ANHÖRUNG WAHLRECHTSREFORM : Parität im Parlament: Frauenrat fordert Vorschläge vor der Wahl

5. Oktober 2020 // Ulrike Günther

Seit Längerem debattiert das Parlament über eine Wahlrechtsreform: um die zunehmende Zahl der Sitze zu reduzieren und um die paritätische Besetzung mit Frauen und Männern zu erreichen. Zur Anhörung zum Gesetzentwurf der Koalition hat der Deutsche Frauenrat die Fraktionen aufgefordert, rasch Vorschläge zu erarbeiten und die Parität sowohl für das Listenwahlrecht als auch die Direktmandate durchzusetzen.

Eine Kommission soll Vorschläge zur Parität erarbeiten. - Bild: Alpha Stock Images / Nick Youngson
Eine Kommission soll Vorschläge zur Parität erarbeiten. - Bild: Alpha Stock Images / Nick Youngson

zwd Berlin. In seiner dem Ausschuss für Inneres und Heimat zur heutigen Anhörung (05. Oktober) vorliegenden Stellungnahme beklagt der Deutsche Frauenrat (DF), dass keiner der von Union und SPD bzw. den Oppositionsfraktionen erarbeiteten Vorschläge schon zur nächsten Parlamentswahl eine paritätische Verteilung der Parlamentssitze auf Frauen und Männer sicherstellt. Eine „historische Chance“ sei damit vertan worden. Laut DF-Vorstandsmitglied Elke Ferner unterstützt die Organisation ausdrücklich das Bemühen der Abgeordneten um eine gleichberechtigte Repräsentanz der Geschlechter im Bundestag.

DF: Gremium soll Vorschläge vor der nächsten Bundestagswahl erarbeiten

Nach Ferners Einschätzung könnte sowohl der am Jahresbeginn vorgelegte Gruppenantrag von Grünen und Linken (Drs. 19/16485, zwd-POLITIKMAGAZIN berichtete), in welchem diese konkrete Vorschläge noch innerhalb der laufenden Legislatur fordern, ebenso wie die vom Koalitionsausschuss am 25. August mit Empfehlungen zur paritätischen Vertretung von Frauen und Männern im Parlament beauftragte Reformkommission das angestrebte Ziel erreichen. „Es wäre erfreulich, wenn es im parlamentarischen Verfahren gelänge, beides miteinander zu verbinden und das Thema Parität noch in dieser Wahlperiode zu bearbeiten“, erklärte das DF-Vorstandsmitglied.

Bei seinem Plädoyer für eine paritätische Verteilung der Sitze im Parlament beruft sich der DF auf das Grundgesetz: „Solange Frauen keinen gleichberechtigten Zugang zu politischen Ämtern haben und die gleichen Rechte wahrnehmen können, ist eine tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern nicht umgesetzt“, heißt es in der Stellungnahme. Mit einem Paritätsgesetz ließen sich nach Auffassung des DF u.a. die strukturell angelegten Hindernisse überwinden und gleiche Chancen für Frauen und Männer schaffen. Dabei ist der Frauenrat überzeugt, dass die gleichberechtigte politische Teilhabe in den Parlamenten nur durch verpflichtende Regelungen zu erzielen sei.

Frauenrat will paritätisches Wahlrecht für Listen- und Direktmandate

Der DF als die politische Vertretung der Interessen von ca. 60 Frauenvereinen drängt darauf, ein gleichberechtigtes Wahlrecht sowohl für die Listen- als auch die Direktmandate gesetzlich festzuschreiben. Zu den vom DF unterstützten Modellen gehören das „regionalisierte Verhältniswahlrecht“, wonach die Abgeordneten über paritätisch aufgestellte Landeslisten zu wählen wären, und – unter Beibehaltung der Direktmandate –Wahlkreistandems und Wahlkreisduos. Für die mit jeweils einer Frau und einem Mann besetzten Tandems würden die Bürger*innen mit der bisherigen Erststimme votieren, für die Wahlkreisduos (neben der regulären Zweitstimme) jeweils eine Stimme für einen Kandidaten und eine Kandidatin abgeben.

Reformkommission soll Schritte zu paritätischem Wahlrecht vorschlagen

In dem vom Ausschuss erörterten Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen (Drs. 19/22504) ist das Einsetzen einer Reformkommission durch den Bundestag vorgesehen, die „sich mit Fragen des Wahlrechts befasst“ und bis Mitte 2023 „Empfehlungen erarbeitet“. Zu den von der Kommission zu behandelnden Problemen gehört neben der möglichen Einführung des Wahlrechts für 16-Jährige und der für die Legislaturperiode anzusetzenden Dauer auch die Frage, wie „eine gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen und Männern auf den Kandidatenlisten und im Deutschen Bundestag“ zu erreichen sei. Dazu werde das Reformgremium Maßnahmen vorschlagen.

Ein Absenken des Wahlalters auf 16 Jahre hatte auch die Grünen-Fraktion in einem ebenfalls von dem Ausschuss debattierten Antrag (Drs. 19/13512) auf Änderung des Grundgesetzes verlangt. Die zur Anhörung geladenen Sachverständigen kritisierten den Koalitionsentwurf überwiegend für die ihrer Ansicht nach mit Blick auf die geplante, Verringerung der Abgeordnetenzahl zu zaghaft reduzierte Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280. Außerdem beurteilten einige der Fachleute den Entwurf als verfassungsrechtlich fragwürdig.

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