PROSTITUIERTENSCHUTZGESETZ : Öffentliche Kritik an Umgang mit Sexarbeiter*innen in Marburg

31. Januar 2019 // Julia Trippo

Sexarbeiter*innen in Deutschland müssen sich ab dem Alter von 21 Jahren einmal jährlich einer gesundheitlichen Beratung unterziehen. Im hessischen Marburg wurde der Sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamts mit dieser Aufgabe betraut. Doña Carmen, ein Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten, erhebt nun schwere Vorwürfe der Diskriminierung und Stigmatisierung von Anbieter*innen sexueller Dienstleistungen an die politisch Verantwortliche.

Bild: Fotolia / morganka
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zwd Marburg. Die Zuständigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes liegt laut Gesetz in Hessen in der Betreuung von psychisch erkrankten Menschen und deren Angehöriger. Dennoch werden dort auch Sexarbeiter*innen in Marburg betreut, die sich laut des Prostituiertenschutzgesetzes seit 2017 einer obligatorischen gesundheitlichen Beratung unterziehen müssen. Diese Neureglung wurde seinerzeit von Gesundheitsverbänden und -ämtern deutlich abgelehnt. Die durch das Prostituiertenschutzgesetz initiierte Neubewertung von Prostitution erinnere an die Zeit des Nationalsozialismus, so der Verein Doña Carmen. Kritikwürdig sei die Zwangsregistrierung von Sexarbeiter*innen, die durch das Gesetz erstmals seit der Nazizeit wieder aufgegriffen wurde.

Verein fordert Einstellung der Zuständigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes

Bereits mehrmals forderte Doña Carmen die für das Marburger Gesundheitsamt zuständige Landrätin Kirsten Fürndt (SPD) öffentlich auf, die De-facto-Zuständigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes umgehend einzustellen. Ferner appellierte der Verein an Fürndt, „sich für die bisherige Duldung dieser diskriminierenden behördlichen Praxis öffentlich zu entschuldigen“. Das neue Verfahren würde implizieren, dass Sexarbeiter*innen psychisch anfällig oder normabweichend seien.

Fründt weist Vorwürfe zurück

Fründt äußerte sich auf Anfrage des zwd-POLITIKMAGAZINs zu den Vorwürfen. Bestätigen könne sie die Zuständigkeit des Sozialpsychiatrischen Dienstes für Sexarbeiter*innen zwar, jedoch begründete die Landrätin dies mit den vorhandenen Kompetenzen des Teams in der Behörde. Das Angebot würde „von den Betroffenen als professionell und wertschätzend empfunden“, rechtfertigte sich Fürndt. Gezielte Stigmatisierung von Sexarbeiter*innen wies sie zurück, zumal das Informationsmaterial des Gesundheitsamtes über das Beratungsangebot und die Webseite des Landkreises Marburg-Biedenkopf keinen Zusammenhang zwischen der Beratung und dem Namen des zuständigen Fachdienstes herstelle. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 2017 würden lediglich 40 Frauen von dem Team beraten werden.

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