steigen, aber hinter dem zweithöchsten Frauenanteil von 37,1 Prozent (234 Frauen, 396 Männer in der 18. Legislaturperiode 2013-2917) zurückbleiben. Ob die SPD ihr selbstgestecktes Quotenziel (Frauen und Männer mindestens 40 %) erreichen wird, hängt letztlich vom Erfolg in den Direktwahlkreisen als auch davon, wie weit die Landeslisten zum Zuge kommen.

In dem voraussichtlich um weitere 60 Mandate anwachsenden und dann größten Bundesparlament aller Zeiten wird es laut J+K viele neue Gesichter und jüngere Abgeordnete – ohne Bundestagserfahrung – geben: etwa 58 der neugewählten Abgeordneten werden unter 30 Jahren sein. Wie aus der umseitigen Tabelle deutlich wird, haben in den 299 Direktwahlkreisen die Grünen die meisten Kandidatinnen (144) aufgestellt (48,1 %). An zweiter Stelle folgen die sozialdemokratischen Bewerberinnen (113, knapp 40%), an dritter Stelle die Linken mit 100 Kandidatinnen (33,4 %). Nur wenig über 20 Prozent Frauen wurden in Wahlkreisen von Union und FDP aufgestellt. Entscheidend ist allerdings, wie aussichtsreich die Wahlkreise sind, in denen Kandidatinnen aufgestellt wurden.

Verfehlt Laschet den Einzug in den Bundestag?

Die bloß quantitativ ermittelten Zahlen gewinnen ihre Bedeutung aber erst, wenn klar ist, ob die Landeslisten und dort auf aussichtsreichen Plätzen kandidierende Frauen auch wirklich zum Zuge kommen. Nach dem gegenwärtigen Stand wird in Bayern die CSU-Landesliste aufgrund der erwarteten hohen Zahl von Direktmandaten nicht greifen. Ähnliches droht dem Kanzlerkandidaten der CDU Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen, der lediglich auf Platz 1 der CDU-Landesliste kandidiert und möglicherweise ein Bundestagsmandat verfehlen wird (Es ist die Ironie der Entwicklung, dass er nur mit einem besseren Direktwahl-Ergebnis der SPD die Chance hat, doch noch in den Bundestag einziehen zu können).

Listenplätze: Große Schwankungen des Frauenanteils auf den Landeslisten der Parteien

Ein nicht signifikant anderes Bild ergibt sich nach der Einschätzung der EAF bei den Listenplätzen (Tabelle unten). Nach der Erhebung des Helene Weber-Kollegs, erstellt von Helga Lukoschat, wuchs der Frauenanteil auf den Listen aller Parteien insgesamt auf durchschnittlich 41 Prozent (2017: 36 %). Jetzt schon ist daher absehbar, dass der Frauenanteil im neuen Parlament weiterhin gemessen an dem Bevölkerungsanteil weiterhin deutlich unterrepräsentiert bleibt. Diese Einschätzung basiert auf einer deutschlandweiten EAF-Erhebung, die in der Form von Analysen und interaktiven Grafiken Daten zu den Kandidat:innen in den Wahlkreisen und auf den Landeslisten der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien erhoben und Statistiken darüber veröffentlicht hat, wie viele Frauen, Männer und nicht binäre Personen von den Parteien aufgestellt werden.

FDP und AFD: Nullnummern für Frauen

Nach EAF-Angaben wurden zur Bundestagswahl 2021 parteienübergreifend mehr Frauen auf den Listen aufgestellt (+ 5 %). Bei den Grünen finden sich im Durchschnitt 54,9 Prozent Frauen auf den Listen (Linke 51,3, CSU 50,0, SPD 44,1, CDU 43,4, FDP 25,0, AfD 14,4 %). Allerdings ist die regionale Verteilung in den Landeslisten sehr unterschiedlich: Während bei den grünen Landeslisten mindestens jeder zweite Listenplatz an eine Frau ging, schwankt deren Anteil auf dem SPD-Landeslisten zwischen 60,8 (Hessen) und NRW (26,8 Prozent Frauen). Ähnlich sieht das bei der CDU aus: Spitzenreiter ist Bremen mit 60,0, Schlusslicht ist Sachsen-Anhalt mit 23,1 Prozent.

Auf den AfD-Listen in Bremen, Niedersachsen und Thüringen wurden keine Frauen für wert befunden, auf der Landesliste zu erscheinen. Ein ähnliches Bild bietet die Partei bei den Direktwahlkreisen: Während die AfD in fünf Ländern keine Frauen antreten lässt (Saarland, Bremen, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt), verzichtet auch die FDP in drei Länder auf Wahlkreiskandidatinnen (Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen).

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